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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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»Verzeiht mir. Ich weiß, ich habe hier Pflichten zu erfüllen, aber ich fürchte, mein Herz und meine Gedanken sind ganz woanders.«
    Scheherazade taten die beiden Dienerinnen leid. Kurz zuvor waren sie mit vom Weinen geröteten Augen in die Gemächer der Königin getreten, und Scheherazade hätte sie gerne von ihren Pflichten entbunden, aber leider waren sie auf Anweisung des Königs hier, und diese zu ändern stand nicht in ihrer Macht.
    »Wir werden euch so gut wir können helfen«, meinte Dunyazad, womit sie die Dienerinnen zweifellos etwas aufmuntern wollte. »Inzwischen sind wir lange genug in diesem Harem, um die Abläufe zu kennen.«
    Dunyazad zeitigte damit jedoch keinerlei erkennbaren Erfolg. Statt dessen begann die Oberste Dienerin erneut zu wehklagen: »Dann werden die Königin und ihre Schwester also tatsächlich gezwungen sein, sich selbst zu baden und einzuölen!«
    Und die andere Dienerin fügte hinzu: »Oh, welche Schande!«
    »Nie mehr wieder werden wir erhobenen Hauptes durch den Palast schreiten können«, sagte die ältere der beiden.
    »Aber wir können wohl nichts daran ändern. Es ist hoffnungslos«, stimmte die jüngere mit ein.
    »Es gibt immer Hoffnung«, meldete sich eine andere, viel höhere Stimme hinter ihnen. »Zumindest so lange, wie der unersetzliche Omar noch da ist.«
    Sobald sie ihren Schreck überwunden hatte, drehte Scheherazade sich zu dem dicken Eunuchen um. »Was willst du damit sagen?« wollte sie wissen, und sie klang diesmal weitaus strenger als gewöhnlich.
    »Ich habe einen Ersatz gefunden«, lautete Omars Antwort, »für all die Dienerinnen, die wir verloren haben. Denn trotz aller Tragödien, die sich in letzter Zeit im Palast zugetragen haben, darf man den König auf keinen Fall warten lassen.«
    Also schien der Tod der Dienerin ihm doch nicht sehr nahegegangen zu sein. In der Tat, sein unterwürfiges Grinsen schien noch breiter als gewöhnlich zu sein.
    In Scheherazade begann die Wut über diesen übergewichtigen Diener zu kochen. »Und wie kommst du darauf, daß diese neue Dienerin auch meinen Gefallen findet?«
    »Oh, sie findet sicher jedermanns Gefallen!« meinte Omar mit Nachdruck und überraschender Heftigkeit. »Sie ist so talentiert, daß sie ohne weiteres in der Lage ist, die Arbeit von dreien zu tun! Ihre Hände sind so emsig wie Bienen! Und sagt, wer könnte an solch einem anmutigen Antlitz Anstoß nehmen?«
    Was für ein anmutiges Antlitz? fragte sich Scheherazade, doch sie hatte keine Zeit, etwas zu sagen, denn von einem Augenblick auf den anderen stand plötzlich eine Frau neben Omar. Es war fast so, als wäre sie aus dem Nichts aufgetaucht. Doch sicher gab es für diesen überraschenden Auftritt eine ganz natürliche Erklärung, überlegte Scheherazade. Vielleicht war die Frau vorher von Omars Fettwülsten verdeckt worden, hinter denen sich in der Tat drei oder vier Menschen verbergen konnten.
    Dennoch war Scheherazade nicht beruhigt. Irgend etwas an der neuen Dienerin bereitete ihr Sorgen. Vielleicht war es die Tatsache, daß sie ganz in Schwarz gekleidet war. Sicher, in einer Stadt wie dieser und zu jenen Zeiten war es allgemein üblich, sich derart feierlich zu kleiden, doch Scheherazade konnte nicht umhin, an die früheren Gelegenheiten zurückzudenken, als jene geheimnisvolle Frau in Schwarz im Harem erschienen war. Außerdem hatte der Blick der neuen Dienerin etwas Stechendes. Sie sah Scheherazade unverwandt an, und ihre Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen zusammengezogen, als sammelte sie tief in ihrem Innern angestrengt irgendwelche dunklen Kräfte. Was sonst konnte einen Gesichtsausdruck wie diesen hervorrufen? Außer natürlich, die Frau war kurzsichtig.
    Scheherazade seufzte. Sie kam ebensowenig hinter das Geheimnis dieser neuen Dienerin wie hinter alle anderen Geheimnisse dieses Palastes. Wenn es im Leben doch nur genauso einfach wie in ihren Geschichten zugehen würde! Aber nein. Die Frau in Schwarz machte eindeutig keine Anstalten, sich als böse Zauberin zu erkennen zu geben. Scheherazade mußte ihr wahres Wesen daher auf anderem Wege zu ergründen versuchen.
    »Nun, wie lautet denn dein Name?« fragte Scheherazade in ihrem höflichsten Ton.
    Die Frau in Schwarz verbeugte sich leicht. »Wie immer Ihr mich fortan zu rufen wünscht, so wird mein Name lauten.«
    Diese Antwort schien Scheherazade eher auf Gerissenheit als auf Unschuld hinzudeuten. Dennoch lächelte Omar neben ihr noch immer selig, als wäre die ganze Welt in Ordnung

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