Scheinbar verliebt
Ein Zuhause. Eine Familie. Kinder. Alles verloren.
„Für fünf Monate musst du dich nun so benehmen, als wäre ich der Stern, um den dein Raumschiff Enterprise kreist. Das fängt heute Abend an. Ich habe eine Reservierung zum Dinner, dann Karten fürs Theater.“ Er hatte wieder sein unnahbares Grinsen aufgesetzt. „Ich behalte dein bisheriges Gehalt bei. Auch die Spenden. Am Ende bekommst du die Besitzurkunde für das Grundstück und das Gebäude.“
„Und den Scheck?“
„Alles deins.“
„Einfach so?“ Es war so schrecklich verzwickt … und gleichzeitig so furchtbar einfach.
Er reichte ihr einen Stift. „Unterschreib.“
Mit zitternden Fingern und pochendem Herzen nahm Lucy den Stift und schrieb ihren Namen mit Tinte, die weitaus haltbarer als ihr Abkommen sein würde.
Als sie aufsah, merkte sie, dass Alex auf den Vertrag starrte. „Gibt es ein Problem?“, fragte sie.
Er blinzelte und schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht.“ Er bot ihr seinen Arm an. „Lass uns unsere Beziehung beginnen.“
Sie hakte sich bei ihm unter und ließ sich von ihm zur Tür führen. „Du solltest noch wissen, dass ich dich bei Scheinverabredungen nicht an mich ranlasse.“
„Du wartest also bis zur Scheinhochzeit?“
Leise seufzte sie. „Eine Frau muss ihre Prinzipien haben.“
10. Kapitel
W ährend des Dinners hätte sie fast einen Menschen umgebracht.
Es waren ihre Nerven. Sie waren völlig am Ende. Und wenn Lucy nervös wurde, wurde sie unruhig. Das war ein Fluch, mit dem sie geboren worden war. In der ersten Klasse hatte sie im Buchstabierwettbewerb das Wort Violine bekommen. Vor lauter Aufregung und in dem Bewusstsein, dass Vokale nicht ihre Stärke waren, hatte sie das Mikrofon umgeschmissen und dem armen Johnny Rodriguez so ein Veilchen verpasst. Dann war da der Physikwettbewerb in der achten Klasse gewesen, wo sie vor versammelter Klasse ohnmächtig geworden war und sich die Nase gebrochen hatte.
Während des Dinners im Peninsula Grill hatte sie das gleiche Unbehagen gespürt, das ständig an ihr nagte und sie keinen klaren Gedanken fassen ließ. Wie tausende Schmetterlinge, die einfach nicht den Weg aus ihrem Bauch heraus fanden. Während Alex Smalltalk machte und von seinem Fischfilet kostete, ging Lucy immer wieder durch den Kopf, auf was für eine folgenschwere Abmachung sie sich eingelassen hatte. Wie in einem Film lief alles vor ihrem inneren Auge ab. Und die Schmetterlinge flatterten immer schneller. Zu ihrer Verteidigung musste sie sagen, dass es eigentlich nicht ihre Schuld war, dass der Ober gerade in dem Moment nach dem Brotkorb gegriffen hatte, indem ihr das Messer entglitten war. Oder dass sie ihm die Wasserkaraffe aus der Hand geschlagen hatte, weil sie ihm helfen wollte. Und dass er dann auf dem Eis ausgerutscht war und das Tischtuch mit sich gerissen hatte, dazu konnte sie nun wirklich nichts.
Nicht ihre Schuld.
Jetzt saß Lucy auf dem Beifahrersitz in Alex’ Mercedes und versuchte, die Tränen zu verdrängen, die ihr immer wieder in die Augen traten. Sie hatte schon viel schlimmere Situationen als diese hier überlebt. Zum Beispiel … gut, im Moment erinnerte sie sich an nichts Schlimmeres, aber es gab mit Sicherheit etwas. Sie versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Doch ihr fielen nur die Worte ein, die sie zu Matt sagen müsste und die ihre Zukunft für immer ruinieren würden.
„Dem Ober wird es bald wieder gut gehen.“ Alex’ tiefe Stimme unterbrach ihre selbstmitleidigen Gedanken. „Hast du nicht gehört, wie der Koch sagte, dass die Blutung schon gestillt ist?“
„Nein, das habe ich nicht mitbekommen.“
„Das muss gerade da gewesen sein, als du dich auf den Teppich übergeben hast.“
„Ich kann kein Blut sehen.“
„Ich wusste gar nicht, um wen ich mich zuerst kümmern sollte – um dich oder den Verletzten.“
Sie hörte sein Lachen und wandte sich ihm im dämmrigen Licht des Wagens zu. „Es tut mir leid.“
„Ich glaube, das hast du schon ein paar Mal gesagt.“
„Ich wollte es nur noch einmal bekräftigen.“
„Fünfzigmal reicht völlig, Lucy.“
„Es ist nur … ich muss im Moment über eine ganze Menge Dinge nachdenken.“ Sie lehnte ihre Stirn an die kühle Fensterscheibe. Gott, könnte es bitte schon morgen sein, wenn ich die Augen öffne?
Alex drehte an seinem Radio herum, bis er einen Sender gefunden hatte, in dem Rock gespielt wurde. „Für mich ist es auch nicht gerade einfach.“
„Es war schön, dass du vor dem
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