Scheinbar verliebt
„Aber sie hat ihn gerade gefragt, ob er ihr zeigt, wie sie ihr iPad benutzen kann.“
Lucy lächelte, als sie sich gegen die marmorne Arbeitsplatte lehnte. Wenn sie ehrlich war, wuchs Clare ihr immer mehr ans Herz.
„Also ist Clare Deveraux deine Großmutter.“ Chucks Augen flogen zwischen Morgan und Lucy hin und her. „Noch etwas, was ihr beide vor mir verheimlicht?“
Lucy zog die Frischhaltefolie vom Tablett ab. „Würde mir jetzt nichts einfallen.“
„Meine Gedanken sind wie vom Winde verweht.“ Morgans Stimme klang kein bisschen überzeugend.
„Nun, jetzt weiß es wahrscheinlich die ganze Welt“, sagte Chuck.
Clares Bekanntmachung war auch für Alex und Lucy ein Schock gewesen. Als sie Clare gefragt hatten, was sie sich dabei gedacht hatte, hatte Clare geantwortet, dass es Zeit gewesen war. Zeit für was? Um ganze Legionen von Paparazzi auf den Plan zu bringen? Um ein Mediengewitter auszulösen? Doch Alex ’ Umfragewerte waren gestiegen. Wieder einmal.
„Und was ist mit deiner Beziehung zu Alex?“, fragte Chuck nun.
„Was soll damit sein?“
„Ich wusste, dass ihr es ernst meint, aber heiraten? Wo ist diese Idee denn plötzlich hergekommen?“
„Ja, woher ist sie gekommen, Lucy?“, fragte Morgan zuckersüß.
„Ich kenne dich“, sagte Chuck nun wieder. „Das bist nicht du. Du bist Miss Übervorsichtig – du stürzt dich nicht einfach in so eine Sache hinein.“ Jetzt machten sich die Jahre bemerkbar, in dem er als Jugendpfarrer seinen Jugendlichen oft die Wahrheit aus der Nase ziehen musste. „Ich denke, du überstürzt die Dinge.“
„Nicht jeder zieht seine Entscheidungen bis zur Unendlichkeit in die Länge“, warf Morgan ein.
„Ich habe gesagt, dass ich den Smoking anpassen lasse, und das werde ich auch.“
„Nur, dass du den Termin schon dreimal verschoben hast.“
„Ich mache das bald. Versprochen.“ Chuck warf sich ein Sandwich in den Mund und wechselte das Thema. „Habt ihr schon ein Datum festgesetzt? Ich würde gerne den Gottesdienst halten.“
„Ähm …“ Dieses ganze Gespräch glich einem sinkenden Schiff. Der Titanic. „Am fünfzehnten Oktober.“
„Den Termin halten wir uns natürlich frei.“ Morgan sah nicht wirklich aus, als würde sie es sich zu Hause in ihren Kalender schreiben. „Alex hat übrigens einen guten Geschmack, was Verlobungsringe angeht.“
Lucy warf zum wohl tausendsten Mal einen Blick auf den funkelnden Stein an ihrem Finger. Er war nicht hollywoodmäßig, was Lucy gefiel. Der Diamant war geschmackvoll und gerade groß genug, um eine klare Ansage zu machen. Und obwohl sie nicht wirklich mochte, was er zu sagen hatte, konnte sie nicht aufhören, ihn zu betrachten.
„Wir könnten bald mit dem Ehevorbereitungskurs anfangen. Ich würde mich freuen, ihn zu übernehmen.“
Lucy entging nicht der herausfordernde Unterton ihres Freundes. „Ich werde … mit Alex reden.“ Sie würde lieber im Berufsverkehr auf die Autobahn laufen, als mit Chuck in einem Beratungsgespräch zu sitzen. Schon nach wenigen Minuten hätte er sie beide durchschaut.
„Also, ich finde es wirklich nobel von dir, dass du Clare vergeben hast“, wechselte Chuck wieder das Thema. „Es braucht einen starken Charakter, um so etwas hinzubekommen.“
Ihr vergeben. So weit war Lucy noch nicht gekommen. „Clare hat mich aufgesucht. Sich entschuldigt. Aber es ist immer noch schwer.“ Clare hatte ihre Mutter ausbezahlt und ihrer Enkelin damit ein Preisschild aufgedrückt. „Aber es tut ihr aus tiefstem Herzen leid. Wir sind immer noch nicht die besten Freundinnen, aber im Moment brauche ich ihre Hilfe. Wenn sie mir nicht gerade beibringt, wie man eine Lady wird, gehen wir uns so gut es geht, aus dem Weg.“
„Und seit wann interessiert es dich, was andere Menschen von dir denken?“, fragte Morgan scharf. „Vor allem die Leute in dieser Stadt?“
Zu welchem Zeitpunkt war es nicht so gewesen? „Was ist falsch daran, neue Dinge zu lernen?“
„Wie zum Beispiel, welche Schuhe du zu welcher Handtasche kombinieren sollst? Wie man redet, ohne wirklich etwas zu sagen?“ Mit einem tiefen Seufzen, das klang, als käme es geradewegs aus dem Schiffsrumpf, nickte Morgan. „Ich hoffe wirklich, dass du weißt, was du tust.“
Da waren sie schon zwei.
* * *
Eins der wirklich positiven Dinge daran, bei Clare zu wohnen, war der ständige Zugang zu Julians Kühlschrank. Lucy war gerade auf dem Weg in die Küche, als sie erstaunt bemerkte, dass im Treppenhaus immer noch
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