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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Detectives Frost und Crowe am Kopfende des Tisches Platz genommen hatten. In der Mitte lag der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit: Janes Handy, angeschlossen an eine Lautsprecheranlage. »Es ist bald so weit«, sagte Moore. »Ist das wirklich okay für Sie? Wir können auch Frost die Anrufe annehmen lassen.«
    »Nein, ich muss es tun«, sagte Jane. »Wenn ein Mann sich meldet, könnte sie das abschrecken.«
    Crowe zuckte mit den Achseln. »Falls dieses geheimnisvolle Mädchen überhaupt anruft.«
    »Wenn Sie glauben, dass das Ganze reine Zeitverschwendung ist«, entgegnete Jane gereizt, »dann können Sie ja gehen.«
    »Ach, ich bleibe lieber hier; ich will doch mitkriegen, was passiert.«
    »Wir möchten Sie doch nicht langweilen.«
    »Drei Minuten, Leute«, warf Frost ein, wie üblich bemüht, zwischen Jane und Crowe Frieden zu stiften.
    »Vielleicht hat sie das Inserat ja gar nicht gesehen«, meinte Crowe.
    »Die Nummer ist seit fünf Tagen am Kiosk«, sagte Moore.
    »Sie hatte durchaus die Möglichkeit, es zu sehen. Wenn sie nicht anruft, dann deshalb, weil sie sich bewusst dagegen entschieden hat.«
    Oder weil sie tot ist, dachte Jane. Ein Gedanke, der sicherlich allen durch den Kopf geschossen war, auch wenn niemand ihn aussprach.
    Janes Handy klingelte, und sofort richteten sich alle Blicke auf sie. Das Display zeigte eine Nummer aus Fort Lauderdale. Es war nur ein Telefonanruf, und doch klopfte Janes Herz wie in panischer Angst.
    Sie holte tief Luft und sah Moore an, worauf dieser nickte.
    »Hallo?«, meldete sie sich.
    Eine Männerstimme mit breitem texanischem Akzent dröhnte aus dem Lautsprecher. »Also, was hat das jetzt eigentlich zu bedeuten?« Im Hintergrund war Gelächter zu hören, als hätte jemand einen wirklich guten Witz erzählt.
    »Wer sind Sie?«, fragte Jane.
    »Wir fragen uns hier nämlich alle, was das eigentlich heißen soll – ›Die Würfel sind gefallen‹?«
    »Sie rufen an, um mich das zu fragen?«
    »Klar. Ist das so ’ne Art Spiel? Sollen wir raten?«
    »Ich habe jetzt keine Zeit, mit Ihnen zu reden. Ich erwarte einen anderen Anruf.«
    »Hey. Hey, Lady! Wir bezahlen hier extra für ein Ferngespräch, verdammt!«
    Jane legte auf und sah Moore an. »Was für ein Idiot.«
    »Wenn das der typische Leser der
Confidential
war«, sagte Crowe, »dann kann das ja noch ein lustiger Abend werden.«
    »Wir werden vermutlich mehr solcher Anrufe bekommen«, warnte Moore.
    Das Handy klingelte wieder. Diesmal kam der Anruf aus Providence.
    Ein neuer Adrenalinschub brachte Janes Puls zum Rasen.
    »Hallo?«
    »Hi«, meldete sich eine muntere Frauenstimme. »Ich habe Ihre Anzeige in der
Confidential
gelesen. Ich arbeite an einer wissenschaftlichen Studie über private Kleinanzeigen und wollte fragen, ob Ihr Inserat eher romantische Motive hat oder ob es sich um ein kommerzielles Unternehmen handelt.«
    »Weder – noch«, antwortete Jane knapp und beendete das Gespräch. »Mein Gott, was haben die nur alle?«
    Um fünf nach acht Uhr klingelte es erneut. Ein Anrufer aus Newark fragte: »Ist das so ’ne Art Wettbewerb? Krieg ich jetzt einen Preis?«
    Um sieben nach acht: »Ich wollte nur wissen, ob da wirklich jemand drangeht.«
    Um viertel nach acht: »Sind Sie ’ne Geheimagentin oder so was?«
    Gegen halb neun hörten die Anrufe auf. Zwanzig Minuten lang starrten sie das stumme Telefon an.
    »Ich glaube, das war’s«, sagte Crowe. Er stand auf und streckte sich. »Selten einen Abend so
sinnvoll
genutzt.«
    »Warte«, sagte Frost. »Gleich haben wir acht Uhr Central Time.«
    »Was?«
    »In Rizzolis Inserat ist keine Zeitzone genannt. In Kansas City ist es jetzt gleich acht Uhr abends.«
    »Er hat Recht«, sagte Moore. »Üben wir uns noch ein wenig in Geduld.«
    »Alle Zeitzonen? Dann hocken wir ja bis Mitternacht hier«, stöhnte Crowe.
    »Sogar noch länger«, bemerkte Frost. »Wenn man Hawaii mit dazunimmt.«
    Crowe schnaubte. »Vielleicht sollten wir erst mal Pizza bestellen.«
    Was sie schließlich auch taten. Während der ruhigen Phase zwischen zehn und elf zog Frost los und kam mit zwei großen Salamipizzas vom Italiener um die Ecke zurück. Coladosen wurden aufgerissen und Servietten herumgereicht, und dann saßen alle wieder da und starrten das stumme Telefon an. Jane war nun seit einem Monat nicht mehr im Dienst, an diesem Abend aber hatte sie das Gefühl, nie weg gewesen zu sein. Sie saß am selben Tisch, zusammen mit denselben erschöpften Kollegen, und wie immer brachte Darren

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