Scheintot
gesendet wurde, lassen wir noch zwei weitere Geiseln frei. Das sind vier Personen, die wir Ihnen anbieten, Leroy. Vier Menschenleben für zehn Minuten Fernsehsendezeit. Ich verspreche Ihnen eine Show, die Sie von den Socken hauen wird.«
»Worum geht es Ihnen, Joe?«
»Es geht darum, dass niemand uns zuhören will. Niemand glaubt uns. Wir haben es satt, immer davonzulaufen, und wir wollen unser normales Leben zurück. Das ist die einzige Chance, die uns bleibt. Die einzige Möglichkeit, die Menschen in diesem Land wissen zu lassen, dass wir die Wahrheit sagen.«
Hayder fuhr sich mit dem Zeigefinger quer über die Kehle, ein Zeichen, dass Stillman das Gespräch unterbrechen sollte.
»Einen Augenblick, Joe«, sagte Stillman und deckte die Sprechmuschel mit der Hand ab. Er sah Hayder an.
»Meinen Sie, dass er überhaupt merken wird, ob es tatsächlich eine Liveschaltung ist?«, fragte Hayder. »Wenn wir ihn in dem Glauben wiegen könnten, dass es tatsächlich gesendet wird…«
»Der Mann ist nicht dumm«, unterbrach ihn Gabriel. »Kommen Sie ja nicht auf die Idee, irgendwelche Spielchen mit ihm zu spielen. Wenn Sie ihn reinlegen, machen Sie ihn nur wütend.«
»Agent Dean, könnten Sie vielleicht einfach draußen warten?«
»Sie wollen nur die Aufmerksamkeit der Medien, sonst nichts! Lassen Sie sie sagen, was sie zu sagen haben. Lassen Sie sie ihre Volksreden halten, wenn das die einzige Chance ist, diese Sache zu beenden!«
Aus dem Lautsprecher kam Joes Stimme: »Wollen Sie nun verhandeln oder nicht, Leroy? Wir können es nämlich auch auf die harte Tour machen. Statt lebender Geiseln können wir Ihnen tote rausschicken. Sie haben zehn Sekunden, um sich zu entscheiden.«
»Ich höre, Joe«, sagte Stillman. »Das Problem ist, ich kann eine Liveschaltung nicht so einfach aus dem Ärmel zaubern. Ich bin auf die Mitarbeit eines Fernsehsenders angewiesen. Wie wäre es, wenn wir Ihr Statement aufzeichnen? Wir stellen Ihnen einen Camcorder zur Verfügung. Sie sagen, was immer Sie zu sagen haben, nehmen sich so viel Zeit, wie Sie brauchen …«
»Und dann lassen Sie das Band in der Schublade verschwinden, wie? Es wird nie gesendet werden.«
»Das ist mein Angebot, Joe.«
»Wir wissen beide, dass Sie auch anders können. Genau wie all die anderen, die da mit Ihnen in diesem Container stehen.«
»Eine Livesendung im Fernsehen kommt nicht in Frage.«
»Dann haben wir Ihnen nichts mehr zu sagen. Leben Sie wohl.«
»Warten Sie …«
»Ja?«
»Ist das Ihr Ernst? Dass Sie die Geiseln freilassen werden?«
»Wenn Sie Ihren Teil der Abmachung einhalten. Wir wollen einen Kameramann und einen Reporter als Zeugen. Einen echten Reporter, nicht irgendeinen Cop mit einem gefälschten Presseausweis.«
»Tun Sie es«, sagte Gabriel. »Das könnte eine Möglichkeit sein, die Sache zu beenden.«
Stillman deckte wieder den Hörer ab. »Eine Livesendung kommt nicht in Frage, Agent Dean. Grundsätzlich nicht.«
»Verdammt noch mal, wenn es das ist, was sie verlangen, dann
geben
Sie es ihnen!«
»Leroy?« Es war wieder Joe. »Sind Sie noch da?«
Stillman holte Luft, dann sagte er: »Joe, Sie müssen das verstehen. Es wird eine gewisse Zeit dauern. Wir müssten erst einen Reporter finden, der sich dazu bereit erklärt. Jemanden, der bereit ist, sein Leben zu riskieren …«
»Es gibt nur einen Reporter, mit dem wir reden wollen.«
»Augenblick. Sie haben doch gar keinen Namen genannt.«
»Er kennt die Hintergründe. Er hat seine Hausaufgaben gemacht.«
»Wir können nicht garantieren, dass dieser Reporter …«
»Peter Lukas,
Boston
Tribune.
Rufen Sie ihn an.«
»Joe …«
Es klickte einmal, dann hörten sie den Wählton. Stillman sah Hayder an. »Wir schicken keine Zivilisten da rein. Damit liefern wir ihnen nur zusätzliche Geiseln.«
»Er sagte, er würde vorher zwei Geiseln freilassen«, warf Gabriel ein.
»Und das glauben Sie ihm?«
»Eine davon könnte meine Frau sein.«
»Woher wissen wir überhaupt, dass dieser Reporter einwilligen wird?«
»Wenn dabei die größte Story seines Lebens herausspringen könnte? Das wäre einem Journalisten durchaus zuzutrauen.«
»Ich glaube, es gibt da noch eine offene Frage«, sagte Barsanti. »Wer zum Teufel ist dieser Peter Lukas? Ein Reporter der
Boston
Tribune?
Warum will er ausgerechnet den haben?«
»Rufen wir ihn an«, schlug Stillman vor. »Vielleicht weiß er ja die Antwort.«
12
Du bist noch am Leben. Du musst noch am Leben sein. Ich würde es doch spüren,
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