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Scheiss dich nicht an - Lebe

Scheiss dich nicht an - Lebe

Titel: Scheiss dich nicht an - Lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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war sein Akku wieder leer, und er hat den Biermösel um ein kleines Päuschen ersucht, ohne Decke, ohne vorgekochte Eier, ohne Schwein und Bier, ohne Zahnstocher und Insektenspray, kurz: ohne allem, was dem Menschen bei einem Picknick normalerweise Freude bereitet. Nur sie beide und die schöne Gebirgslandschaft um sie herum.
    „Darf ich machen eine Pause?“
    „Darfst du machen eine kurze!“
    Jetzt sitzt der Biermösel also alleine in der Almwiese herum und wartet auf die Ladung Osterböcke, um die er den Doktor Krisper noch hinunter ins Tal zu seiner Fips geschickt hat, bevor er ihn dann vielleicht wirklich seine Pause machen lässt. Und wie er dabei die General-Jaruzelski-Brille für den bösen Blick aufsetzt und die Glock gegen den hungrigen Bären in Anschlag bringt, der da irgendwo hinter den Bäumen gerade den Griller anwirft, auf dem er ihn gerne braten möchte, da ummantelt den Biermösel auf einmal die herrliche Natur in ihrer gesamten Saftigkeit, und sogar er gottloser Geselle muss jetzt einmal die Saftigkeit der Natur anerkennen, bravo, sehr, sehr saftig! Und wenn der Herrgott dafür verantwortlich sein will, dann soll er doch in Dreiherrgottsnamen dafür verantwortlich sein, denkt sich der Biermösel, die Freude will er ihm nicht nehmen, „nur lass mich bitte, wenn ich noch einmal auf die Welt komme, als Biene auf die Welt kommen!“, richtet er einen Appell in eigener Sache an den Herrgott, ihm ist nämlich aufgefallen, dass es im Frühling mehr Blumen gibt, die sich von einer Biene bestäuben lassen wollen, als Weiber, die sich von ihm packen lassen wollen, „also bitte als Biene, okay?“
    Zum ersten Mal in seinem Leben genießt der Biermösel dann den einmalig schönen Rundblick auf das Jammertal unter ihm, über das er seit 35 Jahren wacht und in dem ihm seit 60 Jahren das Leben zwischen den Fingern zerrinnt. Der Föhn hat den ganzen Dreck der letzten tausend Jahre hinweggeblasen und stattdessen Sauerstoff ins Tal hineingefüllt, einmalig! In der immens klaren Luft sieht der Biermösel jetzt sogar den Ausgang vom Tal, durch den er nie hinausgefunden hat, nicht einmal nach Kaprun hinüber, das er jetzt auch sehen kann, hat er es geschafft, wo neben der Staumauer das Gendarmerieerholungsheim steht, in dem er die Anni gerne gepackt und bestäubt hätte, wenn die nicht auf das mahnende Läuten vom Pfarrer Hein hereingefallen wäre, da ist er dann doch wieder böse auf den Herrgott.
    Der Biermösel kann sich gar nicht mehr genug über die mahnenden Glocken vom Pfarrer Hein ärgern, die er als lästiges Jucken sogar da heroben in den Ohren spürt, und wenn er ein Präzisionsgewehr von entsprechender Reichweite hätte, dann täte er ihm die Glocken jetzt aus seinem Kirchturm herausballern, den er bei der guten Sicht leider auch sehen kann -peng, peng, peng!
    Heute aber ist die Sicht insgesamt so gut, dass der Biermösel das erste Mal in seinem Leben sogar bis nach Kärnten hinuntersehen kann, wo der Wörthersee in der Sonne herumliegt und die braune Kuhscheiße in den saftigen Wiesen, und auf einmal überkommen den harten Marlboro-Mann im Biermösel wieder die gewissen nagenden Selbstzweifel:
    Er fragt sich, ob er der Anni vielleicht doch mehr hätte bieten müssen, als er sie gefragt hat, ob sie sich von ihm packen lassen will. Dass er ihr also anstatt der Eisenbetten im Schlafsaal vom Gendarmerieerholungsheim in Kaprun drüben zum Beispiel eine Reise in den Süden hinunter zu den Freunden der Sonne hätte anbieten sollen, kann denn das sein?
    Auf einmal juckt es ihn selbst ganz ordentlich in den Wandersfüßen, und das nicht nur wegen dem vielen Sauerstoff in den verstopften Venen. – „Aua!“ Es sind die Weite, die Freiheit, das Ungebändigte und Ungestüme, die ihn von da heroben zur Sommerfrische nach Kärnten hinunterlocken wie die Glocken vom Pfarrer Hein die Anni in seine Bruchbude.
    Du meine Güte, Kärnten!, ist er auf einmal ganz begeistert von Kärnten. Wenn man das Minimundus dort unten gesehen hat, dann hat man sowieso die ganze Welt gesehen, und einmal im Leben sollte der Mensch vielleicht schon die ganze Welt gesehen haben, bevor er sich dann nach einem Leben im Dienste vom depperten Staatsganzen sowieso wieder früh genug in die Windeln im Siechenheim in Goisern drüben hineinlegen muss, einmal im Leben sollte der Mensch sich das vielleicht gönnen.
    Allerdings, schränkt der Biermösel den Wunsch nach einer Sommerfrische in Kärnten samt womöglich sogar einem Badeurlaub gleich

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