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Scheiss dich nicht an - Lebe

Scheiss dich nicht an - Lebe

Titel: Scheiss dich nicht an - Lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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durch seine General-Jaruzelski-Brille und den Schleier seiner Immer-wieder-Bewusstlosigkeit hindurch einfach gerade nicht so gut sieht. Also nimmt ihn der Doktor Krisper an der Hand wie der Gutmensch den Blinden an der Ampel und setzt seine schwungvolle Handbewegung fort, diesmal hinauf zu den Bergen: „Dann siehst du auch nicht abgestürztes Flugzeug oben auf Gebirgskamm?“
    Das sieht der Biermösel auch nicht, aber er kann es sich ungefähr vorstellen, und augenblicklich fährt ihm der Schrecken in die alten Knochen hinein:
    „Ein abgestürztes Flugzeug? Genau wie es der Pfarrer Hein prophezeit hat, Hilfe!“
    Aber der Doktor Krisper schnürt ungerührt seine Wanderstiefel, und dann führt er sie zwei Wandersleute über den Kamm hinüber zur Absturzstelle. Keine leichte Wanderung, aber auch nicht schwierig, so lala halt.
    Schwierig ist beim Wandern ja immer nur die Frage, was man miteinander reden soll, wenn man in einem ohnehin belasteten Arzt-Patient-Verhältnis gerade nichts miteinander zu reden hat.
    Nachthemd oder Pyjama?, könnte eine Frage lauten, die dem Biermösel sowieso gerade auf der Zunge brennt, und befeuert vom allzu vielen Sauerstoff im Hirn spricht er sie auch aus. „Was trägst du, Krisper, wenn die langen und kalten Winter vorbei und die Nächte lau und voller Mond sind, Nachthemd oder Pyjama?“
    Zwar schießt es sich vermutlich mit der Winchester aus dem Nachthemd heraus schneller als aus einem Pyjama, wenn man eine zum Packen hat, also lieber Nachthemd. Aber leider hat er nie eine zum Packen, also lieber Pyjama, „was meinst du, Krisper?“
    „Bist du depperte Idiot, Biermäääsel?“, droht der Doktor Krisper an seinem schwierigsten Patienten sofort wieder zu verzweifeln, weil der auf einmal nicht mehr aufhören will zu reden, und er versucht ihm Sauerstoff zu entziehen, indem er ihn in immer lichtere Höhen hinaufführt, aber Fehlanzeige:
    „Seit den seligen Zeiten vom John Wayne und seinen Ganzkörperunterhosen ist ja sowieso nichts Besseres mehr nachgekommen“, redet der Biermösel weiter. „Außer man nimmt die Ganzkörperbehaarung beim Affenmenschen, die vielleicht überhaupt das Beste war, was der Mensch jemals getragen hat, aber wo ist der Affenmensch, wenn man ihn braucht, Kruzifixnocheinmal, Krisper! Ich brauch dann wirklich dringend eine neue Unterhose, wenn ich die Anni heuer noch packen will, bitte hilf mir!“
    „Jetzt scheiß dich nicht an!“, versucht der Doktor Krisper den Biermösel mit seinem Buchtitel zu beruhigen, und um endlich doch noch den überschüssigen Sauerstoff aus ihm abzulassen und ihn wieder zu dem schweigsamen Griesgram zu machen, der er immer war, sticht er ihm dann einfach unauffällig mit dem Präzisionsinstrument in die Lungen hinein, sodass es schön pfeift, wozu sonst hat er denn in Bulgarien „Geheimdienstmedizin“ studiert?
    „Für mich?“, fragt der Biermösel dann endlich enttäuscht, als sie die Absturzstelle erreichen. „Für mich zum Geburtstag? Ein komplett verbogenes Flugzeug? Danke, Krisper! Danke, danke und immer wieder danke!“
    Aber seine Freude ist natürlich nur gespielt.
    Zu sehr lässt ihn der Anblick von dem Flugzeug an die prophetischen Worte vom Pfarrer Hein denken, und er wendet sich kleinlaut an den Herrn Doktor:
    „Krisper, sei ehrlich mit mir! Bin wirklich ich an allem schuld? Am Gestank in der Welt und jetzt sogar schon daran, dass Flugzeuge herabfallen?“
    „Aber Biermösel“, sagt der Krisper. „Bist auch du durch Dauerläuten von Glocke von Pfarrer Hein nicht mehr wilde Haudrauf, sondern Hosenscheißer geworden wie Eisenbiegerschnupperlehrling Wilfried?“
    „Bin ich nicht!“, sagt der Biermösel, aber er schaut dabei dem Doktor Krisper natürlich lieber auf die genagelten Schuhe als ihm direkt in die Augen.
    „Muss ich spucken auf Hosenscheißer!“, sagt der Krisper angewidert. Und nachdem er einen sehr Ordentlichen abgesondert hat, versucht er dem mahnenden und die Seele zerstörenden Geläute vom Pfarrer Hein buchstäblich den Wind aus den Glocken zu nehmen:
    „Pass auf, Biermösel. Absturz von Flugzeug auf dieser Seite von Gebirgskamm hat ausschließlich folgende Bewandtnis, hast du Zeit ein bisschen länger oder bist du in Eile?“
    „Wenn ich was habe, dann Zeit“, sagt der Biermösel.
    „Also gut“, holt der Doktor Krisper etwas weiter aus. „Ist nicht Schuld von Menschen, was hat Flugzeug herabgeholt von Himmel, ist Schuld von Föhnwind, was war stärker als starke Hand von Charles

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