Scheisskerle - Warum es immer die Falschen sind
Reaktion wie: »Die übertreibt mal wieder« nur Hilflosigkeit ausdrückt, aber auch Angst vor dem Thema, ist den betroffenen Zuschauern kaum zu vermitteln. Sie wenden sich schlicht ab. Auch die Psychoanalyse stellt bei der Suche nach den Ursachen vor allem das Innenleben des Opfers in den Vordergrund. Es wird ermittelt, analysiert und geprüft, worin die Schuld des Opfers an der Situation liegt und welche Strategien es verfolgen könnte, um sich selbst zu ändern. Würde ein Mann einer Frau im Park körperliche Gewalt antun, käme niemand auf die Idee, hier nach der Schuld der Frau zu fragen, durch die ihr Gewalt angetan worden ist. Im Falle seelischer Grausamkeit ist das gesellschaftliche Wissen viel geringer, Formen seelischer Grausamkeit werden oft nicht als solche erkannt und auch nicht als Verbrechen eingestuft.
Die Grundfesten Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein bieten den natürlichsten Schutzwall gegen Angriffe auf die Seele. In der Erziehung jener Frauen, die mir ihre Probleme mitgeteilt haben, ist das genaue Gegenteil passiert. Auch hier haben sich wohl Schutzwälle der eigenenSeele gebildet, aber sie haben eine entgegengesetzte Wirkung. »Was uns nicht tötet, macht uns härter« ist eine der dümmsten und gefährlichsten Volksweisheiten.
Letztlich führt jedoch die Unkenntnis über diese Zusammenhänge einer sadistischen Strategie zu einer Abnabelung des Opfers von seinem Umfeld. Erst die Ausgangssituation der Isolation bereitet dann jene Grundlage, die Sadisten brauchen, um ihr Spiel wirksam entfalten zu können. Dabei ist es nicht sehr schwer für einen sadistischen Täter, sein Opfer mit Anspielungen zu repressieren. Das kann so weit gehen, dass das Opfer an den Rand des Selbstmords getrieben wird. Das Ungewöhnliche daran scheint mir vor allem zu sein, dass der Angreifer selbst – vor allem im beruflichen Umfeld – sich auch noch als starke Persönlichkeit profilieren kann. Nicht wenige, vornehmlich Schwache, werden sich ihm auch noch anschließen und ihr Verhalten gegenüber dem Opfer angleichen. Hierbei handelt es sich nicht um das bekannte Mobbing zwischen Gummipalme und Tintendrucker, sondern um eine weitaus schlimmere Variante, weil ihre Quelle in der krankhaften psychotischen Zerstörungswut und Gewaltbereitschaft des Täters zu suchen ist. Aufzuzeigen, dass dieser tatsächlich abnorm ist und sein Handeln eine sadistische Ursache hat, die als Krankheit behandelt werden müsste, ist in unserer Gesellschaft fast unmöglich. Der anklagende Zeuge läuft Gefahr, selbst als krank und labil eingestuft zu werden. Sadisten werden von der Gesellschaft in gewisser Weise bewundert, schlimmer noch, sie werden sogar von ihr gefürchtet. Diese Ausstrahlunghat auf Frauen wiederum eine höchst erotische Wirkung, weshalb es sadistischen Tätern so leichtfällt, Opfer zu finden. Sadisten verstehen es, als Sieger zu glänzen, mit ihrer Stärke zu verführen, zu faszinieren. Während andere Männer schlicht als Waschlappen dastehen, werden Frauen, die für diese Signale empfänglich sind, durch die vermeintliche Stärke von Sadisten angelockt. Sie haben das Gefühl, einen durchsetzungsfähigen Mann, guten Beschützer und Familienvater gefunden zu haben. Und es sind keineswegs naive und unemanzipierte Frauen, die sich davon angezogen fühlen; bei intelligenten Frauen weckt die offen zur Schau getragene Geschicklichkeit des Aggressors große Neugier. In der Anwerbephase könnte das Leben des Opfers kaum besser sein. Es stellt sich zunächst so dar, als hätte sie den Traummann gefunden. Einen starken Mann, eloquent, witzig und mit Ausstrahlung. Dass die liebevolle, perfekte Beziehung der ersten Monate nichts weiter ist als das bereitete Terrain für eine langjährige seelische und körperliche Misshandlung, wird vom Opfer selbst nicht erkannt. Diese »schönen Monate« sind für den Täter deshalb so wichtig, weil das Opfer sich den plötzlichen späteren Sinneswandel nicht erklären kann, die Schuld dafür womöglich sogar bei sich selbst sucht und bestrebt ist, die schöne Zeit wiederherzustellen. Auch die soziale Determination und die eigene Eitelkeit des Opfers tragen zu dessen Blendung bei, bekommt das Paar doch Komplimente dafür, ein schönes oder passendes, vielleicht sogar ein »perfektes« Paar zu sein. Je mehr sich die Frau um den sadistischen Täter bemühtbeziehungsweise das ursprünglich schöne Verhältnis wiederherzustellen versucht, desto mehr wird sie vom Täter gequält. Allerdings
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