Schenk mir dein gebrochenes Herz
schüchterne, liebe Mädchen vorgespielt. Aber hinter ihrem Rücken war ich berechnend und fies. Davon hatten meine Eltern nichts geahnt … bis dein Vater bei uns vorbeigekommen ist.“
Sie senkte den Kopf. „Ich hatte keine Ahnung, was dir damals passiert war. Es gab zwar ein paar Gerüchte, aber dabei wird ja meistens maßlos übertrieben.“ Nervös zupfte sie an einem Fingernagel. „Ich habe damals so getan, als würde mir das alles nichts ausmachen. Aber so war das gar nicht.“ Odalie blickte auf. „Und dann dieser Unfall … erst dadurch ist mir bewusst geworden, was für ein Mensch ich eigentlich bin. Das hat mich fürchterlich erschreckt.“
Schweigend und sehr aufmerksam hörte Maddie ihr zu.
„Weißt du …“, fuhr Odalie fort, „mein ganzes Leben lang haben mir irgendwelche Leute erzählt, wie schön und begabt ich bin. Aber bis jetzt hat mich noch niemand gemocht, weil ich ein aufmerksamer, hilfsbereiter Mensch bin. Das war ich ja auch nicht.“ Sie errötete. „Und dann hast du Hilfe gebraucht, und ich konnte für dich da sein. So etwas kannte ich noch gar nicht.“ Sie lächelte. „Das ist ein unheimlich schönes Gefühl, weißt du das?“
Maddie lachte laut los.
Odalie musste ebenfalls lachen. Dann wischte sie sich die Tränen aus den Augen. „Na ja, jedenfalls entschuldige ich mich von ganzem Herzen für alles, was ich dir angetan habe. Von jetzt an will ich intensiv an mir arbeiten, damit ich irgendwann ein besserer Mensch werden kann.“
„Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne dich getan hätte“, sagte Maddie. Was Odalie gesagt hatte, berührte sie tief. „Du warst so lieb zu mir.“
„Ach, meine Schuldgefühle waren da auch ganz stark mit im Spiel“, gestand sie, dann lachte sie verlegen. „Aber das ist noch nicht alles. Ich habe dich wirklich sehr gern. Und ich kann immer noch nicht fassen, was du für tolle Bilder malst. Und deine Figuren erst …“
„Das ist eben mein großes Hobby“, erwiderte Maddie.
„Ein Hobby, das dein Leben verändern kann“, gab Odalie bedeutungsvoll zurück. „Wart’s ab!“
Maddie lächelte schweigend. Sie glaubte nicht daran – leider.
9. KAPITEL
Etwa zwei Wochen nach dem Unfall war Maddie wieder zu Hause. Odalie und Cort hatten ihr einen Rollstuhl gekauft. Obwohl sie ihre Beine inzwischen wieder spürte, konnte sie noch nicht allein gehen. Aber der Arzt hatte ihr unter Vorbehalt gesagt, dass sie wahrscheinlich in wenigen Monaten völlig wiederhergestellt war.
Der Rollstuhl hatte dicke Reifen, konnte sogar einige Stufen hinunterfahren. Er war mit allen technischen Finessen ausgestattet und dazu in einem fröhlichen Sonnengelb lackiert – Maddies Lieblingsfarbe.
Sie war völlig außer sich, als er geliefert wurde. „Der muss ja ein Vermögen gekostet haben!“, rief sie. „Und ich habe euch doch noch gesagt, dass ich nur ein ganz schlichtes Modell will!“
„Du hast gesagt, dass du etwas Preisgünstiges willst“, erwiderte Cort. „Und der hier war preisgünstig“, fügte er hinzu und sah zu Odalie hinüber.
„Ja, richtig billig sogar“, bestätigte sie. „Wenn du wieder auf dem Damm bist, kannst du ihn ja jemandem schenken, der ihn dringend braucht.“
„Hm …“ Eine schöne Vorstellung, dass sie den Rollstuhl bald nicht mehr nötig haben würde! „Darf ich ihn wirklich weiterverschenken?“
„Natürlich.“ Odalie und Cort lächelten ihr zu.
Maddie seufzte. „Tja, was soll ich machen? Ihr setzt euch ja doch immer wieder durch. Vielen, vielen Dank! Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich sagen soll.“
„Gar nichts“, erwiderte Odalie. „Probier den Rollstuhl lieber mal aus! Damit du weißt, wie er sich so fährt.“
„Ja, bis zum Hühnergehege zum Beispiel“, schlug Cort vor. „Das ist doch eine gute Strecke.“
Maddie musterte die beiden verwirrt. Irgendetwas war da im Busch …
Der Rollstuhl ließ sich einfach bedienen. Maddie folgte Odalie und Cort über den sandigen Hof bis zu dem großen eingezäunten Bereich, in dem ihre Hühner freien Auslauf hatten. Er schloss sich direkt an ein großes Hühnerhaus an.
„Sie machen einen glücklichen Eindruck“, sagte Maddie und lachte. „Tja, sie haben auch allen Grund dazu.“
Cort betrat das Gehege. Als er zurückkam, hatte er einen großen rotbraunen Hahn mit makellosem Federkleid unterm Arm. Er hatte leichte Ähnlichkeit mit Pumpkin, war aber viel größer. Und es schien ihm gar nichts auszumachen, sich durch die Gegend tragen zu lassen. Cort
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