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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Schusses sie an der Außenseite ihres linken Oberschenkels. Der Schmerz loderte heftig auf, aber kein Laut entwich ihren zusammengepressten Zähnen. Mit einer wildwütenden Genauigkeit, die kein Teil von ihr selbst zu sein schien, fällte sie auch den dritten, dann schaute sie sich verzweifelt nach einem Versteck um.
    Einige Rohrleitungen verliefen über ihrem Kopf; Menschen, die einen Raum betreten, schauen gewöhnlich nach unten und nach den Seiten, bevor sie daran denken, nach oben zu schauen. Sie steckte den Betäuber in ihren Gürtel und mit einem Sprung, den sie in normalem Zustand nie hätte wiederholen können, zog sie sich hinauf zwischen die Rohre und die gepanzerte Decke. Sie atmete lautlos durch den offenen Mund, zog wieder ihren Betäuber und bereitete sich auf alles vor, was durch die Tür zum Hauptmaschinenraum kommen mochte.
    »Was war das für ein Geräusch? Was ist da drinnen los?«
    »Schmeiß eine Granate rein und mach die Tür zu.«
    »Können wir nicht, unsere Männer sind da drin.«
    »Wentz, melden!«
    Schweigen.
    »Geh rein, Tafas!«
    »Warum ich?«
    »Weil ich es dir befehle!«
    Tafas kroch vorsichtig durch die Tür, überquerte die Schwelle fast auf den Zehenspitzen. Er drehte sich herum und blickte sich um. Weil sie fürchtete, dass die anderen nach einem weiteren Schuss die Tür schließen und zusperren würden, wartete sie, bis er schließlich nach oben blickte.
    Sie lächelte ihn gewinnend an und winkte leicht mit ihren Fingern.
    »Schließen Sie die Tür«, sagte sie mit lautlosen Mundbewegungen und zeigte auf den Eingang. Er starrte sie an. Sein Gesicht zeigte einen sehr seltsamen Ausdruck:
    Verblüffung, Hoffnung und Ärger, alles zugleich. Die Glockenmündung seines Disruptors wirkte so groß wie ein Suchlicht, sie war genau auf ihren Kopf gerichtet. Es war wie der Blick in ein Auge des Urteils. In eine Art Sackgasse. Vorkosigan hat recht, dachte sie, ein Disruptor hat echte Autorität …
    Dann rief Tafas: »Ich glaube, das ist vielleicht eine Art Gasleck oder so was. Mach besser die Tür mal einen Moment zu, während ich das überprüfe.« Prompt warf der andere die Tür hinter Tafas zu.
    Cordelia lächelte von der Decke herab, mit zusammengekniffenen Augen.
    »Hallo. Wollen Sie aus diesem Schlamassel entkommen?«
    »Was haben Sie hier vor?«
    Ausgezeichnete Frage, dachte sie wehmütig. »Ich versuche, ein paar Leuten das Leben zu retten. Keine Sorge – Ihre Freunde da drüben sind nur betäubt.« Ich werde den einen nicht erwähnen, dachte sie, den das Feuer seines eigenen Kameraden getroffen hat und der vielleicht tot ist, weil er einen Moment Mitleid mit mir hatte … »Kommen Sie auf unsere Seite herüber«, versuchte sie ihn zu überreden. »Kapitän Vorkosigan wird Ihnen verzeihen, den Eintrag ins Strafregister löschen, Ihnen eine Medaille geben«, versprach sie auf gut Glück.
    »Welche Medaille?«
    »Wie soll ich das wissen? Jede, die Sie haben wollen. Sie müssen nicht einmal jemanden umbringen. Ich habe noch einen Betäuber.«
    »Welche Garantie habe ich?«
    Verzweiflung machte sie wagemutig. »Vorkosigans Wort. Sagen Sie ihm, ich hätte es Ihnen gegenüber verpfändet.«
    »Wer sind Sie, dass Sie sein Wort verpfänden können.«
    »Lady Vorkosigan, wenn wir beide es überleben.« Eine Lüge? Wahrheit? Eine hoffnungslose Phantasievorstellung?
    Tafas stieß einen Pfiff aus und starrte zu ihr nach oben. Sein Gesicht zeigte, dass er ihr zu glauben begann. »Wollen Sie wirklich dafür verantwortlich sein, dass hundertfünfzig ihrer Freunde im Vakuum ersticken, nur um die Karriere von diesem Spion des Ministers zu retten?«, fügte sie überzeugend hinzu.
    »Nein«, sagte er entschlossen. »Geben Sie mir den Betäuber.«
    Jetzt muss ich ihm Vertrauen schenken … Sie ließ den Betäuber zu ihm hinabfallen. »Drei k.o. und noch sieben zu erledigen. Wie machen wir das am besten?«
    »Ein paar kann ich noch hier hereinlocken. Die anderen sind am Haupteingang. Wir können sie von hinten angreifen, wenn wir Glück haben.«
    »Also los!«
    Tafas öffnete die Tür. »Es war ein Gasleck«, er hustete überzeugend. »Hilf mir, diese Burschen hier herauszuziehen, und dann werden wir die Tür abschließen.«
    »Ich könnte schwören, ich habe vorhin einen Betäuberschuss gehört«, sagte sein Kamerad, als er hereinkam.
    »Vielleicht wollten sie uns auf sich aufmerksam machen.«
    Auf dem Gesicht des Meuterers erschien Misstrauen, als ihm aufging, wie unsinnig diese Erklärung war.

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