Scherben der Ehre
dahin nicht zurück bin, dann komme ich nicht. Volle Kraft dann, und schauen Sie nicht zurück. Wie viele Männer hatten Radnov und Darobey bei sich?«
»Zehn oder elf, vermute ich«, sagte Stuben.
»In Ordnung. Geben Sie mir Ihren Betäuber. Los, los, los!«
»Captain, wir sind hierher gekommen, um Sie zu retten!«, rief Stuben verwirrt.
Sie legte die Hand auf seine Schulter. »Ich weiß. Ich danke Ihnen.« Sie rannte los.
Als sie sich dem Maschinenraum vom darüberliegenden Deck aus näherte, kam sie zu einer Kreuzung von zwei Korridoren. Am Ende des größeren versammelte sich eine Gruppe von Männern und überprüfte ihre Waffen.
Am Ende des kleineren sicherten zwei Männer eine Pfortluke zum nächsten Deck, einen letzten Kontrollpunkt vor den Bereich, der Radnovs Feuer ausgesetzt war. Einer von ihnen war Küchensoldat Nilesa. Sie stürzte sich auf ihn.
»Kapitän Vorkosigan hat mich heruntergeschickt«, log sie. »Er will, dass ich einen letzten Versuch zu Verhandlungen starte, weil ich in dieser Sache neutral bin.«
»Das ist zwecklos«, stellte Nilesa fest.
»Das hofft er auch«, sagte sie aus dem Stegreif. »Es wird sie aber hinhalten, während er sich vorbereitet. Können Sie mich da reinbringen, ohne dass jemand aufgescheucht wird?«
»Ich kann es mal versuchen, denke ich.« Nilesa trat vor und löste die Klammern an einer kreisförmigen Luke im Boden am Ende des Korridors.
»Wie viele Wachen sind an diesem Eingang?«, flüsterte sie.
»Zwei oder drei, glaube ich.«
Die Luke schwenkte hoch und gab den Blick auf ein Zugangsrohr frei, mit einer Leiter an einer Seite und einer Stange in der Mitte.
»Heh, Wentz!«, rief Nilesa nach unten.
»Wer ist dort?«, antwortete eine Stimme von unten.
»Ich, Nilesa. Kapitän Vorkosigan möchte dieses betanische Püppchen runterschicken, damit sie mit Radnov redet.«
»Wozu?«
»Wie, zum Teufel, soll ich das wissen? Ihr seid doch die Burschen, die angeblich Wanzen in jedermanns Koje haben. Vielleicht ist sie alles in allem doch nicht so gut im Bett.« Mit einem Achselzucken bat Nilesa sie um Verzeihung, und sie nahm sie mit einem Kopfnicken an.
Unten gab es eine Debatte im Flüsterton. »Ist sie bewaffnet?«
Cordelia, die beide Betäuber schussbereit machte, schüttelte den Kopf.
»Würdest du einem betanischen Püppchen eine Waffe in die Hand geben?«, rief Nilesa zurück und beobachtete verblüfft ihre Vorbereitungen.
»Also gut. Schick sie rein, klammere die Luke zu und lass sie runterrutschen. Wenn du die Luke nicht zumachst, bevor sie rutscht, dann werden wir sie erschießen. Kapiert?«
»Okay«
»Wie sieht es da unten aus?«, wollte sie von Nilesa wissen.
»Unangenehm. Sie kommen in einer Art Nische im Lagerraum neben dem Hauptsteuerraum an. Da kann auf einmal nur einer durch, und man ist da drin festgenagelt wie auf einer Zielscheibe, mit der Wand auf drei Seiten. Das ist absichtlich so konstruiert.«
»Keine Möglichkeit, sie dort anzugreifen? Ich meine, Sie planen das nicht?«
»Auf keinen Fall, nie im Leben.«
»Gut. Danke.«
Cordelia kletterte in das Rohr hinein, und Nilesa schloss die Luke über ihr; es klang wie der Deckel eines Sarges.
»In Ordnung«, erklang die Stimme von unten, »rutschen Sie herunter.«
»Es ist so weit da hinunter«, rief sie zurück; es war ganz leicht für sie, ängstlich zu klingen. »Ich habe Angst.«
»Machen Sie schon! Ich fang Sie auf.«
»In Ordnung.« Sie schlang ihre Beine und einen Arm um die Stange. Ihre Hand zitterte, als sie den zweiten Betäuber in das Halfter stieß. Ihr Magen rebellierte. Sie schluckte, atmete tief ein, um die Eingeweide zu besänftigen, hielt ihren Betäuber schussbereit und rutschte hinunter.
Sie landete unten Gesicht an Gesicht mit dem Mann, der seinen Nervendisruptor nachlässig in der Höhe ihrer Taille hielt. Seine Augen weiteten sich, als er ihren Betäuber sah. Hier profitierte sie von der barrayaranischen Sitte, Kriegsschiffe nur mit Männern zu besetzen, denn er zögerte genau einen Sekundenbruchteil, auf eine Frau zu schießen. In diesem Sekundenbruchteil feuerte sie zuerst. Er sank schwer über ihr zusammen, sein Kopf hing schlaff über ihrer Schulter. Sie straffte sich und hielt ihn als einen Schild vor sich.
Ihr zweiter Schuss streckte den zweiten Mann nieder, als er gerade mit seinem Disruptor zielen wollte. Der dritte Wachposten gab einen hastigen Schuss ab, der von dem Rücken des Mannes absorbiert wurde, den sie hielt, jedoch versengte der Nimbus des
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