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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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»Sie hatten doch keine Betäuber«, begann er. Glücklicherweise trat in diesem Augenblick der zweite Mann ein.
    Cordelia und Tafas feuerten gleichzeitig.
    »Fünf k.o. noch fünf zu erledigen«, sagte Cordelia und ließ sich auf den Boden fallen. Ihr linkes Bein knickte ein; sie konnte es nicht richtig bewegen. »Die Chancen werden immer besser.«
    »Wir sollten lieber schnell machen, falls es überhaupt klappt«, warnte Tafas.
    »Einverstanden.«
    Sie glitten zur Tür hinaus und liefen durch den Maschinenraum. Hier arbeitete die Technik automatisch weiter, egal, wer Herr auf dem Schiff war. Einige reglose Gestalten in schwarzen Uniformen lagen auf dem Boden. An der nächsten Ecke mahnte Tafas mit erhobener Hand zur Vorsicht. Cordelia nickte. Er ging ruhig um die Ecke, sie drückte sich genau an die Kante und wartete. Als Tafas seinen Betäuber hob, schob sie sich um die Ecke und suchte ein Ziel. Der Raum verengte sich hier und endete im Haupteingang zum darüberliegenden Deck. Fünf Männer standen dort, ihre Aufmerksamkeit auf das Klirren und Zischen gerichtet, das gedämpft durch eine Luke am Kopf einer metallenen Leiter drang.
    »Sie machen sich bereit zum Sturm«, sagte einer. »Es ist Zeit, die Luft herauszulassen.«
    Berühmte letzte Worte, dachte sie und feuerte, einmal, ein zweites Mal.
    Tafas feuerte auch, fächerförmig auf die ganze Gruppe, und schon war es vorbei. Nie wieder, schwor sie sich im stillen, werde ich einen von Stubens Tricks verrückt nennen. Am liebsten hätte sie ihren Betäuber zu Boden geworfen und als Reaktion auf das Geschehene ein Kriegsgeheul angestimmt und getanzt, aber ihre Aufgabe war noch nicht zu Ende.
    »Tafas«, rief sie. »Ich muss noch etwas tun.« Er trat zu ihr, selber noch etwas zitterig.
    »Ich habe Sie hier herausgeholt, und ich brauche einen Gefallen als Gegenleistung. Wie kann ich die Steuerung der Plasma-Fernwaffen so außer Betrieb setzen, dass man sie anderthalb Stunden nicht wieder benutzen kann?«
    »Warum wollen Sie das machen? Hat der Kapitän das befohlen?«
    »Nein«, sagte sie ehrlich. »Der Kapitän hat nichts von alldem befohlen, aber ihm wird es gefallen, wenn er es sieht, meinen Sie nicht?«
    Verdutzt stimmte Tafas zu. »Wenn Sie an dieser Steuertafel einen Kurzschluss erzeugen«, sagte er »dann dürfte das die Dinge ziemlich verzögern …«
    »Geben Sie mir Ihren Plasmabogen …«
    Muss ich? , fragte sie sich, als sie die Instrumente überblickte.
    Ja. Er würde auf uns feuern lassen, genau so sicher wie ich nach Hause abhaue.
    Vertrauen ist eine Sache; Verrat eine andere. Ich habe nicht den Wunsch, ihn bis zur Vernichtung auf die Probe zu stellen.
    Nun, wenn Tafas mich nicht zum Narren hält, indem er mir die Steuerung der Toiletten oder sonst was zeigt … Sie schoss auf die Steuertafel und schaute in einer momentanen primitiven Faszination zu, wie sie funkenstiebend zerbarst.
    »Nun«, sagte sie und gab ihm den Plasmabogen zurück, »brauche ich ein paar Minuten Vorsprung. Dann können Sie die Tür öffnen und der Held sein. Ich rate Ihnen, zuerst zu rufen und sie zu warnen. Sergeant Bothari ist vorne dran.«
    »In Ordnung. Danke.«
    Sie blickte zur Haupteingangsluke hinauf. Jetzt ist er etwa drei Meter entfernt, dachte sie. Eine unüberbrückbare Kluft. In der Physik der Herzen ist die Entfernung also relativ, die Zeit – die ist absolut. Die Sekunden tickten vorbei. Es war ihr als liefen Spinnen an ihrem Rückgrat hinab.
    Sie kaute an ihrer Lippe und fasste Tafas ins Auge. Letzte Chance, eine Botschaft für Vorkosigan zurückzulassen – nein. Die Absurdität des Gedankens, die Worte ›Ich liebe dich‹, durch Tafas’ Mund übertragen zu lassen, schüttelten sie mit schmerzhaftem innerem Gelächter. ›Meine Empfehlungen‹ klang ziemlich geschwollen unter diesen Umständen, ›meine besten Wünsche‹ zu kalt, das einfachste von allen wäre ›Ja!‹ …
    Sie schüttelte stumm den Kopf und lächelte dem verwirrten Soldaten zu, dann lief sie zurück in den Lagerraum und kletterte die Leiter hoch. Sie klopfte in einem bestimmten Rhythmus an die Luke. Einen Augenblick später wurde geöffnet. Als erstes sah sie einen Plasmabogen, den Küchensoldat Nilesa ihr direkt vor die Nase hielt.
    »Ich habe ein paar neue Bedingungen, die ich Ihrem Kapitän mitteilen muss«, sagte sie schlagfertig. »Sie sind ein bisschen verrückt, aber ich glaube, sie werden ihm gefallen.«
    Nilesa war überrascht, ließ sie jedoch heraus und verschloss die Luke wieder.

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