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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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seine kosmopolitische Bildung nicht so vollständig war wie er angenommen hatte. Er starrte lange Zeit in die Schublade, die Cordelia so hastig geschlossen hatte.
    »Der Kaiser zum Beispiel wird erfreut sein«, sagte Vorkosigan. »Aber – nur ganz insgeheim.«
    »Tatsächlich war ich festgebunden, als es geschah. Sergeant Bothari kommt die Ehre zu.«
    Vorkosigan blickte auf Bothari, der immer noch zusammengekauert am Boden saß. »Hm.« Er blickte sich zum letzten Mal in dem Raum um.
    »Irgend etwas hier erinnert mich stark an die bemerkenswerte Szene, als wir in meinen Maschinenraum eindrangen. Es zeigt Ihre persönliche Handschrift. Meine Großmutter hatte eine Redewendung dafür – etwas über spät, und einen Dollar …«
    »Einen Tag zu spät und einen Dollar zu knapp?«, schlug Cordelia unwillkürlich vor.
    »Ja, das war es.« Er biss sich auf die Lippe, um ein ironisches Lächeln zu unterdrücken. »Eine sehr betanische Bemerkung – ich beginne zu verstehen, warum.« Sein Gesicht erhielt die Maske kühler Neutralität aufrecht, aber seine Augen betrachteten sie forschend in geheimer Qual.
    »Kam ich etwa zu spät?«
    »Überhaupt nicht«, versicherte sie ihm. »Sie kamen … hm … genau zur rechten Zeit. Ich zitterte in panischer Angst und fragte mich, was ich als nächstes tun sollte.«
    Er wandte sich von Illyan ab, und ein Lächeln, das er schnell unterdrückte, ließ kurz Fältchen in seinen Augenwinkeln erscheinen. »Es scheint also, als rettete ich meine Flotte vor Ihnen«, murmelte er. »Daran dachte ich eigentlich nicht, als ich hier heraufkam, aber ich bin froh, dass ich irgend etwas rette.« Er hob die Stimme. »Sobald Sie fertig sind, Illyan, schlage ich vor dass wir uns zu weiterer Diskussion in meine Kabine begeben.«
    Vorkosigan kniete neben Bothari nieder und musterte ihn. »Dieser verdammte Scheißkerl hat ihn wieder fast ruiniert«, knurrte er. »Nach seiner Zeit mit mir ging es beinahe gut. Sergeant Bothari«, sagte er etwas sanfter, »können Sie ein kleines Stück mit mir gehen?«
    Bothari murmelte etwas Unverständliches in seine Knie.
    »Kommen Sie her Cordelia«, sagte Vorkosigan. Es war das erste Mal, dass sie ihren Vornamen aus seinem Mund hörte. »Schauen Sie, ob Sie ihn hochbekommen. Ich glaube, ich sollte ihn gerade jetzt besser nicht anrühren.«
    Sie kniete sich nieder in Botharis Blickfeld. »Bothari, Bothari, schauen Sie mich an. Sie müssen aufstehen und ein kleines Stück gehen.« Sie nahm seine blutbefleckte Hand und versuchte, an einen vernünftigen, oder noch besser: an einen unvernünftigen Satz zu denken, der ihn erreichen könnte.
    Sie versuchte zu lächeln. »Schauen Sie her! Sehen Sie es? Sie sind mit Blut gewaschen. Blut wäscht Sünden ab, nicht wahr? Jetzt wird alles gut mit Ihnen. Der Böse ist dahin, und nach einer kleinen Weile werden die bösen Stimmen auch verschwinden. Also kommen Sie jetzt mit mir und ich bringe Sie dorthin, wo Sie sich ausruhen können.«
    Während dieser Worte konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit allmählich auf sie, und schließlich nickte er und stand auf. Sie hielt ihn noch an der Hand und folgte Vorkosigan hinaus, Illyan bildete die Nachhut. Sie hoffte, ihr psychologisches Heftpflaster möge halten; jede Art von Schreck konnte Bothari wie eine Bombe hochgehen lassen.
    Sie war erstaunt, als sich herausstellte, dass Vorkosigans Kabine nur eine Tür weiter war, auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors.
    »Sind Sie der Kapitän dieses Schiffes?«, fragte sie. Seine Kragenabzeichen, die sie jetzt genauer anschaute, wiesen ihn als einen Kommodore aus. »Waren Sie die ganze Zeit hier?«
    »Nein, ich bin beim Stab. Mein Kurierschiff kam gerade vor ein paar Stunden von der Front. Ich war seitdem ständig in einer Besprechung mit Admiral Vorhalas und dem Prinzen. Sie ging gerade zu Ende. Ich kam direkt hier herauf, als der Wachsoldat mir von Vorrutyers neuer Gefangenen erzählte. Sie – selbst in meinen schlimmsten Alpträumen hätte ich nicht geträumt, dass Sie es sein könnten.«
    Vorkosigans Kabine erschien friedlich wie eine Mönchszelle nach dem Blutbad, das sie auf der anderen Seite des Gangs zurückgelassen hatten. Alles entsprach der Dienstvorschrift, eine richtige Soldatenbude.
    Vorkosigan sperrte die Tür hinter ihnen ab. Er rieb sein Gesicht, seufzte und verschlang Cordelia förmlich mit den Augen. »Sind Sie sicher dass mit Ihnen alles in Ordnung ist?«
    »Ich bin nur etwas durcheinander. Ich wusste, dass ich Risiken

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