Scherben der Ehre
halten, für den Fall, dass wir gezwungen werden, uns zurückzuziehen. Wie der Kaiser in der Ratssitzung sagte: da ich so überzeugt war dass es ein Misserfolg werden würde, könnte ich verdammt gut die Planung dafür übernehmen. Ich werde hier zur Zeit ein bisschen als fünftes Rad am Wagen angesehen.«
»Die Dinge laufen gut für Ihre Seite, nicht wahr?«, fragte sie bedrückt.
»Wir haben uns ganz schön übernommen. Einige Leute betrachten das als einen Fortschritt.« Er gab einige neue Daten ein, dann schaltete er das Terminal ab.
Sie versuchte, das Gespräch von der gefährlichen Gegenwart wegzulenken. »Verstehe ich recht, dass Sie letztendlich nicht des Verrats beschuldigt wurden?«, fragte sie und dachte dabei an das letzte Gespräch, das sie miteinander geführt hatten, vor langer Zeit weit weg auf einer anderen Welt.
»Ach, es gab eine Art von Unentschieden. Ich wurde nach Barrayar zurückgerufen, nachdem Sie entkommen waren. Minister Grishnov, der Chef der Politischen Erziehung und in der realen Machtstruktur der dritte Mann nach dem Kaiser und Oberst Negri, war fast aus dem Häuschen vor Begeisterung, so überzeugt war er, er hätte mich endlich erwischt. Aber meine Beweise gegen Radnov waren unwiderlegbar.
Der Kaiser schritt ein, bevor wir Blut vergießen konnten, und erzwang einen Kompromiss, oder korrekter, einen Schwebezustand. Ich bin noch nicht tatsächlich entlastet, die Beschuldigungen hängen noch irgendwo juristisch im Raum.«
»Wie hat er das gemacht?«
»Mit einem Trick. Er gab Grishnov und der ganzen Kriegspartei alles, was sie verlangt hatten, das ganze Escobar-Vorhaben auf einem Tablett, und mehr. Er gab ihnen den Prinzen. Und den ganzen Kredit. Nach der Eroberung von Escobar werden Grishnov und der Prinz jeder sich für den faktischen Herrscher von Barrayar halten. Er brachte sogar Vorrutyer dazu, dass er meine Beförderung schluckte. Wies ihn darauf hin, dass er mich direkt unter seinem Kommando haben würde. Vorrutyer ging sofort ein Licht auf.« Vorkosigan biss bei einer schmerzlichen Erinnerung die Zähne zusammen und seine Hand ballte sich einmal unbewusst zur Faust zusammen und öffnete sich wieder.
»Wie lange haben Sie ihn schon gekannt?«, fragte sie vorsichtig und dachte an den bodenlosen Brunnen von Hass, in den sie hinabgefallen war.
Sein Blick wandte sich von ihr ab. »Wir waren in der Schule und als Leutnants zusammen, damals, als er noch ein gewöhnlicher Voyeur war. Wie ich hörte, war er in den letzten Jahren schlimmer geworden, seit er mit Prinz Serg verkehrte und dachte, er könne bei allem ungeschoren davonkommen. Gott helfe uns, er hatte fast recht. Bothari hat dem Staat einen großen Dienst erwiesen.«
Doch Sie haben ihn noch besser gekannt, dachte Cordelia. War das die Ansteckung Ihrer Phantasie, die so schwer loszuwerden war? Es scheint, Bothari hat auch einer Privatperson einen großen Dienst erwiesen … »Da wir von Bothari sprechen – nächstes Mal geben Sie ihm das Beruhigungsmittel. Er wurde wild, als ich mit der Ampulle auf ihn losging.«
»Ach ja. Ich glaube, ich weiß warum. Es stand darüber etwas in einem von Oberst Negris Berichten. Vorrutyer hatte die Gewohnheit, seine … hm … Spieler unter Drogen zu setzen, mit verschiedenen zusammengemischten Stoffen, wenn er eine bessere Show haben wollte. Ich bin mir ziemlich sicher dass Bothari in dieser Hinsicht eines seiner Opfer war.«
»Abscheulich.« Ihr wurde übel. Ihre Muskeln krampften sich um den Schmerz in ihrer Seite zusammen. »Wer ist dieser Oberst Negri, über den Sie ständig reden?«
»Negri? Er hält sich zurück, aber er ist kaum geheim. Er leitet den persönlichen Sicherheitsstab des Kaisers. Er ist Illyans Boss. Man nennt ihn Ezar Vorbarras Vertrauten.
Wenn man das Ministerium für Politische Erziehung als die rechte Hand des Kaisers betrachtet, dann ist Negri seine linke, diejenige, von der die rechte nichts wissen darf. Er überwacht die innere Sicherheit auf den höchsten Ebenen – die Chefs der Ministerien, die Grafen, die Familie des Kaisers – den Prinzen …« Vorkosigan runzelte die Stirn. »Ich habe ihn ziemlich gut kennengelernt während der Vorbereitungen auf diesen Alptraum eines Strategen. Seltsamer Bursche. Er könnte jeden Rang haben, den er wollte. Aber äußere Formen sind für ihn bedeutungslos. Er ist nur am Wesentlichen interessiert.«
»Ist er gut oder schlimm?«
»Was für eine absurde Frage!«
»Ich hatte nur gedacht, dass er die Macht hinter dem
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