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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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»Tatsächlich hofft er, er könnte mit Ihnen zusammen einige Reden halten, aber das können wir später noch besprechen. Also, wir erwarten zwar nicht, dass die Heldin von Escobar an Lampenfieber leidet, aber wir haben einige Aussagen für Sie vorbereitet. Ich werde die ganze Zeit an Ihrer Seite sein und Ihnen bei den Stichworten und mit den Presseleuten helfen.« Er überreichte ihr einen Handprojektor. »Versuchen Sie überrascht auszusehen, wenn Sie den ersten Schritt aus dem Shuttle tun.«
    »Ich bin überrascht.« Sie überflog schnell den Text. »D-das ist ein H-Haufen Lügen!«
    Er blickte besorgt drein. »Hatten Sie diesen kleinen Sprachfehler schon immer?«, fragte er vorsichtig.
    »N-nein, er ist mein Souvenir vom escobaranischen Psycho-Dienst und dem v-vergangenen Krieg. Wie dem auch sei, wer hat sich diesen B-Blödsinn ausgedacht?« Die Zeile, die ihr besonders aufgefallen war, bezog sich auf ›den feigen Admiral Vorkosigan und seine Bande von Schlägern.‹ »Vorkosigan ist der tapferste Mann, den ich je getroffen habe.«
    Gould nahm sie fest am Oberarm und führte sie zur Luke des Shuttles.
    »Wir müssen jetzt gehen, um das Timing des Holovids einzuhalten.
    Vielleicht können Sie einfach diese Zeile auslassen, okay? Lächeln Sie jetzt!«
    »Ich möchte zu meiner Mutter gehen.«
    »Sie ist schon beim Präsidenten. Also los.«
    Sie traten aus der Lukenröhre in eine wogende Menge von Männern, Frauen und Geräten. Alle begannen sofort, sie mit Fragen zu bombardieren. Cordelia fing am ganzen Körper zu zittern an, in Wellen, die in ihrer Magengrube begannen und von dort nach allen Seiten ausstrahlten. »Ich kenne überhaupt niemanden von diesen Leuten«, zischte sie Gould zu.
    »Gehen Sie weiter«, zischte er mit starrem Lächeln zurück. Sie bestiegen ein Podium auf dem Balkon, von dem aus man die Halle des Raumhafens überblicken konnte. Die Halle war vollgepackt mit einer bunten Menge in Festtagsstimmung. Cordelia nahm alles nur verschwommen wahr. Endlich erblickte sie ein vertrautes Gesicht, ihre Mutter, die lächelte und weinte, und sie fiel ihr in die Arme, zum Entzücken der Presse, die diese Szene ausgiebig festhielt.
    »Bring mich hier raus, so schnell du kannst«, flüsterte sie ihrer Mutter ungestüm ins Ohr. »Ich drehe sonst durch.«
    Ihre Mutter hielt sie mit ausgestreckten Armen, verstand nichts und lächelte immer noch. Dann kam Cordelias Bruder, hinter ihm drängte sich nervös und stolz seine Familie, und alle, so kam es Cordelia vor, verschlangen sie mit ihren Blicken.
    Schließlich entdeckte sie ihre Crew. Die Männer trugen ebenfalls die neuen Uniformen und standen mit einigen Regierungsfunktionären zusammen. Parnell gab ihr ein Zeichen mit dem nach oben gereckten Daumen und grinste dabei wie verblödet. Dann wurde sie hinter ein Rednerpult geschoben, wo sie neben dem Präsidenten von Kolonie Beta zu stehen kam.
    Steady Freddy erschien ihren verwirrten Augen überlebensgroß, gewaltig und voller Energie. Vielleicht war das der Grund, weshalb er über Holovid so gut wirkte. Er umfasste ihre Hand und hob sie mit der seinen hoch, und die Menge jubelte dazu. Cordelia kam sich dabei idiotisch vor.
    Der Präsident gab eine hübsche Vorstellung mit seiner Rede und benutzte dazu nicht einmal den Prompter. Sie war durchtränkt mit dem chauvinistischen Patriotismus, der ihre Heimat so berauscht hatte, als Cordelia ihre Mission antrat, und mit keinem Wort wurde die Wahrheit erwähnt, nicht einmal vom betanischen Standpunkt aus. Der Präsident arbeitete sich allmählich und mit perfektem propagandistischem Talent zu der Medaille vor. Cordelias Herz begann heftig zu pochen, als sie erkannte, worauf es hinauslief. Sie versuchte verzweifelt, dieser Erkenntnis auszuweichen und wandte sich an den Pressesekretär.
    »Ist das für meine Mannschaft, wegen den Plasmaspiegeln?«
    »Die haben schon ihre Medaillen.« Würde er je aufhören mit seinem Grinsen? »Die hier ist ganz für Sie allein.«
    »Ich v-verstehe.«
    Die Medaille, so schien es, sollte ihr dafür verliehen werden, dass sie als tapfere Einzelkämpferin Admiral Vorrutyer ermordet hatte. In Wirklichkeit vermied Steady Freddy das Wort ›ermorden‹, ebenso andere grobe Ausdrücke wie ›umbringen‹ oder töten, und bevorzugte geschmeidigere Formulierungen wie ›das Universum von einer Viper der Bosheit befreien‹.
    Die Rede näherte sich ihrem Ende, und der Präsident hängte ihr eigenhändig die höchste Auszeichnung von Kolonie Beta um

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