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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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sie anzulügen. Er hatte sie liebkost und geküsst, zärtliche Worte in ihr Ohr geflüstert, ohne etwas von ihr zu erwarten. Für einen kurzen Augenblick konnte Vanessa sich sogar vorstellen, dass er sie mochte.
    Und obwohl sie merkte, dass bereits Blut von ihrer weichen Haut auf die weißen Kacheln am Boden tropfte, hielt es sie nicht davon ab, auch die andere Seite zu wachsen.
     
    Als Vanessa an diesem Abend in ihrem Bett lag, schämte sie sich für das Blutfest in ihrem Badezimmer. Noch jetzt span nte die getrocknete Kruste die Haut in ihrem Intimbereich, und für die nächsten Tage sollte sie sich eine gute Ausrede einfallen lassen, falls Jonas sich doch plötzlich nach Sex sehnte.
    Doch sie bereute es nicht.
    Diese Augenblicke im Badezimmer, wenn sie nackt vor dem Spiegel stand und der Schmerz ihren Körper erfüllte, gehörten zu den besten in ihrem Leben. Sie wollte – brauchte – diese Erlösung. Doch die Art und Weise, sie war falsch. Das wusste Vanessa, aber es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Dafür fühlte es sich einfach zu richtig an.
    Sich auf diese Weise der Körperhaare zu entledigen, ve rlieh ihr das Gefühl, schön und liebenswert zu sein. Was für sie zählte, war nicht das Ergebnis, nicht das Ziel, sondern der Weg. Das Enthaaren auf diese schmerzhafte Weise, selbst wenn noch nicht einmal Stoppeln zu sehen waren, verlieh ihrem Tun zumindest oberflächlich einen Hauch von Normalität. Die sie brauchte. Normalität, wenn auch nur vorgetäuscht. Denn ihre Gefühle quälten sie. In diesen Momenten, in denen sie sich in ihrem Körper am wohlsten fühlte, hasste sie sich selbst am meisten. Aber so war es bei ihr mit allen schönen Dingen im Leben.
     
     
    Sonntag, 22. Juni
     
    Es sollte eine Überraschung sein. Eine Überraschung für J onas und eine Prüfung für Vanessa. Sie wollte sicher gehen, dass sie Jonas nicht nur geträumt hatte und vielleicht auch sehen, ob er nicht doch seine Meinung geändert hatte.
    Er wohnte in einer der moderneren Ecken von Altona. Bei ihrer letzten Verabredung hatte er ihr erzählt, dass er gege nüber der Holstenbrauerei wohne und an heißen Tagen der Geruch von altem Bier in der seiner Wohnung läge, weshalb er dringend ausziehen wolle. Nach einiger Recherche im Internet war es Vanessa ein Leichtes gewesen, seine Adresse herauszufinden.
    Jonas hatte sie am Samstagvormittag angerufen, um »ihre Stimme zu hören«, doch ein Date am selben Abend hatte er abgelehnt. Schon seit Wochen sei ein Treffen mit alten Schulkumpeln geplant, das er nicht versäumen wolle. Vane ssa hatte ihm geglaubt – zumindest wollte sie es. Trotzdem fühlte es sich erneut wie eine Zurückweisung an, die sie nur schwer verkraftete.
    Im Treppenhaus seines Wohnhauses war es angenehm kühl, nachdem sich am frühen Vormittag eine seltsame Schwüle über die Stadt gelegt hatte. Eine südländisch aussehende, junge hübsche Frau hatte ihr die Tür geöffnet, als diese ger ade das Haus verließ. So würde es für Jonas eine Überraschung sein.
    Von den Klingelknöpfen wusste Vanessa, dass er im zweiten Stock wohnte, und so ließ sie den hochmodernen Fah rstuhl links liegen und nahm die Treppe. Vor seiner Wohnungstür zögerte sie. Nervös zupfte sie ihre Haare zurecht. Sie wollte unbedingt gut für ihn aussehen, als würde ihre optische Erscheinung einen Unterschied machen, ob er sie mochte oder nicht.
    Als sie schließlich klingelte, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Alles war mö glich, alles konnte passieren. Es dauerte einen Augenblick, bevor etwas geschah, und Vanessa befürchtete schon, Jonas könnte nicht zu Hause sein. Doch dann war aus dem Inneren seiner Wohnung ein Rumpeln zu hören, und schlagartig wurde die Tür aufgerissen. Erschrocken zuckte Vanessa zurück.
    »Was …?«
    Jonas stand nur mit einer Jeans bekleidet vor ihr und blickte Vanessa erstaunt an.
    »Was machst du hier, Vanessa?«, beendete er schließlich se inen Satz.
    Vanessa stieg bei seinem Anblick das Blut in den Kopf. Er sah außerordentlich gut aus, und sein nackter Oberkörper brachte sie in Verlegenheit. Er war perfekt, makellos, ei nschüchternd. Sein Körper war schlank, die helle Haut spannte über den Ansatz seiner Muskeln, und die tief sitzende Hose gab seine Leisten preis. Vanessas Mund wurde trocken, und sie versuchte, ihre Lippen zu befeuchten.
    »Darf ich reinkommen?«
    Jonas wirkte plötzlich besorgt. »Alles in Ordnung?«
    Vanessa nickte schwach. »Ja. Lässt du mich rein?«
    Verlegen drehte er sich

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