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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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verließ schließlich die Wohnung.
    Während ihres Rückwegs – es braute sich bereits ein mächt iges Gewitter zusammen – wurden Vanessa schlagartig zwei Dinge bewusst: Obwohl sie bestimmt eine Viertelstunde dort gewesen war, hatte sie nichts von Jonas‘ Wohnung gesehen. Und: am nächsten Tag würden sie in der Werbeagentur aufeinander treffen, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie sich dort ihm gegenüber verhalten sollte.
     
     
    Montag, 23. Juni
     
    Als Vanessa am nächsten Tag ins Büro kam, war von Jonas keine Spur zu sehen. Ausgerechnet von Friederike erfuhr sie, dass er die Präsentation für das letzte Qua rtal bei ihrem Vater vorstellte. Dabei spielte sie sich auf, als hätte Jonas ihr dies persönlich ins Ohr geflüstert. Vanessa sagte nichts dazu, auch nicht zu dem bösartigen Zettel, den sie ihr unter der Tür hindurch geschoben hatte.
    Für die nächste Dreiviertelstunde verschwand Vanessa in i hrem eigenen Büro – dem Kopierraum. Und während sie das Papier beobachtete, wie es in regelmäßigen Schüben aus dem Gerät gespuckt wurde, und der summende Lärm sie nahezu in Trance wiegte, bemerkte sie nicht, wie die Zeit verging. Als Vanessa aus dem Kopierraum zurückkehrte, hatte auch Jonas wieder ins Büro gefunden. Friederike saß auf seinem Schreibtisch, während sie und einige andere seinem Bericht über den Verlauf der Präsentation lauschten.
    Vanessa kehrte unbemerkt an ihren Schreibtisch zurück und versuchte, Jonas nicht zu viel Beachtung zu schenken. Sie wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen, obwohl sie Fried erikes fassungslosen Blick schon gerne gesehen hätte.
    Doch plötzlich, als hätte Jonas sie und ihre Unzufriedenheit gespürt, hörte er auf zu reden und drehte sich zu ihr um. Er lächelte sie an, und Vanessas Herz fing heftig an zu klo pfen.
    »Hey, Vanessa«, rief er ihr zu.
    »Hey«, erwiderte sie lächelnd. Er stand auf und kam mit entschlossenen Schritten auf sie zu. Dann küsste er sie ohne Umschweife, und Vanessa schloss ihre Augen. Plötzlich war alles egal, sogar Friederikes Blick. Das Einzige was zählte, war das Gesicht von Jonas, das sie anlächelte, als sie ihre Augen wieder öffnete.
    »Ich hoffe, das ist für dich okay?«, flüsterte er dicht neben ihrem Ohr. Vanessa konnte nur nicken. Er machte kein G eheimnis daraus, dass er … was eigentlich? Sie mochte? Was es auch war, endlich war Vanessa bereit, ihm zu vertrauen. Während sie ihm zuhörte, wie er noch einmal nur für sie den Verlauf seiner Präsentation berichtete, musste sie sich an ihrem Schreibtisch festhalten, um nicht vor Panik das Gleichgewicht zu verlieren. Denn wie bestellt war es plötzlich da, etwas anderes, das ihre Brust brutal in Fetzen reißen wollte: Die Angst vor der Offenbarung, die sie ihm nun schuldete.
     
     
    14 Jahre früher als heute
    Dienstag, 19. Juli
     
    Nicky wusste, dass sie ihn hasste. Er verstand nur noch nicht, warum das so war. Er hatte ihr nichts getan – zumindest nichts, womit er ihre absolute Abneigung verdiente.
    Es war der allabendliche Versuch, wie eine normale F amilie zu wirken. Sie wollte es so, doch sie war auch der Grund dafür, dass ein warmherziges und familiäres Gefühl unmöglich war.
    Sie saßen gemeinsam in dem schmuddeligen Wohnzimmer der lächerlichen Im itation einer netten Einfamilienhaushälfte an dem kleinen, wackeligen Esstisch, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, und aßen zu Abend. Sie, das waren Nicky, seine Mutter und der Mann, von dem seine Mutter behauptete, er sei sein Vater. Nicky hatte jedoch die drängende Ahnung, dass er es nicht war. Der Mangel an emotionaler Nähe und das Defizit an jeglicher Ähnlichkeit untermauerten seine Vermutung. Zudem glaubte Nickys Mutter bereits seit Jahren, Monogamie sei ein Brettspiel für zwei bis fünf Erwachsene.
    Sie hatte an diesem Abend mal wieder gekocht, zumindest hatte sie es so b ezeichnet. Doch was dabei herausgekommen war, war nur wenig essbar, und doch musste Nicky es sich hineinzwingen, damit seine Mutter nicht wieder wütend wurde. Ein kurzer Seitenblick zu seinem Vater verriet ihm, dass dieser die Abartigkeit an menschlichen Speisen aß, als würde es ihm nichts ausmachen. Doch vermutlich tat es das auch nicht. Er war wie eine Maschine, ein Roboter, der ohne zu fragen und ohne etwas zu sagen alles akzeptierte.
    »Und, schmeckt‘s?«, fragte seine Mutter irgendwann, und Nicky wusste, dass sie nur versuchte, ihn zu provozieren. Sie wollte ihn testen, eine Reaktion herausfo

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