Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
weiterhin fest. »Auf diesem Auge bin ich für gewöhnlich blind.«
Jetzt wirkte Jonas doch etwas ratlos. »Wer bist du nur?«
Vanessa zuckte gleichgültig die Schultern. »Spielt das wir klich eine Rolle?«
»Wie alt bist du?«, fragte er plötzlich.
»Was?«
»Wie alt bist du?«
»Warum willst du das wissen?«
Jonas wirkte plötzlich unglaublich ernst. »Ich bin fast dreißig Jahre alt. Meine wilden Jahre sind vorbei, ich bin o ffen für etwas, was Substanz hat. Aber was ist mit dir?«
Vanessa war verwirrt. Noch niemals hatte sie bei jemandem das Gefühl gehabt, er würde sich ernsthaft um sie b emühen. Nicht einmal bei Lennart und schon gar nicht …
»Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin erst zwa nzig, in bin doch noch gar nicht richtig im Leben angekommen.«
Jonas nickte ernüchtert. »Verstehe …«
Vanessa erkannte, dass sie ihn nicht enttäuschen wollte. Doch sie wusste nichts, was sie sagen konnte, um dies zu verhindern. Sie hatte mehr als nur angedeutet, dass sie schwierig war.
»Sehen wir einfach, was passiert?«
Vanessa nickte erleichtert. »Okay. Sehen wir, was passiert!«
Jonas beugte sich zu ihr herunter und küsste sie erneut. Doch als sie Jonas‘ Lippen mit ihrer Zunge probierte, wich er z urück. »Nicht heute Abend«, sagte er, und diesmal wirkte er atemlos und erhitzt. »Aber keine Sorge. Das ist erst der Anfang. Versprochen!« Wieder küsste er sie, diesmal sanft und unschuldig. »Gute Nacht«, flüsterte er und ging davon. Vanessa sah ihm nach, während er die Treppen hinunter eilte und fühlte sich verlassen. Obwohl seine Worte eine andere Bedeutung hatten, war es Vanessa doch, als hätte er sie zurückgewiesen.
Auf der Verpackung stand, man solle den Streifen flach an der Haut entlang abziehen. Vanessa hielt sich jedoch nicht an diese Anweisung. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was mit ‚flach an der Haut entlang abziehen‘ gemeint war.
Nur mit Slip und BH bekleidet stand sie in ihrem kleinen B adezimmer vor dem Spiegel. Die Erinnerungen hingen noch immer an Jonas, an seinen Küssen, seinen Lippen und ihrem eigenen Unverständnis darüber, warum er sie zurückgewiesen hatte. Sie wollte glauben, dass er sie genug mochte, um sie ertragen zu können, doch das konnte sie nicht. Die Zurückweisung schob sich vor ihren Verstand wie eine unsichtbare Mauer, die niemals zu verschwinden schien.
Sie war diesmal früh dran was den Fortschritt des Wach stums anging. Eigentlich war es noch nicht nötig, aber neue Lebensumstände verursachten verschobene Bedürfnisse.
Zunächst nahm Vanessa die milchigen Doppelstreifen aus Seidenpapier mit dem hellbraunen Wachs zwischen ihre Hände und wärmte sie wie die kalte Hand eines geliebten Menschen. Dies geschah mit Sorgfalt, beinahe mit zärtlicher Zuneigung und löste in Vanessa den ersten Anflug von tiefer Zufriedenheit aus. Als die Zeit gekommen war, stellte Vane ssa ihr rechtes Bein auf den Badewannenrand. Sie begann immer mit den Beinen, immer mit dem rechten Schienbein, weil dies ihre unempfindlichste Stelle war. Erst Achselhöhlen und Intimbereich stellten den erwarteten Höhepunkt ihres für gewöhnlich monatlichen Rituals dar.
Vanessa zog den nun aufgewärmten Streifen auseinander und ein seltsamer Geruch von Keller und Teer trat ihr entg egen. Sie kannte diesen Geruch, und sie verband mit ihm ein wohliges Körpergefühl.
Die eine Hälfte legte sie zunächst zur Seite – sie würde später noch zum Einsatz kommen – und platzierte den anderen Streifen gekonnt und durchdacht auf ihrem rechten Schie nbein. Geduldig rieb sie das Seidenpapier gegen ihre Haut, bis schließlich der Moment gekommen war. Mit einem heftigen Ruck, der Vanessa selbst erschreckte, riss sie den Streifen von ihrem Bein ab und mit ihm mehr Haut als Haare. Dennoch, die erwünschte Wirkung blieb aus – wie erwartet. Doch heute war Vanessa ungeduldig. Sie verwarf ihre übliche Vorgehensweise, ließ die Beine außer Acht und wendete sich gleich dem Intimbereich zu.
Dafür zog sie ihren Slip aus und stellte ihren rechten Fuß e rneut auf den Badewannenrand. Doch diesmal ließ sie das Knie locker zur Seite kippen, sodass das einseitig gespreizte Bein freie Sicht und Zugang auf ihre empfindlichste Stelle bot.
Es war eine sinnliche Explosion. Vanessa schloss die A ugen. Es war, als hätte sie sich eine brennende Klinge in die Haut gerammt, und der Schmerz breitete sich auf ihren gesamten Unterleib aus. Sie dachte an Jonas. Er hatte keinen Grund,
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