Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
es nicht sehen konnte. Er stellte das Glas weg, ließ das Lächeln aus seinem Gesicht verschwinden und beugte sich dann zu den Schnallen der Gurte, die er mit zwei einfachen Handgriffen lockerte. Die Verwunderung in Vanessas Gesicht alleine war dieses überschaubare Risiko jedoch wert.
»Dreh dich zur Seite. Ich will mir deinen Rücken ansehen.«
Vanessa presste stur die Lippen aufeinander. »Und wenn ich nicht will?«
Thox war müde, und träge zuckte er mit den Achseln. »Dann werde ich dich zwingen.« Dies schien zurzeit die Antwort auf alles zu sein. Eine Antwort, die Vanessa scheinbar eher a ntrieb als sie abzuschrecken.
Sie überlegte nicht lange. »Sehr fürsorglich«, zischte sie sa rkastisch und drehte sich, soweit die gelockerten Gurte und die gefesselten Handgelenke über ihrem Kopf es zuließen, um. Er zog das einst weiße, inzwischen aber blutdurchtränkte Trägershirt etwas nach oben und begutachtete die Stichverletzung des vergangenen Tages. Die Wunde hatte sich geschlossen und war nun bedeckt von einer harten, fast schwarzen Kruste. Keine Anzeichen einer Blutvergiftung, die Stelle schien sich nicht einmal entzündet zu haben. Die Haut um die Wunde herum spannte zwar, war jedoch nicht gerötet. Dann konnte er sich das Desinfizieren mit seinem besten Whisky also sparen.
Anschließend ließ er Vanessa aufstehen, um ins Badezimmer zu gehen. Sie war recht wackelig auf den Beinen, und er tar nte seine Unterstützung als dominante Führung mit der Hand in ihrem Nacken.
Im Badezimmer ließ er sie – unter seiner Aufsicht – die To ilette benutzen und sich anschließend das Blut aus dem Gesicht waschen. Als sie dann zum Bett zurückkehrten, wirkte Vanessa bereits um einiges kräftiger. Sie zeigte sich kooperativer als die Tage zuvor, doch Thox war nicht so blöd, erneut auf die Gurte zu verzichten. Zumindest nicht, solange er nicht im Raum war.
Er ging in die Küche, um Vanessa etwas zu Essen zuzubere iten. Doch seine Schrankinhalte gaben kein einheitliches Bild ab, und so musste er improvisieren. Seine Entscheidung, sofort zu handeln, war so plötzlich gefallen, dass er nicht daran gedacht hatte, einkaufen zu gehen.
Als er Vanessa einige Zeit später verkochten Reis mit Ke tchup servierte, verzog sie das Gesicht, als hätte er ihr Affenhirn vorgesetzt.
»Ich kann das nicht essen.«
Doch Thox hielt ihr weiterhin den Teller unter die Nase. »Iss das oder iss gar nichts.«
Offenbar angeekelt drehte sie den Kopf zur Seite. »Wenn ich das esse, werde ich mich übergeben. Mein Magen …«
»Ich an deiner Stelle würde das Risiko eingehen, Prinzessin.« Vanessa funkelte ihn wütend an. Thox erwiderte ihren Blick, mit dem sie ihn festhielt. Dann, er hatte schon nicht mehr daran geglaubt, öffnete sie widerspenstig den Mund. Es musste wohl die ‚Prinzessin‘ gewesen sein, überlegte Thox. Und er behielt recht: Die Prinzessin übergab sich nicht.
15:20 Uhr
Es schien, als hätten sie ein Spiel daraus gemacht, sich g egenseitig anzustarren, und wer zuerst wegsah, hatte verloren. Obwohl der Fernseher lief, sah Vanessa ununterbrochen zu Thox hinüber, der wieder einmal in seinem schäbigen Sessel saß, und sah aus, als führe sie etwas im Schilde. Aus diesem Grund ließ Thox sie nicht einen Moment aus den Augen. Seit sie bei ihm war, hatte er bereits mehrfach den Eindruck gewonnen, dass sie unberechenbar war und er bei ihr mit allem rechnen musste.
Plötzlich begann Vanessa, sich unter all ihren Fesseln zu winden. Doch es wirkte nicht wie ein unbehagliches Winden; vielmehr hatte Thox das Gefühl, als versuche sie, ihren Kö rper in eine verführerische Position zu bringen. Neugierig lehnte er sich nach vorne. Sie winkelte ihre Knie etwas an – Thox hatte auf den Gurt über ihre Beine verzichtet, solange er sich im Raum befand. Dann spreizte sie ihre Schenkel. Nur soweit, dass es wie eine gemütliche Position aussah, dennoch aber wie eine unausgesprochene Einladung verstanden werden konnte.
»Dir gefällt, was du siehst«, stellte sie schließlich unumstö ßlich fest.
Thox zuckte überrascht zusammen. Diese Aussage traf ihn wie ein Schlag in den Magen, und er konnte das plötzliche heiße Pochen in seinem Schritt nicht leugnen.
Vanessa brachte scheinbar zufällig ihren Busen in Position, von dem Gurt über ihren Oberkörper nach oben gepresst und durch den weißen Stoff ihres Hemdchens, das in seinen Augen irgendwie immer durchsichtiger wurde. »Ich habe bemerkt, wie du mich angesehen
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