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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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beäugt die Exponate.
    Vor den Stufen zur Empore bremst er sein Gefährt und fragt: »Würde mir jemand hinaufhelfen?«
    Ich zweifle, ihn allein hochstemmen zu können. »Frau Rechberger. Dürfen wir Ihre Hilfsbereitschaft erneut strapazieren?«
    Sie stöhnt wenig überzeugend und willigt contre coeur ein. »Beeilen wir uns!«
    »Cool!«, frohlockt der Junge. »Danke, Frau Rechberger.«
    »Treppab wird Ihnen bestimmt einer der andern Besucher behilflich sein«, meint sie entschuldigend.
    Ob Jürg Lüthi inzwischen die Daten gefunden hat?
     
     

18
     
    »Uff, das war knapp!«, gesteht Jürg Lüthi.
    »Hauptsache, es hat geklappt«, finde ich.
    Für die Rückfahrt vom Schlossberg verzichten wir auf ein Taxi. Der zusammengeklappte Rollstuhl wird im Kofferraum des Fiats verstaut. Stefan setzt sich auf die Rückbank, ich finde auf dem Beifahrersitz Platz und mein Assistent gibt hinter dem Steuer Gas. Wir brausen los. Das Bremspedal wird bis zur Einfahrt in die Hauptstrasse nicht beansprucht.
    Im Lauitorkreisel verkündet Jürg Lüthi endlich: »Ich hab’s.«
    »Super! Gut gemacht!«, lobe ich meinen Assistenten. An den Junior gewandt differenziere ich: »Obschon du mich anfänglich ziemlich auf die Palme gebracht hast, Stefan.«
    »Easy. Du weißt, wer auf so was steigt«, erfrecht sich der Lümmel.
    Jürg Lüthi konzentriert sich derweil auf den Verkehr. Wir sind mit übersetzter Geschwindigkeit unterwegs. In der Freienhofgasse ermahne ich den Rennfahrer zur Mäßigung: »Piano, piano! Wir sollten nicht ausgerechnet heute eine Unfall bauen.«
    »Okay«, meint er trocken und schwenkt zum Maulbeerplatz.
    »Lass’ mich hier aussteigen«, schlage ich vor. »Ich kehre via Brahmsquai heim.«
    Auf der gedeckten Schleusenbrücke werfe ich Minuten später einen beiläufigen Blick in die schäumende Gischt der Aare. Dabei fallen mir hölzerne Trümmer auf, die in einer Wasserwalze rotieren. Bei genauerem Hinsehen gewinne ich den Eindruck, dass es sich dabei um Überreste eines Weinfasses oder eines Bootes handeln könnte. Ich beschließe, Hauptmann Anton Geissbühler über meine Beobachtung zu informieren.
    Bei der Kantonspolizei Bern meldet sich ein Fräulein.
    »Guten Tag. Feller am Apparat. Können Sie mich bitte mit Herrn Geissbühler verbinden?«
    Die Stimme bleibt die Antwort schuldig und fährt ohne Weiteres fort: »Leider können wir Ihren Anruf zurzeit nicht entgegen nehmen. Versuchen Sie es später wieder oder hinterlassen Sie nach dem akustischen Signal eine Nachricht. In dringenden Fällen wählen Sie bitte die Nummer 117 oder 033…«
    Ich häng’ auf, bevor die zweite Zahlenkombination vollständig bekannt ist. Für so dringend halte ich meine Feststellung auf der Schleusenbrücke auch wieder nicht. Dennoch bin ich leicht frustriert, von einem Anrufbeantworter hingehalten worden zu sein. Glücklicherweise steckt mir in diesem Augenblick kein Dolch im Rücken. Riefe ich mit letzter Lebenskraft um Hilfe, sorgte die umständliche Bandansage für tödliches Nervenflattern.
    Ich äffe die Bandansage nach und spreche halblaut vor mich her: »Für Hilfe in deutscher Sprache drücken Sie bitte die Taste 1, für Hilfe in französischer Sprache drücken Sie bitte die Taste 2, für Hilfe …« Die Schweiz ist bekanntlich viersprachig. »Wenn Sie bestohlen wurden, drücken Sie bitte die Taste 5. Falls Sie sich über eine Lärmbelästigung beschweren wollen, schließen Sie bitte die Fenster. Wurden Sie ermordet, lassen Sie sich ein Auge zudrücken.«
    Ich beschließe, ganz auf den Anruf zu verzichten und dem Polizeihauptmann stattdessen eine E-Mail zu schicken.
     
     
    Sehr geehrter Herr Geissbühler,
     
    Ich erlaube mir, Sie auf eine Beobachtung hinzuweisen, die möglicherweise mit dem Leichenfund auf der Kleistinsel im Zusammenhang steht. Wie ich gestern der Presse entnommen habe, geht die Polizei davon aus, dass es sich beim Toten um den vermissten Ruderer des Seeclubs Thun handeln könnte.
    Nun habe ich heute Mittag bei der oberen Aareschleuse eine größere Ansammlung von Holztrümmern gesichtet. Nähere Abklärungen würden Aufschluss darüber geben, ob es sich allenfalls um Überreste des vermissten Bootes handelt.
     
    Mit freundlichen Grüßen,
    Hanspeter Feller, Privatdetektiv.
     
     
    Kurz bevor ich den Button ›senden‹ anklicke, kommen Zweifel auf. Ist der Trümmerfund der Polizei nicht längst bekannt? Könnte Hauptmann Anton Geissbühler den Eindruck gewinnen, dass ich mich bei ihm auf plumpe Art in

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