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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gäggeler herumzickt, tickt vor dem Eingang des Alpenblicks der Zähler des bestellten Behindertentaxis.
    »Ich bleib’ da!«, meckert Frau Gäggeler erneut.
    Ingeborg Hadorn beschwichtigt: »Der nette Mann kommt sicher ein anderes Mal wieder her, nicht wahr, Herr Feller?«
    »Nur, wenn Sie mir heute einen Rollstuhl mitgeben«, erwidere ich, einer spontanen Idee folgend.
    »Wozu …?«, zögert die Heimleiterin.
    »Ich werde den Stuhl unbesetzt auf den Schlossberg schieben«, behaupte ich und stelle mir den verwunderten Gesichtsausdruck des Taxifahrers vor. Meine wahren Absichten bleiben ein Geheimnis. Wird die Ankündigung eines vorgegaukelten Narrengangs die Rentnerin umstimmen?
    Jedenfalls lenkt Frau Hadorn mit Augenzwinkern ein. »Dann machen wir es so: Sie bleiben bei uns, Frau Gäggeler, und Herr Feller kriegt seinen Stuhl. Stellen Sie sich vor, wie er den ganz ohne Sie ausfahren wird. Schade, schade!«
    Während die Alte das Schnupftuch vor den Mund hält, wieselt die Heimleiterin davon. Sie entnimmt einer Seitenkammer ein klappbares Gerät und übergibt es mir mit vielsagendem Schmunzeln.
    Ich bedanke mich und eile zum wartenden Transportfahrzeug. Aus der Tiefe des Korridors glaube ich, ein hinterhältiges Kichern von Frau Gäggeler zu hören.
    Während der Taxifahrer den Stuhl im Kleinbus verstaut, zücke ich das Mobiltelefon und wähle die einprogrammierte Nummer meines Assistenten.
    »Jüre, ich werde mich etwas verspäten!«
    »Bist du wenigstens fündig geworden?«, fragt er.
    »Nein, es hat nicht funktioniert.«
    »Warum?«, wundert sich Jürg Lüthi.
    »Die Auserwählte hat sich mir verweigert«, verkünde ich lakonisch und frage: »Wo finde ich dich?«
    »Noch zu Hause. Aber ich starte gleich los«, verspricht Jürg Lüthi.
    »Nein, warte!«, interveniere ich. »Wir müssen erst eine Neubesetzung für den Rollstuhl organisieren.«
    »Was? Eine Karre hast du dabei?«, wundert sich der Mitarbeiter.
    »So ist es«, bestätige ich und erkundige mich zögerlich: »Ähm, ist zufälligerweise Marie-Josette da?«
    »Klar«, bestätigt Jürg Lüthi. »Wozu?«
    »Ich habe mir gedacht, vielleicht könnte sie …«
    Er unterbricht mich: »Hanspudi! Du erwartest nicht ernsthaft, dass ich meine kerngesunde Ehefrau in den Rollstuhl zwinge und zur eingebildeten Kranken degradiere?«
    »Eigentlich schon«, gebe ich kleinlaut zu. »Wo kriegen wir ansonsten auf die Schnelle eine Zweitbesetzung her?«
    »Das kannst du vergessen!«
    Aus dem Hintergrund sind Stimmen zu vernehmen. Hat sich Marie-Josette persönlich eingemischt?
    »Jüre, bist du noch dran? Hallo?«
    Offenbar wird hitzig diskutiert. Jürg Lüthis entschiedenes ›Nein‹ ist unüberhörbar. Habe ich einen Familienstreit entzündet?
    Nach einer Weile meldet sich mein Assistent zurück: »Ehrlich gesagt, Hanspudi, finde ich es keine gute Lösung.«
    »Die mit Marie-Josette …?«, frage ich unsicher nach.
    »Sowieso. Die andere ist nicht viel besser. Aber ich seh’s ein: Wir müssen sofort handeln!«
    »Das heißt?«
    »Stefan stellt sich zur Verfügung.«
    »Super!«, frohlocke ich. Ich kenne Jürg Lüthis Adoptivsohn von unserer gemeinsamen Reise nach Krakau. Er wird der Rolle im Rollstuhl gewachsen sein.
     
     
     
     

17
    Als ich im Taxi den Schlossberg erreiche, erwarten mich die beiden Komplizen auf dem Parkplatz.
    Gleich werden wir uns strafbar machen. Jürg Lüthi wird den heiklen Part übernehmen. Gemeinsam mit seinem Sohn, werde ich ihm den Rücken freihalten.
    Der Chauffeur entlädt den zusammengeklappten Rollstuhl und streicht ein großzügiges Trinkgeld ein. Umgehend zieht er Leine. Stefan wirft sich unaufgefordert in das verchromte Möbel.
    »Vorsicht! Das Ding muss unversehrt retourniert werden«, mahne ich.
    »Offenbar kein Downhill-Modell«, mault der Schnösel.
    »Alles klar?«, vergewissere ich mich, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
    Jürg und Stefan Lüthi nicken synchron.
    Die Aktion Datenklau kann starten!
    Ich ziehe mit dem eingebildeten Kranken los. Mein Assistent wird in wenigen Minuten folgen. Der Rollstuhl rumpelt über die Unebenheiten des Kopfsteinpflasters und der Passagier meckert: »Aua! Pass doch auf, Hanspudi, du fährst mich noch zum Krüppel!«
    »Gib Ruh!«, schnauze ich angespannt zurück, während ich ihn durch den Torbogen der Schlossmauer kutschiere.
    Jäh endet die Schussfahrt im Innenhof. Entgegen meiner Erwartung windet sich vor dem Kassenschalter des Museums eine lange Schlange geduldiger

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