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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Erinnerung zu rufen trachte? Zugegebenermaßen wäre ich an einer Zusammenarbeit interessiert.
    Ich spediere die E-Mail zu den Entwürfen und überlege es mir nochmals.
     
     
     
     

19
    So hatte es sich Adam Füssli nicht vorgestellt. Das Tête-à-Tête mit Eva Rechberger hatte einen denkbar unglücklichen Verlauf genommen. Daran war nur dieser Trampel schuld, der unerwartet im Treppenhaus aufgetaucht war.
    Nachdem der Richter das Museum überstürzt verlassen musste, schlich er verstört und aufgewühlt ins Amt zurück. Adam Füssli hoffte inbrünstig, dabei ausnahmsweise weder der Sekretärin noch dem Gerichtsschreiber über den Weg zu laufen. Eine Begegnung hätte nämlich unweigerlich für unliebsame Aufmerksamkeit gesorgt. In seinem Haupthaar klaffte eine auffallend große, kahle Lücke. Er hatte in der Hitze des Gefechts sein Toupet verloren. Adam Füssli wagte nicht, umzukehren und selbst nach dem Skalp zu suchen. Glücklicherweise besaß er ein Ersatzteil. Dieses verwahrte er in einer unscheinbaren Hutschachtel im privaten Büroschrank. Es kam immer dann zum Einsatz, wenn das andere Haarteil zum Waschen und Frisieren fachkundigen Coiffeurhänden anvertraut wurde.
    Vor dem Spiegel erneuerte Adam Füssli den ekligen Klebstoff auf der polierten Stirn. Danach fixierte er mit dem linken Zeigefinger am vorderen Rand seiner Glatze ein hautfarbiges Grundgewebe. Sorgfältig pappte er das eingeknüpfte Echthaar mit der rechten Hand auf die kahle Partie. Abschließend bürstete er das fremde in das eigene Haar, um so die Übergänge zu verwischen. Adam Füssli musterte sich im Spiegelglas. Er senkte den Kopf, hob die Augenbrauen, und rollte die Lippen nach innen. Jawohl, der Pelz saß!
    Mit lautem Ächzen lehnte sich er in seinem multifunktionalen Chefsessel zurück, der weit beweglicher war sei als sein Besitzer. Kaum versank sein Hintern im weichen Sitzleder, packte den Richter quälende Unruhe. Was würde Eva Rechberger jetzt unternehmen? Würde sie den Zwischenfall der Direktorin melden? Musste eine Anzeige bei der Polizei befürchtet werden? Würde Martha Rechberger ins Vertrauen gezogen werden? Und wie würde die Mutter wohl reagieren, falls sie von den Schwierigkeiten ihrer Tochter erführe?
    Sorge bereitete Adam Füssli auch der Störenfried. Um wen handelte es sich dabei? Einen Anhaltspunkt lieferte der Vorname, der von Eva Rechberger gerufen worden war: Niklaus.
    Der Richter beabsichtigte, nichts unversucht zu lassen, den unliebsamen Zeugen ausfindig zu machen.
    In erster Linie musste aber das Toupet wiederbeschafft werden! Ob es noch zwischen den Scherben lag? Adam Füssli beschloss, sich umgehend um diese Angelegenheit zu kümmern.
    Auf seine Art und Weise, versteht sich.

20
    Ein verzweifelter Anrufer klagt: »Alles kaputt! Jemand hat den ganzen Laden verwüstet!«
    Robert Weihermann schreckt mich mit seiner Hiobsbotschaft in der Detektei auf.
    Ich suche ihn zu beruhigen: »Ich bin gleich bei Ihnen«, und rate: »Rufen Sie inzwischen die Polizei!«
    Dann informiere ich meinen Assistenten, um gemeinsam nach Heimberg zu fahren.
    Als wir bei der Töpferei ankommen, stürmen uns die Weihermänner durch eine demolierte Fronttür entgegen.
    »Wer macht bloß so was?«, lamentiert Robert Weihermann und beantwortet seine Frage gleich selbst: »Vandalen!«
    »Ist die Polizei noch nicht eingetroffen?«, wundere ich mich.
    »Nein, ähm …«, druckst Niklaus Weihermann herum.
    »Haben Sie missgünstige Konkurrenten oder Feinde?«, erkundigt sich Jürg Lüthi.
    »Wer in der Branche Erfolg verzeichnet, braucht auf Neider nicht lange zu warten«, erwidert der Töpfermeister lakonisch.
    Ich suche nach anderen Motiven. »Sind Sie jemandem etwas schuldig geblieben?«
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortet Robert Weihermann und fordert uns mit einer nervösen Geste auf, einzutreten. Alles liegt in Trümmern. Hier hat jemand absichtlich großen Schaden angerichtet. Scherben wohin man blickt. Verstümmelte Gartenzwerge liegen verstreut wie Soldaten auf einem Schlachtfeld. Ihre abgetrennten Gliedmaßen haben sich in Suppenschüsseln, auf Tortenplatten und zwischen Kaffeetassen verirrt. Die Stückzahl des 24-teiligenTeeservices hat sich um den Faktor 100 vervielfacht. Beschädigte Vasen wirken im Trümmerfeld wie Graburnen und die Veduttenteller im Stil der alten Thuner Majolika sehen jetzt noch älter aus.
    »Sind Sie ausreichend versichert?«, will ich vom Seniorchef hören.
    »Ja, gegen Einbruch und Glasbruch«,

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