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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bestätigt er.
    »Sie sollten nichts verändern, bis die Beamten und ein Schadeninspektor eingetroffen sind«, rät Jürg Lüthi.
    »Schon klar«, meint der Junior.
    Im hinteren Ladenbereich hat die Lehrtochter allerdings bereits mit Aufräumen begonnen und Vater Weihermann gesteht: »Wir haben die Polizei gar nicht erst gerufen.«
    Jürg Lüthi und ich schauen uns verwundert an.
    »Es ist Ihnen bewusst, dass die Versicherung nur zahlt, wenn ein offizieller Rapport vorliegt?«, vergewissere ich mich.
    »Ja, ja«, wehrt der Alte ab und kratzt sich dazu im faltigen Nacken.
    »Wozu verzichten Sie auf die Unterstützung der Staatsdiener?«, fragt mein Assistent und wendet sich an Niklaus Weihermann.
    »Das geht Sie nichts an!«, mault der Angesprochene, worauf Jürg Lüthi auf Zehenspitzen zwischen Scherben davon trippelt.
    »Nun gut« meine ich, »das entscheiden Sie, meine Herren«, hole tief Atem und erkundige mich: »Wie können wir Ihnen nun konkret helfen?
    »Liegt das nicht auf der Hand? Wir erwarten, dass Sie auch in diesem Fall den Täter eruieren«, fordert der Töpfer und sein Sohn ergänzt: »Wir befürchten, dass er mit demjenigen vom Schlossberg identisch ist.«
    »Schloss-Berg, Heim-Berg? Wo liegt die Verbindung?«
    »Der Unhold könnte herausgefunden haben, dass ich es war, der ihn mit Eva überrascht hat«, vermutet Niklaus Weihermann.
    »Schon möglich. Aber wozu diese Zerstörung?«, rätselt mein Mitarbeiter.
    »Als Warnung«, befürchtet der junge Töpfer.
    »Warnung wovor?«
    »Davor, dass ich seine Anonymität auffliegen lasse«, erklärt Niklaus Weihermann. »Der Täter kann nicht wissen, dass ich ihn weder gesehen noch erkannt habe.«
    »Und wenn jemand in der Töpferei etwas Bestimmtes gesucht hätte«, bemerkt Jürg Lüthi. »Was könnte das sein? Geld?«
    »Lachhaft!«, erwidert Robert Weihermann postwendend.
    Ich erkundige mich grundsätzlich: »Wurde überhaupt etwas entwendet?«
    »Nein. Soweit wir feststellen konnten, fehlt nichts. Die Kasse ist jedenfalls unberührt geblieben«, informiert Niklaus Weihermann.
    Jürg Lüthi stöbert zwischen den demolierten Gartenzwergen. Er findet ein hellbraunes Lederholster und wiegt es demonstrativ in der rechten Hand.
    »Leicht geworden, das Etui«, stellt er fest und blickt zum Töpfermeister.
    Robert Weihermann reagiert in keiner Weise.
    Ich frage nach: »Was? Ist keine Waffe mehr drin?«
    »Die SIC ist weg!«, bestätigt Jürg Lüthi und will vom Seniorchef wissen: »Haben Sie die Pistole bisher nicht vermisst, Herr Weihermann?«
    »Warum auch? Da war gar nie eine drin«, behauptet er.
    Eine offensichtliche Falschaussage. Wir sind in der Töpferei anlässlich unseres ersten Besuchs zweifelsfrei auf eine Armeepistole 49 gestoßen. Weshalb belügt uns der Seniorchef?
    »Haben Sie überprüft, ob die Box mit den Kleisterscherben noch vorhanden ist?«, erkundigt sich mein Assistent weiter.
    »Das war gleich das Erste, was ich kontrolliert habe«, beruhigt ihn Niklaus Weihermann.
    »Gut. Dann bleibt augenblicklich nicht viel mehr zu tun, als die Bescherung mit der Kamera zu dokumentieren«, stelle ich fest.
    Jürg Lüthi öffnet seine Mappe, entnimmt ihr aber nicht als Erstes den Fotoapparat, sondern einen Pomadenstift. Damit vollzieht er seine rituelle Prozedur. Erst nach dem Einschmieren der Lippen packt er eine Digitalkamera aus und blitzt in jede Ecke des demolierten Ladenlokals. »Wozu dieses Chaos?«, sinniert er halblaut.
    Darauf bröselt Niklaus Weihermann Undeutliches hervor: »Vielleicht lockten die Locken?«
    Verständnislos wenden wir uns um. Auch Vater Weihermann wirkt irritiert.
    Sein Sohn präzisiert: »Der Kerl hat im Schloss was verloren, als er geflüchtet ist.«
    Im Hintergrund unterbricht die Lehrtochter die Aufräumarbeiten.
    »Sag’ schon!«, drängt sein Vater.
    »Na ja. Inmitten der Scherben lag ein widerlicher Lappen.«
    »Ein Was?«, erkundigt sich Robert Weihermann.
    Ich bin nicht minder auf eine Präzisierung gespannt.
    »So ein Haarbusch«, bröselt Niklaus hervor.
    »Meinen Sie etwa ein Toupet?«, helfe ich nach.
    »So was Ähnliches. Vermutlich hat es der Flüchtende verloren, als er strauchelte.«
    »Und wieso erzählen Sie uns das erst jetzt?« rüge ich. »Wenn Sie erwarten, dass wir für Sie den Täter ausfindig machen, dann müssen wir auf Ihre uneingeschränkte Unterstützung zählen können.«
    Niklaus Weihermann starrt beschämt zu Boden.
    Was treibt er für ein Spiel?
     
     
     

21
    Der Westwind jagt ein graues

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