Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Scherbenmond

Titel: Scherbenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
auch mich dürstet manchmal nach weiblicher Gesellschaft. Was hat dich denn dazu getrieben?«
    »Mit Andi?« Ich verzog das Gesicht. »Ich wollte es hinter mich bringen. Und die Fummelspielchen davor ... na ja, es wurde irgendwie erwartet. Ich war ja auch neugierig. Aber ...« Ich hob ratlos die Schultern.
    »Sex ist nicht das, was Menschen verbindet. Es ist nur die Vollendung«, ergänzte Colin ruhig. Was die Menschen verband? Und wie sah es mit Menschen und Mahren aus? Er legte seine kühle Hand um meine Wange, in der immer noch das Blut pulsierte.
    »Und was hat dich bei mir dazu getrieben?«, fragte er leise.
    »Genau das«, antwortete ich ebenso leise. »Die Vollendung.«
    »So?« Er zwinkerte mir charmant zu. »Und ich dachte schon, es sei mein überdimensional großes Geschlechtsteil gewesen.«
    Ich musste so heftig lachen - und gleichzeitig vor Schmerzen heulen, weil mein Zwerchfell zu reißen schien -, dass ich Schluckauf bekam und beinahe vom Bett fiel. Colin reichte mir ein Glas Wasser, das ich gierig austrank, um das Hicksen zum Teufel zu schicken. Er feixte mich gut gelaunt an.
    »Na, so klein ist er auch wieder nicht.«
    »Gehobene Mittelklasse«, frotzelte ich und wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln. »Idiot.« Ich rempelte ihm meinen Ellenbogen in die Seite - eine meiner wenigen intakt gebliebenen Körperstellen.
    »Wir sind ja beide auch so unglaublich mittelmäßig. - Hey, Missy! Hierher!«
    Damit war nicht ich gemeint, sondern Miss X, die mal wieder in meinen Rucksack gekrochen war und Beute gemacht hatte. Ich konnte im Halbdämmer der Hütte nicht erkennen, was sie sich geschnappt hatte und stolz im Maul trug, doch als Colin mit der Zunge schnalzte und sie ein weiteres Mal rief, schlug sie einen Haken und sprang mit gesträubtem Fell zu uns, um eine kleine Schachtel auf seine Brust fallen zu lassen. Er nahm sie hoch und hielt sie vor seine Augen, die sich in plötzlichem Erstaunen weiteten.
    »Hämorridencreme?« Er drehte sich zu mir um. »Kannst du mir verraten, wozu du so etwas brauchst in deinen jungen Jahren?«
    »Oh! Missverständnis! Großes Missverständnis!« Ich versuchte, sie ihm aus der Hand zu reißen, erstarrte jedoch in einem neuerlichen Muskelkrampf. »Die ist nicht für mich, die hab ich für dich mitgebracht!«
    »Für mich?« Colin begann zu lachen. »Himmel, Ellie, was hast du denn nur mit mir vorgehabt?«
    »Ich ... ich hab Medikamente mitgenommen und sie dem Nielsen gezeigt, damit er mich auf die Insel fährt. Ich hab ihm gesagt, dass du sie dringend brauchst!« Ich presste die Hände auf meine Wangen, in der Hoffnung, ich könnte sie kühlen. Doch meine Finger waren mindestens so heiß wie mein Gesicht.
    »Und hast damit meinen dämonischen Ruf ruiniert.« Colins gesamter Körper bebte vor Erheiterung. Er sah beklemmend schön dabei aus. »Ein kampfsportelnder Unhold mit Analfissuren - was müssen die jetzt von mir denken?«
    Er fand das alles so komisch, dass er gar nicht mehr aufhören konnte zu lachen, und nun war er es, der vom Bett rutschte und hart auf dem Boden aufschlug. »Oh Gott, Ellie, du verrücktes Huhn ...«
    Miss X nutzte die Chance, schnappte sich erneut die Schachtel und jagte damit kreuz und quer durch die Hütte, als werde sie von einer Horde beißwütiger Hunde verfolgt. Immer wieder schoss sie dabei über Colin hinweg, der entspannt auf den Dielen lag, die Arme zur Seite gestreckt, ein Bein aufgestellt, und mich unentwegt von schräg unten ansah. Ich streckte stöhnend meine Hand aus, stützte sie auf dem Boden ab und ließ mich zu ihm rutschen. Wie ein Sack Mehl fiel ich auf seine Brust.
    »Ich mag es, wenn du stöhnst«, gestand er, seine Lippen dicht an meinem Ohr.
    »Das war vor Schmerzen«, sagte ich vorwurfsvoll.
    »Ich weiß. Aber es klingt ganz ähnlich.« Er drückte mich sanft hoch, bis ich auf ihm saß. »Ellie, es ist mir eine Ehre, mit dir über all das zu sprechen, und ich könnte es unendlich lange fortführen, aber ... wir müssen uns jetzt Bushido zuwenden.«
    »Bushido?«, echote ich perplex. Warum in Gottes Namen Bushido?
    »Nicht der. Er hat den Begriff nur geklaut. Bushido ist der Weg des Kriegers. Und ich kann dir nichts Vernünftiges darüber erzählen, solange du dich auf meiner gehobenen Mittelklasse befindest. Sorry, ich kann nicht. Würdest du ...?«
    Verlegen krabbelte ich von ihm herunter und zog mich auf das Bett zurück. Es sah zerwühlt aus. Ja, viel Forschergeist herrschte nicht mehr in dieser Hütte. Jedenfalls

Weitere Kostenlose Bücher