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Scherbenmond

Titel: Scherbenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Rückfahrt nach Hamburg und erst recht von meiner Abiturprüfung war und mich gerne ausgeruht hätte. Doch ich erzählte ihm kurz und knapp von den wenigen Dingen, die ich über Papas Verschwinden wusste, von meinem Treffen mit Dr. Sand und dass mein Vater sich diese hanebüchene Idee in den Kopf gesetzt hatte, seine Tochter solle seine Nachfolge antreten -eine Idee, die meine Mutter verblüffend schnell und protestarm als »Irrsinn« abgestempelt hatte.
    »Dann bist du die neue Buffy im Bann der Dämonen, oder was? Und ich dein Assistent?« Tillmann sah mich frech an.
    »Ja, klar, sicher.« Ich konnte schon den Trailer der Serie kaum über mich ergehen lassen, ohne mir die Haare zu raufen. Und ein schlimmerer Mädchenname als Buffy musste erst noch erfunden werden. »Ich hab kein Interesse, Papas Nachfolge anzutreten. Ich will Paul befreien.«
    »Aber Ellie, überleg doch mal ...« Tillmanns Blick wurde drängend. »Wenn wir Tessa irgendwie finden können und uns etwas einfällt, womit wir sie ...« Tillmann machte eine Handbewegung, die sich irgendwo zwischen Erdrosseln und Kopfabschlagen bewegte. »Das ist doch genau der Grund, warum ich nach Hamburg gekommen bin. Die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende - jedenfalls für mich nicht.«
    »Tessa ist nicht das Problem. Im Moment zumindest nicht. Colin und ich sind weder glücklich, noch lieben wir uns.«
    »Ich sag ja: Schluss gemacht. Trotzdem, das mit Tessa. Ich lasse da nicht locker, Ellie. Ich will wissen, was sie mit mir gemacht hat, ich will sie stellen. Hier geht es auch um mich! Ihr habt mich da mit reingezogen.«
    »Tillmann ....« Ich seufzte leise auf. »Wir haben dich nicht reingezogen. Du bist mir gefolgt. Außerdem - bist du dir denn sicher, dass du sie deshalb suchen willst, oder kann es nicht sogar sein, dass sie dich irgendwie lockt? Und du es nur falsch interpretierst?«
    »Ja, vielleicht lockt sie mich«, gestand Tillmann gelassen. »Na und? Was wäre so verkehrt daran? Dann würden wir sie leichter finden.«
    »Es wäre mir recht, wenn du dich damit etwas gedulden könntest. Mir ist das Leben meines Bruders ein bisschen wichtiger als deine persönlichen Rachegelüste.«
    »Komm, Ellie, jetzt spiel hier nicht Mutter Teresa«, brauste Tillmann auf. »Du willst Tessa doch auch am liebsten ans Kreuz schlagen, oder?«
    »Mann, du hast keine Ahnung, wovon du redest! Du hast sie nicht gesehen da draußen im Wald! Die würde sich nach zehn Minuten mit einem Liedchen auf den Lippen losreißen, als wäre nichts geschehen. Tessa kann man nicht mal eben so töten. Es wird schwierig genug, Pauls Mahr zu erledigen. Und wenn er so alt wie Tessa ist oder noch älter, haben wir gar keine Chance.«
    »Bei Paul sehe ich aber gar kein so großes Problem«, meinte Tillmann. »Vielleicht sollte er mit François zusammenziehen. Colin hat doch geschrieben, dass es die Mahre abhält, wenn man nebeneinander schläft. Pauls Schnarchen könnte einen aus dem Koma erwecken. Es müsste ausreichen, um François vom Tiefschlaf abzuhalten und dem Mahr den Appetit zu verderben.«
    »Auf gar keinen Fall!«, rief ich heftig. »Paul und François ziehen nicht zusammen, nein, das lasse ich nicht zu.« Tillmanns Gedanke mochte ja gar nicht so falsch sein. Schon die bloße Daueranwesenheit von François sollte genügen, um jedes dämonische Wesen in die Flucht zu treiben. Aber Paul und François in einer Wohnung, Tag und Nacht vereint, wie ein Ehepaar, auf ewig? Niemals.
    »Warum sperrst du dich so dagegen?«
    »Weil -« Ich ließ meinen Zeigefinger nach vorne schnellen und Tillmanns Mundwinkel kräuselten sich belustigt. »Weil ich ihm nicht traue ... Es hat nichts damit zu tun, dass er schwul ist, von mir aus kann Paul schwul sein, wenn er sich dafür hält. Ich vertraue François nicht. Ich kann nicht erklären, wieso. Ich fühle das.«
    »François kann dich nicht ausstehen, Ellie«, stellte Tillmann sachlich fest, als sei das der Grund für mein Misstrauen und alles, was ich sagte, eine Lüge. Aber gut - Herr Schütz hatte mich gewarnt und ich hatte nicht darauf gehört. Selbst schuld. Jetzt saß sein Sohn bei mir im Zimmer und durchsiebte mich mit blöden Fragen. Ich atmete tief durch.
    »Du überschüttest mich auch nicht gerade mit Zuneigung und
    Respekt und trotzdem nehme ich dich mit nach Hamburg, oder? Und ich lasse dich Colins Brief lesen. - Außerdem hat Colin gesagt, dass er sich nicht sicher ist, ob das mit dem Beieinanderschlafen funktioniert. Am Ende saugt der Mahr

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