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scherbenpark

scherbenpark

Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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habe ich eigentlich?« frage ich. »Eine Gehirnerschütterung oder einen Schädelbasisbruch?«
    Maria seufzt. »Ja«, sagt sie. »Einen Bruch auch.«
    Ich versuche wieder, die Hand zu bewegen.
    »Fass den Verband nicht an«, sagt Maria ängstlich. »Machst ihn noch kaputt.«
    »Waren die Kleinen hier?« frage ich.
    »Alissa«, sagt Maria. »Anton hatte Angst. Alissa wollte etwas auf deinen Verband malen. Sie sagt, das macht man so. Und dass es dann besser aussieht. Ich habe mir ihr geschimpft. Aber du hattest nichts dagegen. Weißt du es noch?«
    »Nein«, sage ich. »Soll sie doch ruhig was malen. Ein Blümchen. Oder eine Möwe.«
    »Es ist eine Karte für dich angekommen«, sagt Maria. »heute Morgen. Eine schöne. Willst du sie sehen?«
    »Nee. Die Augen tun weh. Was steht drauf?«
    »Auf der einen Seite ist das Meer. Auf der anderen steht was geschrieben.«
    »Hast du sie in der Hand?«
    »Ja.«
    »Dann lies vor.« »Ich kann nicht.« »Wieso nicht?« »Geht nicht.« »Aber wieso?« »Kann nicht.«
    »Nerv mich nicht. Warum?«
    »Na ja, verstehst du . . . Es ist nicht auf Russisch.« »Maria!«
    »Und so unleserlich. Kann nur hier ganz unten was lesen. Drei Buchstaben. ILD. Was heißt das?« »Weißt du das denn nicht?« »Nein. Woher?« »Dann«, sage ich, »verrate ich es dir auch nicht.«

»Du solltest doch nicht kommen«, sage ich, als er das Zimmer betritt, völlig unbeeindruckt von dem, was ich ihm gerade sage.
    Ich drehe mich weg, ich mag ihn nicht sehen, und vor allem soll er mich nicht sehen, aber das habe ich im Moment nicht in der Hand.
    Und dann macht er drei große Schritte und steht bei mir, und am liebsten würde ich unter die weiße Bettdecke kriechen und sie mir ganz schnell über den Kopf ziehen.
    Aber ich bleibe sitzen.
    Sascha verkriecht sich nicht.
    Und dann legt er mir die Hände auf die Oberarme, beugt sich herunter und küsst mich vorsichtig auf die Wangen. Sehr vorsichtig.
    »Ich bin nicht aus Glas«, sage ich unfreundlich, und seine linke Hand wandert auf meinen Nacken und bleibt dort, sehr warm, sehr schwer.
    »Die andere auch«, sage ich, und die rechte Hand legt sich daneben, und mir bleibt nichts anderes übrig, als zu seufzen und die Augen zu schließen.
    »Hallo, Sascha«, sagt er.
    »Hallo, Volker«, sage ich. »Wie war der Urlaub?«
    »Beschissen«, sagt er, ich höre das Lächeln in seiner Stimme. »Und die Heimkehr erst. Felix hat bei dir angerufen. Er hat sich mit deiner Verwandten, deiner Tante oder so, unterhalten, na ja, er hat es versucht, er hat nichts verstanden, er ist dann zu mir gerannt und hat geschrien, dass du gesteinigt worden bist und jetzt tot bist. Sascha – Stein – Kopf – Krankenhaus!«
    »Marias Wortschatz ist ja regelrecht explodiert«, sage ich. »Wenn sie das alles gesagt haben soll.«
    »Und dann habe ich angerufen, also, da haben mir ganz schön die Knie gezittert, und am Telefon war ein munteres kleines Mädchen, das hat gesagt, dass man dir den Kopf zerbrochen hat, so hat sie sich ausgedrückt, aber dass er schon wieder zusammenwachsen wird, der Kopf, und dass du schon wieder schimpfen kannst und dass es ziemlich doof ist, dass du dauernd weg bist.«
    Ich versuche, nicht zu lachen, und lege die Hand auf seine Hand, die viel größer ist als meine.
    »Und ich habe gefragt, kann man Sascha mal besuchen? Und sie hat gesagt: Sascha will keinen sehen außer mir. Sie will nicht einmal Maria sehen, aber die kommt trotzdem, sie muss mich ja dahin bringen. Und ich habe gesagt, frag doch mal Sascha, ob sie Volker sehen will oder Felix.«
    »Sie hat gefragt«, sage ich.
    »Natürlich, und mir dann ausgerichtet, diese beiden will Sascha erst recht nicht sehen. Sie will niemanden sehen, und wenn sie nicht will, dann will sie eben nicht.«
    Das Lachen entgleitet mir ein bisschen.
    »Ich habe also oft mit ihr telefoniert . . .« fährt Volker fort.
    ». . . wie? Sie hat mir nichts davon gesagt!«
    »Weil ich sie darum gebeten habe. Wie angenehm, dass man sich auf sie verlassen kann. Und gestern sagt sie, stell dir vor, die Knochen in Saschas Kopf waren gar nicht zerbrochen, also gar nicht wirklich, und der Verband ist ab, und Morgen kommt sie nach Hause, und haste eigentlich ein Auto? Und ich habe gesagt, ja, ich habe ein Auto. Und sie meinte darauf: Dann kannst du Sascha doch mal nach Hause bringen, sie sollte jetzt noch nicht so viel laufen.«
    »Alissa hat in ihrem Leben einfach auch zu wenig Prügel bekommen«, sage ich. »Tut mir leid, dein Hemd ist jetzt

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