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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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auf Couch und weint. Isst nicht. Tochter Rita will, dass man sie zwingt. Aber man kann eine Mensch nicht zwingen.«
    Irmi kannte das von ihrer eigenen Mutter, die am Ende auch kein Hunger- und Durstgefühl mehr gehabt hatte. Diese ganz banalen Dinge wie Essen, Trinken und Ausscheiden waren ab einem bestimmten Punkt die einzigen Dinge, über die man als pflegebedürftiger Mensch noch ein klein wenig selbst entscheiden konnte. Oder man verweigerte sich ganz, wenn man sonst so gar nichts mehr tun konnte.
    Irmi nickte. »Haben Sie Runa mal kennengelernt?«
    »Ja, sie war Freundin von Ionella. Wir haben auf meinem Zimmer, ge… ge… geratscht?«
    »Geratscht, genau! Und wie war sie?«
    »Nett. Klug. Studiert. Wütend, sehr wütend.«
    »Warum?«
    »Sie konnte nicht glauben, dass wir so arbeiten. Sie hat gesagt: Ihr müsst eine andere Job suchen. Aber wo? Wie? Es ist schon gut so«, sagte Tereza. Dabei sah sie Irmi fast ängstlich an. So als sollte die bloß nicht denken, sie möge ihren Job nicht.
    Runa schien tatsächlich eine aufmüpfige junge Frau gewesen zu sein, dachte Irmi. In ihrer Welt war so eine Ungerechtigkeit nicht tolerabel. Norwegen war groß, liberal, voller Chancen. Osteuropa hatte zwar seine Ummauerung niedergerissen, aber was konnte es seinen Menschen bieten? Wie bei einer modernen Völkerwanderung zog ein Heer von jungen, klugen Leuten gen Westen. Ungarische Lehrerinnen arbeiteten als Servicekräfte und bulgarische Ingenieure als Spüler, denn sie bekamen in Österreich, der Schweiz oder Deutschland für Jobs, die hier kaum keiner machen wollte, ein Vielfaches der Gehälter in ihrer Heimat. Dort bekam ein Ingenieur vierhundert Euro im Monat, und das bei Lebenshaltungskosten, die beinahe so hoch waren wie in Deutschland. Kein Wunder, dass eine solche Schieflage die junge kühne Norwegerin wütend gemacht hatte!
    Irmi sah Tereza mitfühlend an und fuhr fort: »Wir nehmen an, dass Ionella eine Katze retten wollte. Und dass sie dabei ins Silo gefallen ist. Haben Sie eine Idee, wieso auch Runa in der Tenne war?«
    Terezas Augen schwammen in Tränen. »Ich war in München. Ich weiß gar nichts. Hat Runa vielleicht Ionella besucht? Ich weiß nicht.«
    Das war noch immer die einzige plausible Erklärung. Eine Katze maunzt erbärmlich aus dem Silo. Die Retterin kommt – und stürzt. Die zweite Frau versucht zu helfen und verunglückt ebenfalls, weil Gärgase so heimtückisch und schnell sind. In Ermangelung weiterer Beweise würde die Staatsanwaltschaft die Sache genauso sehen. Als traurigen Unfall.
    Aber kurz danach war eine Tenne abgebrannt, und der Brandbeschleuniger war ausgerechnet eine Phosphorbombe gewesen. Gab es wirklich solche Zufälle? Die Mordkommission war hier fehl am Platz, wenn Irmi und ihre Kollegen nicht bald auf etwas Greifbares stießen. Doch genau das wollte sie nicht einsehen.
    »Wie ist Ionella denn mit den anderen Mitgliedern der Familie Schmid ausgekommen?«
    »Rita ist ein Schrubber«, sagte Tereza.
    »Ein was?«
    »Ein Besen, meint sie!«, rief Kathi. »Ein ganz schlimmer Besen!«
    Tereza lächelte vorsichtig. »Ja. Ein Besen. Franz immer zu viel Bier. Markus sehen wir fast nie. Renate ist immer schnell, hat nie Zeit. Anna Maria auch nicht. Vroni kommt jede Freitag zum Einkaufen. Vroni ist lieb.«
    »Und Thomas?«
    Sie zupfte an ihren Fingern und sah zu Boden.
    »Was Sie uns sagen, Tereza, bleibt unter uns, versprochen. Was ist mit Thomas?«
    »Ich wollte nicht zu Familie Schmid wegen Thomas. Geht nachts zu Mädchen ins Zimmer. Ionella hatte Spray. Hatte sie von Runa.«
    Irmi suchte den Blick des Mädchens, das nervös mit einem Bleistift herumspielte. »Verstehe ich Sie richtig? Ionella hatte Pfefferspray, um Thomas abzuwehren?«
    »Ja, weil hat vorher schon Mädchen belästigt. Er glaubt, weil wir von Osten sind, sind wir Nutten. Alle Mädchen aus Osten sind Nutten, glauben viele Männer hier. Oder dass wir sie wollen heiraten. Warum soll ich einen wie Thomas heiraten?«
    »Na, sicher nicht!«, stieß Kathi aus. »Den will auch hier keine!«
    Tereza lächelte ein wenig.
    »Thomas soll ein Verhältnis mit Aurika gehabt haben«, sagte Irmi.
    »Aurika kommt nie mehr für Pflege!«, rief Tereza und wirkte auf einmal wieder richtig aufgewühlt.
    »Aber hatte sie denn etwas mit ihm?« Irmi tat das Mädchen leid, aber sie musste nun mal unangenehme Fragen stellen.
    Tereza liefen die Tränen herunter.
    »Tereza?«
    »Er hat ihr, er hat …« Sie schluchzte stärker. »Er hat, Sie wissen

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