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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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haben. So nennen sie das jedenfalls. Oma liebt Trysil, es gibt dort auch ein Skigebiet, und sie fährt trotz ihres Alters immer noch sehr gut. Ich habe Oma zugeraten. Schließlich kann ich sie ja auch in Trysil besuchen. Mama kommt sowieso nie.«
    Was für eine Geschichte, dachte Irmi. Wie hatte der Pfarrer gesagt? Krieg ist nichts Abstraktes, sondern die Summe aus Millionen Einzelschicksalen. Und Millionen Mal streckte die Vergangenheit ihre langen hässlichen Finger noch weit hinein in die Angelegenheiten der nachfolgenden Generationen.
    Die beiden Mädchen hatten also Runas Familiengeschichte rekonstruiert: Die Oma war ein Deutschenkind gewesen, was in der Familie nie thematisiert worden war, Runas Mutter kam nie zur Ruhe, und sie selbst war die Urenkelin eines Deutschen! Marit war ganz Feuer und Flamme gewesen und hatte mehr wissen wollen. Die beiden jungen Frauen hatten sich zum ersten Mal ganz konkret mit der Geschichte ihres Landes befasst, die sie in der Schule gelernt hatten. Nun war das auf einmal Runas Geschichte geworden.
    »Wir haben viel gelesen. Über den Krieg. Über die Besatzung. Über die Nachkriegszeit. Über die Finnmark, von wo die Menschen geflüchtet waren und wohin sie dennoch zurückgekehrt sind – ins Nichts. Komisch, oder? Wäre es in Oslo oder Lillehammer nicht viel einfacher gewesen? Und ich glaube, ich habe begriffen, warum die Oma so einsam war. Sie hatte eigentlich kaum Kontakte in Honningsvåg. Mit Ausnahme der Cafégäste. Sie hat auch eine kleine Ferienwohnung vermietet. Die Stammgäste haben sie geliebt. Es waren viele Deutsche darunter. Meine Mutter hat immer nur abfällig von den Deutschen gesprochen, die mit ihren VW -Bussen und Wohnmobilen die immer gleiche Rennstrecke Alta, Skaidi, Honningsvåg befahren. Die unbedingt ans Nordkap wollen.«
    Das war alles eine Frage des Blickwinkels, dachte Irmi. Sie fand es auch komisch, dass die Japaner unbedingt einmal auf die Zugspitze wollten und einen viel zu hohen Preis dafür berappten. Sie fand es merkwürdig, dass sich die Reisegruppen durch Ogau schoben, das zweifellos hübsch war, aber für Irmi eben nicht mehr als ein Dorf unter vielen. Das Nordkap dagegen war etwas anderes. Es war der Rand der Welt, ein Sehnsuchtsziel. Irmi verstand gut, dass deutsche Touristen unbedingt dort hinwollten, und auch, dass sie sich als Erinnerung eine bunte Mütze kauften, so wie sich Australienbesucher eben einen Bumerang mitbrachten. Die kleine Runa war sicher oft am Nordkap gewesen, für sie war das Normalität. Aber eben nicht für den Rest der Welt.
    Irmi spürte, wie gut es der Eisprinzessin Runa tat, dass sie über etwas anderes sprechen konnte als über Marit. Sie taute endlich ein wenig auf. Irmi unterdrückte die drängenden Fragen.
    »Manche nennen das Nordkap auch die Endstation der Welt«, fuhr Runa fort. »Es ist auch ein Kraftort, aber nicht, wenn da Hunderte von Menschen herumlaufen. Im Winter hat das Nordkap ganz eigene Schwingungen. Ich war mit meiner Oma öfter oben, mit dem Schneemobil. Sie war dann immer sehr melancholisch. Ich dachte, das liege an der Landschaft, aber vielleicht hat sie sich an ihre Mutter erinnert. Und an die Briefe. Der Deutsche hat so schöne Briefe geschrieben.« Sie begann wieder leise zu weinen.
    »Hast du diese Briefe noch?«, fragte Irmi. »Wie waren sie unterschrieben?«
    »Mit Xari. Auf den Umschlägen stand der volle Name: Xaver Schmid. Ich kann nur ein bisschen Deutsch, aus der Schule, aber Marit war darin sehr gut. Wir haben die Briefe zusammen übersetzt. Sogar Marit musste weinen.«
    »Und dann?«
    »Und dann haben wir recherchiert und herausgefunden, dass es diesen Xaver Schmid noch gibt. Und wo er wohnt und all das. Marit hat gemeint, ich müsse mit meiner Mutter reden.«
    »Und?«
    »Meine Mutter ist böse geworden. Sie gesagt, das hätte nichts mit ihr zu tun. Und sie hat mir verboten, weiter darüber zu sprechen. Eigentlich wollte sie auch die Briefe haben, aber die hatte ich schon nach Tromsø mitgenommen. Sie hat getobt. Dann musste sie wieder weg – wie immer. Diesmal wollte sie irgendwo Eisbären fotografieren. Als sie abgereist war, fühlte es sich an, als ob sich ein Sturm gelegt hätte. Plötzlich war es so still im Haus. Ich habe sie nicht verstanden. Sie hat einen Opa in Bayern, aber das interessiert sie nicht. Ich glaube, es liegt daran, dass meine Mutter keine Bindungen aufbauen kann. Sie liebt auch meinen Vater nicht. Die beiden sind ein gutes Arbeitsteam, aber kein

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