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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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verabschiedete.
    »Berit sagt, wir können reingehen. Das Mädchen hat wohl tagelang nichts gegessen und kaum getrunken. Sie war völlig dehydriert und hängt nun am Tropf. Sie haben ihr auch was zur Beruhigung gegeben. Jetzt ist sie zwar wach, wir sollen sie aber auf keinen Fall aufregen.«
    »Ist inzwischen erwiesen, dass es sich um Runa Dalby handelt?«
    »Sie haben mit Runas Zahnarzt telefoniert und das Zahnschema abgeglichen. Es ist eindeutig Runa Dalby.«
    Das Mädchen wirkte so klein und verloren unter den blinkenden Maschinen des Krankenhausbetts. Das weiße Krankenhaushemd ließ sie zerbrechlich und leichenblass aussehen.
    »Runa, können wir Englisch reden, damit meine deutsche Kollegin uns auch versteht?«, fragte Aksel.
    Sie nickte.
    »Das ist Irmi Mangold aus Bayern. Leider wurden dort zwei junge Mädchen tot aufgefunden, und nun will sie mehr über die Hintergründe herausfinden. Eine der beiden war eine Rumänin, die als Pflegerin bei alten Leuten gearbeitet hat. Die andere war eine junge Norwegerin, die sich als Runa Dalby ausgegeben hat. Weißt du, wer das gewesen sein könnte?«
    Das Mädchen nickte und begann leise zu erzählen. Runa Dalby und Marit Aarestad waren Kommilitoninnen gewesen und hatten sich an der Uni in Tromsø kennengelernt. Marit war Vollwaise und hatte bereits eine Drogenkarriere mit Heimaufenthalten, Pflegeeltern und Jugendstrafen hinter sich. Doch sie hatte die Kurve noch bekommen, einen hervorragenden Schulabschluss gemacht und galt sogar als hochbegabt. Runa war angezogen gewesen von der Kühnheit, ja Frechheit, mit der Marit durchs Studentenleben geschwebt war. Wie sie Professoren überrannt, junge Männer um den Verstand gebracht und ihnen das Herz gebrochen hatte.
    »Marit war dabei aber immer bezaubernd. Sie war eine Elfe, eine Fee, aber vielleicht nicht unbedingt eine gute«, sagte Runa.
    Die beiden wurden zu einem unzertrennlichen Paar: die eine wie eine entfesselte Mittsommernacht, die andere kühl und ruhig wie ein Polartag. Sie hatten sich gegenseitig korrigiert, die eine wirkte beflügelnd, die andere hatte auch mal die Notbremse gezogen.
    Doch dann war etwas passiert, was Runas Leben verändern sollte. Ihre Eltern hatten vor einiger Zeit das Haus ein wenig umgebaut, doch weil sie ständig unterwegs waren, getrieben vom Forschergeist und der Jagd nach dem perfekten Foto, brachten sie den Umbau nie zu einem Ende. Überall standen Kisten herum, die eigentlich auf den Sperrmüll hätten wandern sollen.
    »Meine Eltern sind lebensuntauglich«, drückte Runa es aus. »Sie sind nur dort ganz Mensch, wo andere kapitulieren – auf einsamen Inseln, in Wüsten, in Mondlandschaften, wo das Leben vollkommen reduziert ist. Wenn es darum geht, Rechnungen zu bezahlen oder auch nur sinnvoll einzukaufen, versagen sie komplett.«
    Runa hatte in Abwesenheit der Eltern begonnen, in einer alten Truhe zu stöbern. Dort hatte sie Briefe von einem Deutschen an ihre Urgroßmutter Magga gefunden. Sie hatte das alles nicht so ganz begriffen. Deshalb hatte sie gegoogelt und schließlich Marit zurate gezogen. Am Ende hatten die Mädchen die Puzzlestücke zusammengefügt: Magga hatte 1945 ein Mädchen geboren und auf den Namen Åse Live taufen lassen. Es war nicht nur ein uneheliches Kind, sondern der Vater war auch noch Deutscher. Åse selbst bekam mit zwanzig ein Kind, das ebenfalls Åse getauft wurde – Runas Mutter. Die Oma war in Runas Kindheit zur Hauptbezugsperson geworden. Die Enkelin hatte dort mehr Zeit verbracht als bei ihren Eltern. Die Oma hatte ziemlich zurückgezogen in Honningsvåg gelebt. Dort hatte sie ein kleines Café am Nordkappveien betrieben, in dem viele Touristen verkehrten. Runa konnte sich noch gut an die Autos mit den seltsamen Kennzeichen erinnern. Sie wusste auch noch, dass fremde Menschen Fotos von ihr, der bildhübschen kleinen Norwegerin, gemacht hatten. Später hatte Runa ein Internat besucht und die Sommerferien bei der Oma verbracht. Seit sie studierte, wohnte sie in einem Zimmerchen in Tromsø und hütete ab und zu das Haus ihrer Eltern, deren Leben eine einzige Durchreise war und das nur aus Kofferumpacken bestand.
    »Lebt deine Oma denn noch?«, wollte Irmi wissen.
    »Ja, und sie hat über die Jahre Freundschaft mit einer Dame aus Deutschland geschlossen, die ein Haus in Trysil in Ostnorwegen besitzt. Oma hat das Café verkauft und ist nach Trysil gezogen. Lore, so heißt die Frau, hat ein riesiges Haus, in dem die beiden eine Alte-Weiber- WG gegründet

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