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Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Titel: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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seinem größeren Freundeskreis absonderte und er sie abends nach Hause begleitete. Dabei bot sich die Chance, intimere Gespräche zu führen, vielleicht Gedichtzeilen – das akzeptierte Medium für Unterhaltungen über die Liebe – auszutauschen und einander zu küssen, bevor er sich an ihrem Hauseingang verabschiedete.
    Lew wusste, dass er nicht der Einzige war, dem Sweta gefiel. Häufig sah er sie mit Georgi Ljachow (dem Freund, der ihn mit Sweta bekannt gemacht hatte) in den Alexander-Gärten an der Kreml-Mauer spazieren gehen. Lew war zu reserviert, um Georgi nach dessen Beziehung zu Sweta zu fragen, doch eines Tages sagte dieser: »Swetlana ist solch ein wunderbares Mädchen, aber sie ist so intelligent, so schrecklich intelligent.« Dadurch wurde Lew klar, dass sie Georgi durch ihren Intellekt einschüchterte. Wie Lew bald herausfinden sollte, konnte Sweta launisch, kritisch und ungeduldiggegenüber Personen sein, die nicht so klug wie sie selbst waren.
    Allmählich kamen Lew und Sweta einander näher. Sie wurden durch eine »tiefe Sympathie« zusammengeführt, wie sich Lew erinnert. Über siebzig Jahre später in seinem Wohnzimmer sitzend, lächelt er bei dem Gedanken an jene erste emotionale Verbindung. Er denkt gründlich nach, bevor er seine nächsten Worte wählt: »Es war nicht so, dass wir uns über beide Ohren ineinander verliebten, aber es gab eine tiefe und ständige Anziehung.«
    Irgendwann betrachteten sie sich als Paar. »Alle wussten, dass Swetlana meine Freundin war, denn ich traf mich mit keiner anderen.« Es gab einen Moment, in dem die Situation beiden klar wurde. Eines Nachmittags, als sie durch die ruhigen Wohnstraßen in der Nähe von Swetas Haus am Kasarmenny pereulok (Kasernengasse) gingen, nahm sie seine Hand und sagte: »Hier lang. Ich werde dich meinen Freundinnen vorstellen.« Sie besuchten Swetas engste Schulfreundinnen Irina Krause, die am Fremdspracheninstitut Französisch studierte, und Alexandra (»Schura« oder »Schurka«) Tschernomordik, die Ärztin werden wollte. Lew wertete es als Zeichen von Swetas Vertrauen und Zuneigung zu ihm, dass sie ihn mit ihren Kindheitsfreundinnen bekannt machte.
    Bald lud Sweta ihn zu sich nach Hause ein. Die Familie Iwanow hatte eine Privatwohnung mit zwei großen Zimmern und einer Küche – ein nahezu unbekannter Luxus in Stalins Moskau, wo Kommunalwohnungen, in denen Familien normalerweise in jeweils einem Zimmer mit einer gemeinsamen Küche und Toilette untergebracht waren, die Norm bildeten. Sweta und ihre jüngere Schwester Tanja teilten sich einen Raum mit ihren Eltern und schliefen auf einem Ausziehsofa. Ihr Bruder Jaroslaw (»Jara«) wohnte mit seiner Frau Jelena in dem anderen Zimmer, das einen großen Kleiderschrank, eine Buchvitrine und einen von der ganzen Familie benutzten Flügel enthielt. Mit seinen hohen Decken und den antiken Möbeln war das Heim der Iwanows eine winzige Insel der Intelligenzija in der proletarischen Hauptstadt.
    Swetas Vater Alexander Alexejewitsch war ein hochgewachsenerbärtiger Mann von Mitte fünfzig mit traurigen, aufmerksamen Augen und grau meliertem Haar. Ein Altbolschewik, hatte er sich der revolutionären Bewegung 1902 als Student an der Universität Kasan angeschlossen, war relegiert und inhaftiert worden und hatte sich dann erneut an der Physikalischen Fakultät der Universität St. Petersburg eingeschrieben, wo er vor dem Ersten Weltkrieg mit dem großen Physiker Sergej Lebedew an der Entwicklung von Kunstgummi zusammenarbeitete. Nach der Oktoberrevolution von 1917 hatte Alexander eine führende Rolle in der Organisation der sowjetischen Gummiherstellung gespielt. 1921 verließ er die Partei – offiziell aus Gesundheitsgründen, doch in Wirklichkeit deshalb, weil er desillusioniert über die bolschewistische Diktatur war. Im Verlauf der nächsten zehn Jahre unternahm er zwei ausgedehnte Dienstreisen in den Westen, bevor er mit seiner Familie 1930 nach Moskau zog. Dies geschah auf dem Höhepunkt des Fünfjahresplans zur Industrialisierung der Sowjetunion. Gleichzeitig kam es zur ersten großen Welle des Stalin’schen Terrors gegen »bourgeoise Spezialisten«, in deren Verlauf man viele von Alexanders ältesten Freunden und Kollegen als »Spione« oder »Saboteure« ergriff und erschoss oder in Arbeitslager schickte. Er selbst war durch seine Auslandsreisen politisch angreifbar, überlebte jedoch, arbeitete weiter für die Sache der Sowjetindustrie und stieg zum stellvertretenden Direktor des

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