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Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Titel: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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wurden von Stalins politischer Polizei, dem NKWD, Verhaftungslisten vorbereitet.
    Mindestens 1,3 Millionen »Volksfeinde« wurden während des Großen Terrors von 1937/38 verhaftet und mehr als die Hälfte später erschossen. Niemand erfuhr je, was die Ursache dieser kalkulierten Massenmordpolitik war: Stalins paranoische Beseitigung potenzieller Feinde, ein Kampf gegen »soziale Außenseiter« oder – höchstwahrscheinlich – die vorbeugende Ausrottung von »unzuverlässigen Elementen« für den Fall eines Krieges in einer Zeit erhöhter internationaler Spannung. Der Terror durchdrang die gesamte Gesellschaft. Jede Lebenssphäre war betroffen. Nachbarn, Kollegen, Freunde und Verwandte konnten über Nacht als »Spione« oder »Faschisten« angeschwärzt werden.
    Die Welt der sowjetischen Physik war besonders gefährdet, teils wegen ihrer praktischen Bedeutung für das Militär und teils wegen ihrer ideologischen Gespaltenheit. Die Moskauer Physikalische Fakultät bildete das Zentrum dieser Entzweiung. Auf der einen Seite befand sich eine Gruppe brillanter junger Forscher wie Juri Rumer und Boris Gessen, die für die Physik von Einstein, Bohr und Heisenberg eintraten, auf der anderen eine ältere Gruppe von Lehrern, welche die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik als »idealistisch« und unvereinbar mit dem dialektischen Materialismus, der »wissenschaftlichen« Grundlage des Marxismus-Leninismus, anprangerten. Die ideologische Spaltung wurde politisch verstärkt, denn die Materialisten warfen den Anhängern der Quantenmechanik vor, »unpatriotisch« (das heißt potenzielle »Spione«) zu sein, weil sie ins Ausland gereist seien und sich von der westlichen Naturwissenschaft beeinflussen ließen. Im August1936 , kurz vor dem Beginn von Lews und Swetas zweitem Studienjahr, wurde Gessen als angebliches Mitglied einer »konterrevolutionären Terroristenorganisation« verhaftet und später erschossen. Im September verwies man Rumer von der Universität.
    Von den Studenten wurde Wachsamkeit erwartet. Im Komsomol stellten sie Kommilitonen zur Rede, deren Verwandte verhaftet worden waren, und verlangten ihre Exmatrikulation, wenn sich dieBetroffenen nicht von ihren Angehörigen lossagen wollten. Viele wurden aus anderen Fakultäten vertrieben, doch in geringerem Maße aus der Physik, wo unter den Studenten ein starker Korpsgeist herrschte. Dieser Gemeinschaftssinn rettete auch Lew nach einem Vorfall im Jahr 1937.
    Die militärische Ausbildung war obligatorisch für Vollzeitstudenten der Moskauer Universität. Sie mussten sich einem Reserveoffizierskorps anschließen, das in Kriegszeiten mobilisiert werden konnte. An der Physikalischen Fakultät wurden die Studenten auf Kommandoposten in der Infanterie vorbereitet. Zur Ausbildung gehörte auch die Teilnahme an zwei Sommerlagern bei Wladimir. Im ersten Lager, das im Juli 1937 stattfand, war der Hauptanleiter gerade zum stellvertretenden Befehlshaber eines Regiments befördert worden, das keine Universitätsabsolventen enthielt. Es machte ihm Spaß, die elitären Physiker zu drillen, indem er sie jeweils 200 Meter laufen und dann 200 Meter marschieren ließ, was sich endlos wiederholte. Es entsprach nicht Lews Charakter, den Mund zu halten, wenn Autoritätspersonen kleinliche Schikanen begingen. Irgendwann bemerkte er: »Unsere Befehlshaber sind Idioten!« Der Anleiter hörte seine Worte und machte den Militärbehörden Meldung. Die Angelegenheit wurde schließlich vom Divisionsparteikomitee des Moskauer Militärbezirks untersucht, das Lew »wegen konterrevolutionärer trotzkistischer Agitation gegen die Kommandoränge der Roten Arbeiter-und-Bauern-Armee« aus dem Komsomol ausschloss. Im folgenden September kehrte Lew an die Universität zurück. Da er weitere Konsequenzen fürchtete, bat er das Divisionsparteikomitee schriftlich, seinen Ausschluss aus dem Komsomol rückgängig zu machen. Er wurde ins Hauptquartier des Militärbezirks vorgeladen, wo sich das Komitee seine Version der Ereignisse anhörte, den Ausschluss aufhob und ihm stattdessen einen »strengen Tadel« (strogi wygowor) für »dem Komsomol unangemessenes Benehmen« erteilte. Er hatte noch einmal Glück gehabt. Später erfuhr Lew, dass dies in erster Linie auf einen mutigen Schritt von drei Kommilitonen an der Physikalischen Fakultät zurückzuführen war, die einen Appell an das Komitee geschriebenund mit ihren eigenen Namen unterzeichnet hatten. Da Lew bei den anderen Studenten an seiner Fakultät

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