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Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Titel: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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verloren haben, während ich nur eine Strohbraut 26 bin. Das ist vermutlich der maßgebliche Unterschied, doch es fällt mir schwer, zu entscheiden, welcher schlimmer ist. Außerdem ist Klara liebevoll, und ich bin es nicht. Natürlich hat Klara sich manchmal bei ihr ausgeweint – im Gegensatz zu mir.
     
    Hinzu kam Nina Semaschko, Lews und Swetas Kommilitonin aus der Physikalischen Fakultät, deren Mann Andrej im Krieg gefallen und deren neugeborener Sohn später ebenfalls gestorben war. Während Sweta den Tod von Ninas Sohn in einem Brief an Lew beschrieb, rührte sie auch ihren eigenen Kummer an:
     
Es ist immer schwer, jemanden zu beerdigen, doch noch etwas ganz anderes, wenn es sich um einen kleinen und jungen Menschen handelt. Ein Außenstehender nimmt ein Kind nur in der Gegenwart wahr – aber für die Mutter erstreckt sich diese Gegenwart zurück in die Vergangenheit und umschließt alles in der Zukunft. Damit meine ich nicht nur die neun Monate des Wartens und die elf Monate des Stillens, sondern auch, lange vorher, den Wunsch oder den Widerwillen (oder die Besorgnis, ob es überhaupt möglich ist). Ich weiß nicht, ob ich mich klar ausdrücke, aber diese Zukunft ist alles, umfasst sämtliche Pläne und Träume, bis hin zu dem Wunsch, Enkel zu haben. Folglich reißt [der Tod eines Kindes] einen so großen Brocken aus dem »Alles« heraus, dass nichts mehr da zu sein scheint, das die Lücke füllen könnte. Zum Glück ist die Welt so beschaffen, dass der Schmerz mit der Zeit nachlässt … Nina ist jung genug – und sie hat die Freiheit –, zu entscheiden, ob ein weiteres Kind die Leere füllen kann, aber nun ist nicht der richtige Zeitpunkt, mit ihr darüber zu sprechen. Im Moment sagt sie nur, dass es füreinen Menschen, der vom Pech verfolgt wird, sinnlos sei, nach irgendetwas, schon gar nicht nach Glück, zu streben.
     
    Sweta sehnte sich nach einem Kind. Sie war dreißig Jahre alt und wusste, dass Lew in frühestens acht Jahren entlassen werden oder vielleicht gar nicht zurückkehren würde. Das hatte sie möglicherweise mit den Worten gemeint, sie warte darauf, »dass mein Leben weitergeht«. Nach der Reise nach Petschora hatte sie keinen Zweifel daran, dass ihre Zukunft – ihr »Alles« – mit Lew verknüpft war. Die beiden hatten jedoch beschlossen, kein Kind zu haben, solange er sich in Haft befand. Jahre später sinnierte Lew über dieses Thema:
     
    Ich wollte ihre Zukunft nicht mit meiner Gegenwart oder Zukunft belasten. Ich wollte nicht, dass sie sich aus Liebe zu mir aufopferte, sich mit meinem Schicksal verband. Deshalb war ich dagegen, dass wir uns durch Kinder aneinanderfesselten. Niemand wusste, was geschehen würde, solange Stalin am Leben war – und ich erwartete nichts Gutes. Ich konnte es nicht verantworten, Sweta in einer solchen Situation ein Kind aufzubürden, denn ich würde nicht nur unfähig sein, ihr zu helfen, sondern sie und das Kind vielleicht sogar einem schrecklichen Dasein aussetzen. In Stalins Zeit konnten aus Arbeitslagern entlassene Häftlinge, »Volksfeinde« wie ich, kein normales Leben führen. Sie wurden häufig erneut verhaftet oder in die Verbannung geschickt … Ich wollte Sweta und ihre Familie nicht mit den schrecklichen Schwierigkeiten und dem Elend belasten, die unvermeidlich gewesen wären, wenn wir ein Kind gehabt hätten. Aber Sweta wünschte sich ein Kind.
     
    Sweta konzentrierte all ihre mütterlichen Instinkte auf Alik, Jaras Sohn. Ihre Briefe enthielten regelmäßige Berichte über ihren Neffen, den sie offenkundig anbetete. »Ljowa«, schrieb sie, »Alik wird sieben, nicht acht, und wir haben seinen Geburtstag am Sonntag gefeiert.«
     
Heute hat Lena [Aliks Mutter] ihn mitgebracht, und wir haben uns Obraszows Gestiefelten Kater angesehen. Das Stück gefiel ihm, weil es so kurz war, doch obwohl er begreift, dass die Tiere nicht echt sind (schließlich ist er selbst ein ziemlich guter Schauspieler), glaubte er doch, dass Menschen in die Marionetten hineinschlüpfen (oder sie sich anziehen). Also bemerkte er nicht, dass die Marionetten dafür zu klein waren. Übrigens hat er schon wirkliche Theater besucht, zum Beispiel das Kindertheater, wo die Erzählungen gezeigt wurden. Erinnerst Du Dich an Das Katzenhaus und Meister Bockowitsch ? 27 Ich glaube, wir haben sie gesehen, als wir das letzte Mal zusammen waren, unsere allerletzte Fahrt ins Kino nicht mitgerechnet – ich weiß nicht mehr, wie der Film hieß. Alik ist beträchtlich gewachsen und

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