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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Händchen selig in denen von Vati und Mutti, wie sie Irene nannte. Es waren unbeschwerte, glückliche Sonntage, in denen die ganze Last des Aufbaues von Gerholdt abfiel und er Mensch sein konnte, so vollkommen Mensch und losgelöst von allen Gedanken, daß er einmal sagte: »Ich habe nie gewußt, daß ein einziger Tag Glück ausreicht, Kraft für einen ganzen Monat zu geben.«
    In den Tagen, an denen Gerholdt in Berlin wegen des Kredites von einer Million verhandelte, erlebte Irene Hartung den Besuch eines Mannes, der sich schlicht mit Petermann vorstellte und sich mit zwei uniformierten SA-Leuten in die Wohnung Irenes schob.
    »Sie wünschen?« fragte Irene steif. Petermann grinste frech.
    »Zunächst, daß Sie schön brav sind und uns auf alles eine Antwort geben.«
    Irene spürte, wie die Gefahr sie körperlich ansprang. Sie wich zum Fenster zurück, während sich Petermann ohne Aufforderung in den Sessel neben dem Ofen setzte und die Beine übereinanderschlug. Die beiden SA-Leute, junge Burschen mit glatten, unausgebildeten Gesichtern, standen an der Tür und sahen Irene wie ein Ausstellungsstück an.
    »Was wollen Sie hier?« sagte Irene laut und scharf.
    »Psst!« Petermann hob die Finger an den Mund. »Sie sehen die beiden SA-Männer, Fräulein Hartung?«
    »Sie sind kaum zu übersehen.«
    »Sie haben den Befehl, Sie sofort mitzunehmen, wenn Sie mir eine falsche Auskunft geben!«
    »Wer hat den Befehl gegeben? Wer hat überhaupt so etwas zu befehlen! Wer sind Sie denn?« Irene Hartung fühlte es kalt um ihr Herz werden. Es geht um Frank. Sie wußte es in dem Augenblick, in dem Petermann ihre Wohnung betrat. Sie wollte noch etwas sagen, aber Petermanns Hand fuhr energisch durch die Luft.
    »Werden Sie nicht frech!« Er richtete sich in dem Sessel etwas auf. »Es geht Sie einen Dreck an, wer befohlen hat! Wichtig ist allein, daß wir die Macht haben, Sie zum Sprechen zu bringen, wenn Sie so dumm sein sollten, nichts oder die Unwahrheit zu sagen.«
    »Sie drohen mir?« Irene starrte Petermann an. Angst ergriff sie. Eine kalte, den ganzen Körper durchzitternde Angst vor der Gnadenlosigkeit, der sie gegenüberstand.
    »Ich warne Sie!« Petermann legte die Hände aneinander. An seinem Ringfinger schimmerte ein dicker goldener Siegelring. Auf der Platte, die fast bis zum ersten Fingergelenk reichte, sah Irene eine tiefe Gravur. Ein Hakenkreuz. Ihr wurde übel vor Angst. Sie wandte sich ab. Petermann lächelte mokant.
    »Wo ist Frank?«
    »In Berlin«, sagte Irene leise.
    »Ach!« Petermann riß die Augen auf. »Wo?«
    »Im Wirtschaftsministerium und der Planungsstelle für den Vierjahresplan.«
    Petermann schluckte. Mist, dachte er. Verdammter Mist. Ich will ihn fertigmachen, und der Kerl verhandelt mit den höchsten Parteistellen. Um seine plötzliche Unsicherheit zu verbergen, wurde er laut und schnauzte Irene an.
    »Woher hat er das Geld?«
    »Welches Geld?«
    »Stellen Sie sich nicht blöd an!« schrie Petermann. Er schnellte aus seinem Sessel empor und trat auf die zitternde Irene zu. »Frank hat eine Fabrik gekauft.«
    »Ja.«
    »Mit welchem Geld?«
    »Ich weiß es nicht –«
    Petermann hob die Hand und schlug Irene ins Gesicht. Sie taumelte gegen die Wand und legte beide Hände schützend vor die Augen. Die beiden SA-Männer grinsten dumm. Die Szene amüsierte sie. Petermann geht 'ran, dachten sie. Ein forscher Bursche.
    »Woher?« fragte Petermann kalt.
    »Ich –«
    Sie konnte den Satz nicht beenden, weil Petermann rücksichtslos auf sie einschlug. Er hieb ihre Hände vom Gesicht und ließ seine flache Hand klatschend über ihre Wangen fallen, rechts, links mit dem Handrücken, daß die große Goldplatte des Siegelringes sich tief in ihre Haut grub und helle, rote Flecken hinterließ. Irene sank an der Wand zusammen. Sie klammerte sich an einem Tischchen fest und sah mit verzweifelten Augen zu den beiden Männern an der Tür hin. Die SA-Männer grinsten dumm.
    Da schrie sie. »Hilfe!« schrie sie grell. »Hilfe!« Sie wollte zum Fenster taumeln, um es aufzureißen und ihren Schrei über die Straße zu schicken. Petermann riß sie zurück und stieß sie ins Zimmer hinein.
    »Ruhe!« schrie er. »Sofort bist du still, oder ich schlage dich tot!« Er ballte die Fäuste und baute sich vor der wimmernden Irene auf, wie ein Henker, der sein Opfer sadistisch quält, ehe er es hinrichtet. »Wo ist das Geld her?«
    »Er hat es gewonnen«, stöhnte Irene Hartung leise.
    »Gewonnen?« Petermann ließ die Fäuste

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