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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Montagehallen, er lieferte jetzt sogar fertige Panzerplatten, die nur, maßgerecht zugeschnitten, auf den Werften angenietet zu werden brauchten. In Peenemünde bildete sein Stahl die Grundlage von geheimen Forschungen. Man munkelte von Raketengeschossen, von Granaten, die in die Stratosphäre geschossen wurden und dort, im luftleeren Raum, weitere Strecken zurücklegten, bis sie nach genauer Winkelfallberechnung auf das Ziel herunterfielen wie ein alles vernichtender Meteorit.
    Dr. Schwab verstummte vor diesen Geheimberichten. Sein Gesicht war zerfurcht. Das Schicksal des Erfinders, dem das eigene Werk über die Kontrolle hinauswächst, verschonte auch ihn nicht und drückte ihn seelisch nieder. Um so unbekümmerter und fast gewissenlos wurde Gerholdt. Er begann, kraft seiner Vollmachten über gewisse Devisenkonten, einen Teil seines Privatvermögens in der Schweiz, in Chile, in Argentinien, in Spanien und sogar in England und Amerika anzulegen. Immer unter dem Namen Rita von Buckow. Als der Krieg 1939 ausbrach und Hitler im Reichstag sagte, daß seit dieser Nacht zurückgeschossen würde, besaß Rita in vierzehn Ländern ein Konto von insgesamt zwei Millionen Mark, die Gerholdt in kleinen Beträgen über Jahre hinweg aus dem Betrieb gezogen hatte.
    Er sah der Zukunft mit Ruhe entgegen. Er hatte wieder gezeigt, daß er dem Schicksal die Stirn zu bieten vermochte und klüger war als Gott, mit dem er – nach seiner Auffassung – in einen offenen Streit getreten war.
    Als die ersten Sondermeldungen durch das Radio kamen, begleitet von Liszts mächtiger Musik aus ›Les Préludes‹, als Polen zusammengeschlagen wurde und die Stukas über die Ebenen der Weichsel heulten und Panik unter die Menschen trugen, als deutsche Panzer sich durch die sonnenflimmernden Wälder mahlten und über die staubigen Straßen deutsche Truppen nach Osten zogen, saß Gerholdt zufrieden und ein wenig korpulenter geworden in seinem tiefen Sessel und sah zu Dr. Schwab hinauf, der die neuen Produktionszahlen vortrug und davon sprach, eine neue Halle einzurichten.
    »Schon wieder eine!« sagte Gerholdt lässig. »Was habe ich Ihnen vor einem halben Jahr gesagt: Der Krieg ist unser bestes Geschäft.«
    »Bitte ersparen Sie mir darauf eine Antwort«, sagte Dr. Schwab steif. »Was ich vortrage, sind lediglich werktechnische Dinge, die meine eigene Meinung nicht wiedergeben.«
    »Unsere Panzerplatten fahren durch Polen, Dr. Schwab. Sie sind allen anderen überlegen!«
    »Ich habe es gelesen.«
    »Zur Verstärkung des Westwalles werden sie jetzt in die Bunker eingebaut. Vor allem in die Geschützstellungen.«
    »Auch das ist mir bekannt.«
    »Man wird Ihnen bald für Ihre unvergleichlichen Dienste am Reich ehrenhalber das Goldene Parteiabzeichen verleihen«, scherzte Gerholdt. »Und das, obgleich Sie so ziemlich der letzte meiner Angestellten sind, der nicht in der NSDAP ist!«
    Er wußte, daß er damit Dr. Schwab an der empfindlichsten Stelle traf. Hier war die Grenze des Scherzes … Dr. Schwab wandte sich ab.
    »Ich muß in den Betrieb zurück«, sagte er hart.
    »Noch einen Augenblick.« Gerholdt erhob sich und trat auf den Physiker zu. Er faßte ihn an der Schulter und drehte ihn zu sich herum. Nahe standen sie sich gegenüber. Das Gesicht Dr. Schwabs war gerötet vor innerer Erregung. Gerholdt schüttelte den Kopf.
    »Ich will mit Ihnen einmal ganz privat sprechen. Sie sind ein ausgemachter Vollidiot!«
    »Herr Gerholdt!« rief Dr. Schwab konsterniert.
    »Wie lange kennen wir uns?«
    »Fast fünf Jahre.«
    »Und in diesen fünf Jahren haben Sie nichts gemerkt?«
    Dr. Schwab erstarrte. »Nein«, sagte er stockend.
    »Sie halten mich für einen riesengroßen Nazi, was? Für einen Glücksritter, für einen Menschen, der – wie der Volksmund so schön sagt – ›über Leichen geht‹!«
    »Soll ich Ihnen darauf antworten, Herr Gerholdt?«
    Gerholdt winkte ab. »Nicht nötig. Ihre Frage ist Antwort genug. Und deshalb nenne ich Sie jetzt privat einen ungeheuren Vollidioten!« Er trat zurück und ging in dem großen, sonnendurchfluteten Raum hin und her. Sein jetzt schon stark ergrautes Haar schimmerte fast weiß in der grellen Beleuchtung. »Ich trage eine Parteinummer – eine ziemlich niedrige sogar, denn ich trat 1933 in die SA ein. Haben Sie an mir schon eine Uniform gesehen?«
    »Nein –«, sagte Dr. Schwab gedehnt.
    »Ich wurde Ehrenmitglied der Partei … trage ich ein Parteiabzeichen?«
    »Nein.«
    »Ich will noch weitergehen. Ich besuche

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