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Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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jeder hätte nach dieser Erkenntnis vermutlich die Flucht ergriffen, wäre aufgesprungen, hätte ihn bemitleidet oder beschimpft. Er wusste nicht, was er erwartete, aber wie so oft überraschte Amy ihn. Sie wiederholte den Satz, den er ihr entgegengeschleudert hatte, bevor er sie anlog. Nun kannte sie die Wahrheit.
    „Es gab nur eines, was ich für sie tun konnte, hast du im ‚Ekstase‘ zu mir gesagt. Du hast sie verlassen, nicht getötet. Doch auch das brachte sie um.“
    Nyl bejahte fast unhörbar.
    „Hast du jemals jemanden wahrhaftig umgebracht?“
    Er schluckte. Bilder von blutleeren Körpern, dunkelrotem Blut auf blasser Haut tauchten vor seinem inneren Auge auf. Er schüttelte langsam den Kopf. „Nein.“
    „Das ist gut“, sagte sie und sah an ihm vorbei. Der Sternenhimmel spiegelte sich in ihren Augen. „Weil du die Frauen gebissen hast, bist du zum Tribor geworden.“
    Er nickte.
    „So schnell? Nicht ganz fair.“
    „Es war wohl zu viel weibliches Blut.“
    „Warum bist du nicht zu ihr? Hast ihr alles erklärt. Sie wäre mit dir gegangen.“
    Ein Lächeln glitt über sein Gesicht, das bestimmt wehleidig aussah. „Amy, Tribore haben sich nicht unter Kontrolle.“
    Amy hob die Augenbrauen.
    Er seufzte. „Ich war noch sehr jung und alles, was ich über die Sucht wusste, verabscheute ich. Für mich waren damals die Tribore, was wir Schwarzen für die Klanmitglieder darstellten. Ich dachte, ich würde vor Gier rücksichtslos morden, vor allem bei den tiefen Gefühlen, die ich für Elisabeth hegte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn man jemanden mit Haut und Haar besitzen und vereinnahmen möchte.“ Er verstummte kurz. „Ich weiß nicht, weshalb ich so gut mit der Sucht umgehen kann. Ich halte mich daran, täglich mehrfach zu trinken, aber mir ist kein anderer Vampir bekannt, dem es wie mir gelingt, nicht vollständig auszurasten.“ Amy bewegte sich leicht auf seinem Schoß und beinahe hätte er sie fest an sich gedrückt. „Heute war ein schlechter Tag. Bitte entschuldige.“ Es gab, seitdem er Amy begegnet war, fast nur schlechte Tage, wenn er ehrlich war.
    „Hast du mal wie Jonas versucht, dich zu heilen?“
    Er schüttelte den Kopf und senkte ihn. Eine tiefe Leere überkam ihn. „Nein. Seit dem Vorfall mit Elisabeth, dem Beginn meiner Abhängigkeit, sehe ich keinen Sinn darin, auf mich achtzugeben. Wofür? Nichts ist mehr wichtig.“ Ihre Blicke trafen sich und er verlor sich in ihren dunklen Augen mit den winzigen Sprenkeln, die sein Herz erwärmten und gleichsam in Tausende Scherben brachen, denn sie waren seinen Augen so ähnlich. Was hatte er bloß angerichtet? Er durfte ihr nicht auf ihre unausgesprochene Frage antworten, obwohl alles in ihm schrie, dass sie endlich erfahren musste, wie wichtig sie ihm geworden war, wichtiger als alles andere auf der Welt. „Du hasst mich.“
    „Ich hasse dich doch nicht!“
    „Lüg mich nicht an. Ich weiß es.“
    Amy erhob sich von seinem Schoß. Er spürte es wie einen seelischen Verlust, als sein Körper den Kontakt zu ihrem verlor. Doch sie ging nicht fort, sondern kniete sich vor ihn in den mondbeleuchteten Sand. Ihr welliges Haar schimmerte. „Ny’lane Bavarro, ich hasse, wie du dein Leben verschwendest. Ich hasse, wie du Cecilia und all die anderen Frauen behandelst. Ich hasse es, wenn du dich betrinkst, wenn du Sachen zerstörst, wenn du andere beleidigst, um dich zu schützen. Ich hasse es, wenn du deine Gefühle hinter einer starren Maske verbirgst. Ich hasse es, wenn du mich von dir stößt und so tust, als bedeutete ich dir nichts. Aber ich hasste niemals dich.“
    Ny’lane holte tief Luft. Sein Brustkorb spannte. Er befeuchtete sich die Lippen, spürte das feine Vibrieren seiner Fänge, ein sanftes Zittern ergriff von ihm Besitz, das wie knisternde Aufregung durch seine Nerven jagte. „Hasste?“, fragte er rau, nicht fähig seine Gefühle, seine Frage näher zu erläutern.
    „Ich hasse dich auch jetzt nicht.“
    Doch leider sagte sie nicht, was er zu hören hoffte. Hoffte er? Er war doch zu dämlich. Wie kam sein Hirn bloß von Hass auf Liebe? Das war schließlich das Gegensätzliche, nicht das, das am nächsten, sondern das am gegenüberliegenden, am entferntesten Ende von Hass lag. Ich hasse dich nicht, war noch lange kein … Er schüttelte energisch den Kopf und rieb sich über die Kopfhaut, als er kurz davorstand, ihr zu versprechen, mit allem aufzuhören, ihr alles zu erklären. Himmel!
    „Cecilia liebt

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