Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
Vom Netzwerk:
sich an einem anderen Ort. Die Verwunderung wich, als sie wahrnahm, dass sie auf einem warmen Schoß, in den Armen einer Person lag. Eines Wesens, flüsterte ihr Instinkt. Ihr Pulsschlag nahm einen schnelleren Takt auf. Er oder sie hatte ihr Erwachen längst bemerkt, aber vor Angst, in die kräftigen Hände des Engels aus ihrem sündigen Traum geraten zu sein, zögerte sie, die Augen zu öffnen. War er hier, um sie zu töten?
    „Fürchte dich nicht.“
    Amy zuckte zusammen. Die Stimme klang tief und rau. Ruhig glitten die Worte mit einer Intensität zu ihr, die sie fesselte. Der Satz erinnerte sie an den Religionsunterricht im Internat. Ein Bibelspruch? Nun gut, wenn Nephilim mit ihr Katz und Maus spielen wollte, würde sie ihm entgegentreten. Ob sie tot war oder gleich starb, sie würde nicht aufgeben. Ruckartig hob sie die Lider und registrierte, dass sie etwas sehen konnte.
    „Oh, mein Gott“, hauchte sie. Das Gesicht, das auf sie herunterblickte, zeigte ebensolche Überraschung. Dunkelbraune, verwitterte Haut verstärkte den Blick aus den riesigen, schwarzen Augen mit den platinfarbenen Sprenkeln. Alles an dem Mann wirkte robust, doch die Ruhe, die er ausstrahlte, überlagerte die Kraft, die in ihm zu schlummern schien. Amy blinzelte geschockt, dann verlegen, weil sie wie ein Kind auf seinem Schoß lag. Sie schluckte. „Jitu?“
    Der Mann öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Es dauerte, bis er die Sprache fand. „Ja, mein Name ist Jitu Bavarro. Woher …? Und deine Augen. Hast du …? Heiliger, wie unhöflich.“ Er hob sie hoch und setzte sie auf etwas Weiches.
    Matt leuchtendes, hellgrünes Moos bedeckte die Kuppel. Es schlängelte sich an der Decke entlang, überwucherte Säulen und den Boden, auf dem sie saß. Die innere Anspannung löste sich allmählich, unzählige Fragen purzelten durch Amys Kopf, jetzt, wo sie wusste, sie hatte nicht den Engel, sondern Ny’lanes Vater vor sich. Leider war damit die Gefahr für die Menschheit nicht gebannt.
    „Jitu, du hast mir das Leben gerettet. Endlich kann ich wieder Sauerstoff atmen und nicht nur Staub. Danke.“
    Er runzelte die Stirn. „Du weißt, wer und ich vermute, auch was ich bin.“
    „Ja, aber das ist eine lange Geschichte.“
    Jitu lächelte und offenbarte etliche Falten. „Ich habe dich sicher erschreckt, als ich dich biss.“ Er räusperte sich. „Mich lockte natürlich dein Blut, doch ich sah mich gezwungen, deinen Organismus zu verlangsamen, dich in tiefe Trance zu versetzen, damit du den Weg hierher überlebst.“ Er griff in seine Tasche. „Hier.“
    Amy lächelte. Ihr Smartphone! Das Ding ging wohl nie verloren. Sie stecke es ein. „Du bist seit Jahrhunderten hier, nicht wahr?“ Die Zeit drängte, sie musste fragen.
    „Dem ist so. Nichts hat mich mehr überrascht, als einen Menschen hier zu sehen. Ich benötige keinen Sauerstoff. Das genetisch veränderte Moos züchtete ich aus Einsamkeit. Und nun retten die Pflanzen ein Leben …“ Er lachte.
    Es erinnerte sie an Nyl. Wie sollte sie Jitu offenbaren, dass er einen Sohn hatte? „Jitu, es tut mir leid, ich weiß nicht, ob ich eine Rettung für dich bin, aber bitte glaube mir. Wir müssen so schnell wie möglich hier raus, es zählt jede Minute. Gibt es einen weiteren Zugang außer dem eingestürzten?“
    „Ich vertraue dir, Amy Evans. Du sprichst aufrichtige Worte. Außerdem erkenne ich meine in deinen Augen. Ist es wahr …?“ Jitus Stimme brach. „… lebt er?“
    Amy begriff, dass Jitu ihre Gedanken las. Beinahe hätte sie aufgelacht. Wie der Vater, so der Sohn. Himmel, wenn sie noch Zweifel gehegt hatte, waren sie nun endgültig ausgeräumt. „Ja, Jitu, Aziza gebar deinen Erben. Ny’lane ist hier, um dich zu retten.“
    Der Berg von einem Mann hob die Hände vor das Gesicht. Er schluchzte, erst zögerlich, dann immer heftiger. Sein Körper bebte.
    Amy berührte ihn am Knie. „Weißt du, welcher Tag heute ist?“
    Jitu versuchte, sich zusammenzureißen, wischte die Tränen fort. „Nein, tut mir leid.“
    Amy atmete tief durch. „Heute ist der 7. Mai 2011.“
    Jitu sprang auf und riss die Arme über den Kopf. „Was? Heiliges Sakrament! Verflucht!“ Während er auf und ab tigerte, musterte er sie. Er las offensichtlich ihre Gedanken und fluchte mehrfach lauthals. „Schau nicht so, Amy. Ich bin Priester, kein Heiliger. Ich hoffte, der Welt da oben ginge es gut. Die katastrophalen Neuigkeiten erschüttern mich. Und du hast recht, die Zeit ist knapp. Du bist als

Weitere Kostenlose Bücher