Schicksal des Blutes
hörte?“
„Ja. Wir sind zwei Menschen und vier Vampire. Weshalb?“
„Da muss jemand sein, der nichts mit dem Rat zu tun hat“, erwiderte Jitu.
Ny’lane runzelte die Stirn und zögerte. Schon wieder die Fürsten. Was hatten die mit Jitu zu tun? Und mit ihm? Timothy reagierte umgehend. Er verzog sich außer Hörweite, bis sie ihn mental zurückriefen. Nyl besann sich. Sie mussten sich beeilen. „Okay, jetzt rede. Amy scheint in Trance, sie hört nichts.“
„Das heißt, alle, die bei dir sind, wissen um den Rat.“ Jitus Stimme tönte nun weitaus aufgeregter. „Ich musste damals doch versuchen, zu verhindern, dass ein verfluchter Engel unzählige Menschenfrauen tötete. Dies war und ist meine Aufgabe!“
„Warum?“, brachte Ny’lane nur mühsam über die Lippen, weil die einzige Antwort auf seine Frage wie eine abgeschossene Rakete in seinem Gehirn umherzischte.
„Die Menschheit vor Wesen zu schützen, die sich nicht an die Gesetze halten, ist die Aufgabe des Ältesten, Nilané, mein Sohn. Es ist meine Pflicht.“
Ny’lane schwankte. Die Zeit drängte, doch in ihm brachen sich sämtliche Erinnerungen und Gedanken Bahn, für alle Ungereimtheiten und offenen Fragen schien eine Erklärung plötzlich greifbar. Jonas’ Griff verstärkte sich. Auch er hatte geschockt aufgestöhnt.
„Mir wurde zugetragen, der Älteste sei nur ein Gerücht“, sagte Jonas rau. „Ich bin einer der neun Fürsten. Jonas Baker. Jitu, erzähle uns in Kurzform die ganze Geschichte, damit wir sie begreifen. Vielleicht liegt dort die Lösung. Bitte, rasch.“
„Gut, das Wichtigste zum Engel. Mit dem Tod meines Dads Yohaness wurde ich zum Ältesten des Rates. Ich erhielt Zugang zum Heiligtum der Wesen, dieser Bibliothek, und las mich durch die Kostbarkeiten von Jahrhunderten, um weise Urteile zu sprechen. Am 3. Mai 1311 stieß ich auf ein uraltes Manuskript, in dem Yohaness die zerstörerische Himmelsmacht erwähnte, die alle 700 Jahre niederfuhr und mordete.“
Ny’lane folgte gespannt Jitus Worten, die genau zu dem passten, was Aziza ihnen erzählt hatte. „Weiter!“ Amys Bewegungslosigkeit, sie nicht berühren zu können, sie nicht mehr zu spüren, obwohl sie vor ihm stehen musste, brachte ihn halb um.
„Ich entwendete das Manuskript, weil der Tag des 7. Mai 1311 exakt 700 Jahre nach dem erwähnten Datum, dem 7. Mai 611, nahte und es wieder Tote geben würde. Ich war fest entschlossen, als Ältester die Katastrophe zu verhindern. Früh am nächsten Tage verließ ich Aziza, die nichts davon weiß, dass ich der Älteste bin, und ging zurück ins Heiligtum. Ich verkannte, dass der zornige Götterbote sich bereits auf der Erde befand. Er ließ mit seiner unvorstellbaren Allmacht die Bibliothek der Menschen und die darunterliegende der Wesen vom Erdreich verschlucken, sperrte mich magisch fort, damit ich ihn nicht aufhalten konnte und das Wissen mit mir unterging.“ Jitu seufzte. „Jonas, Fürst, mein Geist löst sich ebenso wie deiner vom Körper. Meiner ist gefangen, dennoch nehme ich jede Verurteilung im Rat vor. Nephilim dämmte meine Macht als Ältester nur insoweit, dass ich ihn nicht verurteilen konnte, wenn er sich auf die Erde begab. Engel sind die mächtigsten Homo animal. Ich konnte weiterhin würdig amtieren. Deinen Fluch sprach ich ebenfalls. Er wirkt nicht, weil du dir nichts hast zuschulden kommen lassen. Cira zu retten war deine Pflicht als ihr Sternbruder. Vorherbestimmt. Du hättest nichts gegen die Anziehung tun können. Doch ich fühlte, du brauchtest die harte Bestrafung, um dich vor dir selbst zu schützen. Suizid schwebte dir vor und selten ist mir jemand begegnet, der sich einen Fluch vom Rat so sehr wünschte wie du. Nun zweifle nicht länger, er wird niemals Wirkung zeigen.“
Jonas’ Hand hatte sich auf seiner Schulter verkrampft. Nyl berührte sie und gab ihm zu verstehen, für ihn da zu sein. „Ich wurde nie gerufen, weil ich dein Sohn bin?“
Jitu lachte leise. „Weil du nach mir der Älteste wirst, Nilané. Du kannst Gedanken lesen, nicht wahr? Wie ich. Diese Gabe ist niemandem sonst gegeben. Leider dringt sie nicht durch den magischen Schutz. Ich wäre gern näher bei dir.“
Wie gut. Seine Gaben hatten ihn verlassen, wie sein Augenlicht, weil er sie missbraucht hatte. Timothy fiel ihm ein, der immer zuerst an andere dachte. „Jitu, unser Freund und Krýos Timothy Fontaine gab sein Blaues Blut an seine Frau Sam. Wird sie dasselbe Schicksal wie seine Mutter Elena-Joyce Fontaine
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