Schicksal des Blutes
langen, bordeauxroten Haaren. Selbstbewusst, sportlich und klug. Wäre Samantha nicht gewesen, wäre sie bei der Metamorphose zum Vampir gestorben. Cira war überzeugt davon, die Kraft zum Überleben durch die Verbindung der drei Sternringe geschenkt bekommen zu haben. Sam hatte ihren Rubinring in Timothys geheimnisvollem Diamanten erspürt, den er versteckt an einem Band am Körper trug – im allerletzten Moment.
„Es ist schon cool, zu spüren, was ein anderer empfindet. Aber auch verwirrend. Findest du nicht?“, sinnierte Sam.
Cira lächelte. Seit Sam von ihrer Bestimmung als Sternträgerin wusste und den Ring besaß, wohnte ihr dieselbe Gabe inne wie Jonas und ihr. Und vielleicht wie allen anderen Sternträgern, die sie nicht kannte, mit denen sie trotzdem eine Einheit zu bilden schien. „Das ist es. Doch du wirst lernen, wie man es eindämmen und sogar abschalten kann.“
„Auch als Mensch?“
„Ja, gerade da musste ich mich gegenüber Jonas’ Gefühlschaos oft in Deckung bringen.“
Sam grinste, hob einen Becher vom Tisch und legte die Finger darum. Wohlriechender Kaffeedampf stieg auf. Cira meinte zu fühlen, was ihre Tochter bewegte und lächelte ebenfalls. Schließlich waren sie beide menschlich, als sie einem Vampir begegneten, der ihr jeweiliges Leben gehörig auf den Kopf stellte. Jeder einem Besonderen. Jeder nicht aus Zufall.
„War das bei dir auch so unglaublich?“, hauchte Sam über den Becherrand hinweg, ohne sie anzusehen.
Cira nippte an ihrem Kaffee und nickte. „Weltverändernd trifft es nicht annähernd.“
„Krass, oder?“
Cira dachte an den unvergesslichen Tag, den sie mit Jonas in seinem Himmelbett im Schloss der Bakers verbracht hatte. Bett wie Schloss existierten inzwischen nicht mehr. Zum Glück war bei dem Angriff des Nephilim niemand ernsthaft zu Schaden gekommen und ihre Liebe wuchs trotz des nervenzehrenden Chaos und der katastrophalen Zukunftsaussichten.
„Ich meine, da versucht man es mit dem und dem, mit Spielzeug, Leder und sonst was im Leben, und dann kommt da so ein Vampir daher und WAM … alles Vorherige verblasst zu einem Sandkastenküsschen.“
Cira schmunzelte. Sie fühlte sich Sam so unglaublich nahe und das war ein wunderbares Gefühl. Sie hatte sich über zwei Jahrzehnte lang ausgemalt, wie ein Wiedersehen mit ihrer Tochter sein würde. Verkrampft, vielleicht sogar verletzend, weil sie nichts von ihr wissen wollte oder ihr keine Chance gab, eine Mutter zu sein. Die Gabe der Empathie, die tiefe Gefühlsverbindung erleichterte das Verständnis und das Vertrauen zueinander, aber auch so konnten sie quatschen wie alte Freundinnen oder wohltuend schweigen. „Jonas war mein Erster.“
„Nicht dein ernst!“
„Doch.“
„Ist ja der Hammer.“
Seltsamerweise hatte Cira kein Problem damit, Sam eines ihrer großen Lebensgeheimnisse zu offenbaren. Niemandem hatte sie von Joe und George erzählt, aufgrund dessen sie Männern nicht traute, sie abwies, bis Jonas ihr Vertrauen gewann.
„Ach, du hast auch nichts verpasst.“ Sam nahm kleine Schlucke.
„Du magst Timothy sehr, hm?“
„Viel zu sehr“, antwortete Sam.
„Wie meinst du das?“
Samantha beugte sich zu ihr vor. „Das ist unheimlich, wie sehr ich ihn … liebe. Ich kenne ihn kaum, aber … er ist der Richtige. Punkt.“ Sam lehnte sich mit der Seite an das Rückenpolster des Sofas. „Und das aus meinem Munde. Ich treffe sonst nie oder äußerst ungern weitreichende Entscheidungen. Aber … Timothy ist der Eine. Und mein Empfinden liegt nicht nur am abgöttischen Sex.“
„Na dann bin ich ja beruhigt.“
Timothy betrat das Wohnzimmer und wollte Sam auf die Stirn küssen, doch sie wich ihm aus. Cira hatte ihn sich natürlich nähern gespürt, aber sie hatte Sam weder unterbrechen wollen noch hatte sie erwartet, so etwas von ihr zu hören. Na, sie konnte auch nicht davon ausgehen, Sam in vielen Dingen ähnlich zu sein. Das lose Mundwerk hatte sie eindeutig nicht von ihr.
„Du … das war nicht für deine Ohren bestimmt!“
„Ich weiß“, knurrte Timothy mit einem Lächeln im Gesicht, duckte sich vor einem Kissen und küsste sie blitzschnell auf den Mund.
„Wenn ich das mit Ciras Umwandlung nicht live miterlebt hätte, hätte ich mich schon längst dafür entschieden“, drohte Sam Timothy halb scherzhaft, sich ebenfalls in einen Vampir verwandeln zu lassen.
„Was Neues?“, wandte sich Cira an das kräftige Halbblut mit der einzigartigen Gabe des Blauen Blutes und dem
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