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Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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hinab, soweit es der hochgestellte Kragen seines Ledermantels zuließ. Kein Kratzer auf seiner Haut zeugte mehr von der schweren Schussverletzung.
    „Du möchtest nicht, dass ich etwas trinke?“ Amy richtete den Blick erneut auf sein Gesicht. Einerseits spielte sie mit ihm, andererseits fühlte sie seine Anziehungskraft gerade dermaßen stark, dass sie befürchtete, sie würde sich niemals wieder abwenden können. Sie fragte sich, weshalb sie zögerte, denn sonst nahm sie sich, was sie begehrte. Ebenso leuchtete es ihr nicht ein, warum er nicht zugriff. Irrte sie sich so sehr, was ihn anging? Mochte er sie nicht? Suchte er sich seine Frauen tatsächlich so genau aus? Rammelte er nicht mit jeder, von der er trank? Ny’lane barg mehr Geheimnisse als jedes mystische, schwarze Loch.
    „Es ist mir egal, was du tust“, knurrte er, schenkte den Tumbler bis zum Rand voll und saß in seiner Ecke, bevor sie einen Schluck abgetrunken hatte, damit sie nichts auf das Leder verschüttete.
    Der war eine harte Nuss, doch sie würde ihn knacken. Sie hatte einunddreißig Heimkinder aus einer brennenden Stadt gerettet, einen Diktator gestürzt und einen Doppelagenten entlarvt. Ny’lane Bavarro würde ihr ebenso ins Netz gehen. Amy ließ sich nichts anmerken und genoss den Whiskey, der ihr rasch zu Kopfe stieg, weil sie in letzter Zeit wohl zu wenig gegessen hatte. Was Alkohol betraf, war sie eher ein Banause, gleichwohl sie sich dank ihrer strengen Erziehung ziemlich gut mit der Etikette auskannte. Am liebsten trank sie alles mit Cola und einem Spritzer Zitrone. Aber sie würde sich hüten, Nyl nach etwas zum Verdünnen zu fragen. Unverhohlen musterte sie den rätselhaften Mann.
    „Warum trägst du eigentlich immer Schwarz? Bist du nicht schon schwarz genug?“
    Ein Ruck ging durch den Hünen, den sie noch nie hatte auf irgendetwas derart reagieren sehen. Die Polster schienen zu beben, obwohl sie eindeutig über eine glatte Asphaltstraße fuhren und sie auch kein Knurren von Nyl vernahm. Er kippte seinen Drink, stellte das Glas ab und blickte aus dem Fenster in die Nacht hinaus.
    So ohne Weiteres würde er nicht davonkommen. „Schwarz macht schlank, aber das ist sicherlich nicht der Grund.“
    Er schwieg.
    Amy spürte, wie die Luft irgendwie dünner wurde. Jetzt nicht nachlassen. „Ach komm schon. Ich habe doch sowieso Sprech- und Schreibverbot. Geschmackssache? Dein Schneider? Darf man im Untergrund kein Hellblau tragen?“
    Ny’lanes Adamsapfel glitt kurz nach unten, als er schluckte. Er sah sie nicht an. „Ich trauere.“
    Amy verbarg ihre Überraschung hinter einer betretenen Miene, drehte das Glas im Schoß zwischen den Händen. Es tat ihr leid, dass sie nachgebohrt hatte, aber dennoch schien es das erste Private, was er von sich gegeben hatte. Oder belog er sie? Nein, ihr Gefühl sagte, dass es der Wahrheit entsprach. Er trauerte, weil er jemanden verloren hatte, der ihm sehr nahe stand. Seine Mutter lebte irgendwo in Afrika. Das hatte sie von Cira erfahren. Von seinem Vater oder Geschwistern wusste sie nichts. Vielleicht sogar seine Frau … sein Kind? Wie lange betrauerte er den Toten bereits? Besaß Jonas Kenntnis davon?
    Amy seufzte innerlich. Jedes bisschen, das sie erfahren würde, würde wohl neue Fragen aufwerfen. Die Limousine rumpelte über ein unebenes Stück Straße und fuhr dann langsamer. Aller Voraussicht nach waren sie gleich da … wo auch immer sich das ‚Ekstase‘ versteckte.
    Ny’lane bewegte sich auf seinem Platz. Sie merkte auf und sah, wie er sie anblickte. „Warte hier!“ Er griff zum Türöffner, wandte sich aber nochmals mit ausdrucksloser Miene um. „Genau hier.“
    Er verschwand nach draußen, die Tür fiel dumpf ins Schloss. Hatten sie überhaupt schon gestoppt? Der Wagen schaukelte ein wenig und blieb stehen. Amy sah aus ihrem Fenster, erblickte einen mondbeschienenen Park. Rasch stellte sie das Glas ab und rutschte auf die andere Seite. Büsche, Bäume, in einiger Entfernung blitzte das nächtliche Funkeln des Meeres hindurch. Eine Heckscheibe gab es nicht und nach vorn verhinderte die hochgefahrene Trennscheibe zum Chauffeur das Hinaussehen. Na gut, dann wartete sie eben. So viel zum Thema, es war ihm egal, was sie tat.
    Sie entdeckte eine Fernbedienung und tippte auf den Einschaltknopf. Ein Polster schob sich beiseite und ein flacher Bildschirm kam zum Vorschein. Amy zappte durch die Programme, bis sie Nachrichten fand, und lehnte sich zurück. In Amerika herrschte endlich

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