Schicksal des Blutes
Blut mit der Zunge.
Nyl knurrte leise. Bliss spielte auf ihr letztes Treffen von vor über drei Jahren an, das nach einigen Drohungen und Beleidigungen damit endete, dass Bliss’ Handlanger vom Boden aufgekratzt werden mussten. Innerlich seufzte Nyl. Er war es so leid. Heute waren sie zu zehnt erschienen, Bliss nicht mitgerechnet, der sich zwar gern die Finger schmutzig machte, aber sicher nicht Hand an ihn legen würde. Bliss ging kein Risiko mehr mit ihm ein. Und er auch keines bei Bliss, der seinem Namen nach, der Glück bedeutete, höchstens Glück schenkte, wenn er einen armen Tropf aus seiner sklavischen Haltung erlöste und ins Jenseits schickte. Bliss’ Drogen waren über die Maßen gestreckt und gepanscht, Blutsklaven durch Gehirnmanipulationen verwirrt, körperliche Lust wurde durch Folter wie Schläge und Durst erzwungen. Das 152jährige italienische Vollblut Bliss di Mandrel kannte keine Skrupel. Der Einzige, der ihm die Stirn bot, war Nyl.
Bliss wohnte eine gefährliche Schläue inne. Nichts lief über ihn, zumindest in der Öffentlichkeit. Er verstand es stets, jemandem die Drecksarbeit aufzubürden oder anzuhängen oder einen zu finden, der sich für ihn bestrafen, einkerkern oder töten ließ. Nyl konnte den perfiden Angeber noch nie leiden.
„Ich besitze alles und jeden! Dennoch bin ich ein Nichts ohne das Herzstück. Ich will endlich dein ‚Ekstase‘!“
Bliss wurde langsam ungeduldig. Er war es allgemein nicht gewohnt, den Kürzeren zu ziehen. Bisher hatte Nyl alle Angebote ausgeschlagen. Geld hatte er wahrhaftig genug. Das Abwerben seiner Leute war immer wieder fehlgeschlagen, weil sie ihn als fairen Boss akzeptierten, reichlich verdienten und wussten, dass sie bei Bliss nicht diese Freiheiten hatten. Bei Ny’lane wurde jeder gut behandelt, solange er sich an gewisse Regeln hielt. Dazu gehörte Loyalität.
„Nein.“
„Sag mir, was du haben willst!“
„Nichts.“
„Nyl, ich warne dich!“
„Was willst du tun? Mich abmurksen?“ Nyl lachte. Jeder wusste, Bliss würde dann nie wieder einen Fuß in irgendein Land setzen können. Den ‚Silver Angel‘ töten ging gar nicht. Ganz zu schweigen davon, würde sein ‚Ekstase‘ danach niemals in Bliss’ Händen landen. „Du hast vor Jahrzehnten meine anderen Klubs erhalten. Das ‚Ekstase‘ bekommst du nicht.“ Das war damals ein Fehler gewesen. Er hätte die Blutklubs eher an andere verschenken sollen, doch er hatte zu der Zeit alles loswerden wollen und war Bliss auf den Leim gegangen. Lang war es her. Inzwischen wollte er zwar mehr denn je alles hinter sich lassen, aber er wusste, er steckte zu tief, mit zu viel Verantwortung in der Scheiße. Er war, wer er war. Davor konnte er nicht fliehen. Eines jedoch blieb Fakt, di Mandrel würde er keine weitere Macht in die gierigen Klauen legen.
„Sicher?“
Etwas in Bliss’ Stimme ließ ihn aufhorchen. Besorgt und blitzschnell drang er in Bliss’ Gedanken ein und erfasste in dem Augenblick, in dem auch Amys fruchtiger Duft nach Feigen seinen Geruchssinn erreichte, was soeben geschehen war. Der Schock traf ihn so hart, beinahe hätte er seine Maske fallen lassen. Sein Magen drehte sich im Schleudergang und seine Fänge fuhren aus, als er Amys brodelndes Blut roch, ihre Panik, in dem Moment, in dem man sie brutal ergriff. Seine Gelassenheit bröckelte für den Bruchteil einer Sekunde, es war ihm unmöglich, dies zu verhindern, als man Amy in die Runde der Blutsauger schleifte.
Bliss warf dem Vampir, der Amy festhielt, einen Blick zu. „Hast du ihn erledigt?“
„Ja. Wie du befohlen hast. Der sagt keinen Mucks mehr.“
Nyl fand seine Kontrolle wieder und beschimpfte Amy in Gedanken aufs Übelste, weil sie nicht auf ihn gehört hatte. Gleichzeitig streichelte er sie mit Worten, fragte nach ihrem Befinden, gab ihr Zuversicht und Mut. Sein inneres Chaos drang nicht nach außen, äußerlich wirkte er gleichgültig. „Was soll das?“
Bliss strich sich über den Bart und umrundete Amy, die mit Knebel im Mund und der Umarmung des Widerlings seiner Größe keine Chance hatte, sich ein Stückchen zu bewegen. „Sie ist süß.“
„Was ist mit der? Ich speise wie ihr wisst immer im ‚Ektase‘.“ Nyl bemühte sich, ein anzügliches Knurren hervorzubringen. Einige von Bliss’ Handlangern knurrten lasziv zurück, schließlich kannten sie die Vergnügen, die in Blutklubs ausgetauscht wurden.
„Ich durchschaue dich, Nyl, mein Lieber.“
Bliss streichelte Amy über das Haar. Er war
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