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Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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Erregung, die auch sie zu verbergen versuchte, was ihm aber nicht entging. Ihr Blut begann zu sprudeln. Ihre Begierde stieg ihm in die Nase. Es war offensichtlich, was sie dachte, und allein dieser Gedanke schickte ein lüsternes Knurren über seine Lippen. Er beugte sich langsam zu ihrem Mund hinab, sich ihres Blickes bewusst. „Das wird niemals passieren.“
    Nyl warf seine Brille fort. Seine Finger gruben sich fest in ihre Kopfhaut. Er zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. „Vor 91 Jahren traf ich eine Frau, Elisabeth. Ich ve r liebte mich auf den ersten Blick in sie. So wie sie sich in mich.“ Er fauchte mehr, als zu sprechen. Seine Fänge stachen ihm in die Unterlippe. Er schmeckte sein Blut. „Weißt du, was das 1920 für Zeiten waren, Amy? Weißt du das? Schwarze waren weniger wert als der Dreck unter den Fingernägeln. Über fünf Millionen Ku-Klux-Klan Anhänger beherrschten das Land, die Polizei und die Justiz.“
    Amys Pupillen weiteten sich. Er spürte, wie sie sich wehrte, aber sie konnte sich g e gen seine Körperkraft, die sie auf den Sessel drückte und ihren Kopf fixierte, nicht zur Wehr setzen.
    „Elisabeth war eine weiße Tochter aus sehr gutem Hause. Als unsere Liebe herau s kam, verstieß ihr Vater sie. Ihr eigener Vater! Er stellte seine Tochter öffentlich an den Pranger.“ Nyl knurrte wie ein wildes Tier und bemerkte es doch kaum. „In Kutten Vermummte ängstigten sie, bespuckten sie, schlugen sie blutig, krallten sich ihre Kle i der, stahlen ihr ihre Würde vor den Tieren, vor den Sklaven, vor den Weißen, sogar vor Gott.“ Ny’lane würgte das scherbenbespickte Brüllen den Hals herauf . „Nicht sie sollte leiden! Ich, ich sollte es!“ Eine heiße Träne lief ihm über die Wange. „Elisabeth hielt zu mir, sie sollte es nicht. Niemals! Ich war machtlos.“ Die Erinnerung raubte ihm den Verstand. Zornerfülltes Schluchzen brach hervor. „Es gab nur eines, was ich für sie tun konnte.“
    Er fühlte die Hitze, die von Amys Kopfhaut in seine Finger floss, aber er war zu sehr in seiner Hölle gefangen, um es bewusst wahrzunehmen. Flammen leckten an seinem Herzen, verschmorten es zu dem harten, schwarzen Klumpen Kohle. Nyl schrie es hinaus : „Ich tötete sie. Ich! Ich allein!“
    Verbrechen, die niemals gesühnt werden konnten. Nyl schüttelte Amys Kopf und brüllte: „Verstehst du, was ich bin?“
    Ny’lane presste die brennenden Augen zu. Glühende Galle schoss seinen Magen herauf. Er bebte am ganzen Leib.
    Auf einmal nahm er Amys ersticktes Keuchen wahr. Erschrocken riss er die Hände fort. Doch Amy kreischte ihn nicht an, sie sackte wie betäubt in sich zusammen. Er fing ihren Oberkörper gerade noch, richtete sie auf. Schweißperlen überzogen ihre Stirn, ihre Lider kniff sie verkrampft zu. Sie zitterten wie unter Strom. Ein eiskalter Schwall schlechten Gewissens löschte seinen Hass – auf alles, auf jeden, auf die Ve r gangenheit, seinen Verlust. Er hasste alles, aber doch nicht Amy. „Amy?“
    Sie japste stoßweise nach Luft. Ihr Puls hämmerte viel zu schnell. Ihr Herz donnerte sogar in seinen Ohren. Rasch drückte er ihr ein Lid empor. Er sah nahezu nur noch die weiße Augenhaut. Sie hyperventilierte. Auf ihrer Oberlippe bildete sich kalter Schweiß. Sie schauspielerte nicht. Er spürte beinahe, wie es sich um ihren Brustkorb zusamme n zog. Die Beklemmung war echt. Amy hat te eine Panikattacke.
    Er fuhr sich über das Gesicht und schrak zusammen. Verflucht! Wo war seine Brille?
    Heilige Muttergottes , was hatte er bloß getan? Nyl strich Amy mit dem Daumen über die Schläfe, die intensiv pochte. „Amy?“
    Sie reagierte nicht, zumindest nicht so, wie er es sich erhoffte. Ihr Puls nahm einen noch schnelleren Takt auf. Sie fürchtete sich vor ihm, was kein Wunder war. Wann hatte er bloß die verdammte Sonnenbrille abgenommen? Gott, er hatte sie wortwör t lich mit seinen grässlichen Erinnerungen überflutet. Ihre zarte Seele gefoltert. Doch jetzt konnte er auf ihre Angst keine Rücksicht nehmen. Er durfte nicht verschwinden und hoffen, es würde ihr dadurch besser gehen. Behutsam hob er sie auf die Arme. Anstatt schlaff in ihnen zu hängen, verkrampfte sich Amy. Er beeilte sich, sie auf das Bett zu legen, tränkte ein Handtuch mit Wasser und kühlte ihre Stirn.
    „Amy, bitte beruhige dich. Alles ist … Ich meine, dir passiert nichts.“
    „Nyl …“, nuschelte sie und krampfte sich zitternd zu einem Bündel zusammen.
    Scheiße, das konnte er niemals

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