Schicksal des Blutes
Miss.“
Er verengte die Augenbrauen, die sich kaum von seiner dunklen Hautfarbe abhoben. „Ich kann auch anders.“
Sie ließ den Einschüchterungsversuch an sich abprallen und reichte ihm ihren Presseausweis. Den Pass würde sie nicht so rasch rausrücken. Langsam bewegte sie sich Richtung Tür, doch der Kerl unterband dies mit einem seitlichen Ausfallschritt, ohne den Blick von ihrer Karte zu nehmen.
„Ich bin Journalistin.“ Amy fuhr sich durchs Haar und lächelte. „Ich bin im Auftrag von CNN hier, dem Fernsehsender.“ Sie zog einen Kreis in der Luft, um die ganze Welt in die Waagschale zu legen. „Nachrichten, Amerika, weltweit eben. Wir berichten über das Voranschreiten der Gesundheitsversorgung nach dem Bürgerkrieg.“ Vor Filmaufnahmen hatten die Armeefuzies am meisten Respekt. „Mein Team ist …“
„Schweigen Sie!“
„Also, hören Sie mal. Mein Kamerateam wird … hey!“
Der General packte ihre Schulter, quetschte zu und drückte sie auf den Stuhl. Amy schob ihre aufkeimende Furcht ins Hinterstübchen. Mit einer raschen Bewegung riss sie dem Kerl ihre Pressekarte aus der Hand und stand abrupt wieder auf, wobei sie den Holzstuhl mit den Kniekehlen nach hinten umwarf. „Sie haben überhaupt kein Recht, mich …“
Die Rechte des Offiziers sauste nach vorn. Sie dachte, er wollte sie schlagen und wich zur Seite aus, doch er griff sie dennoch im Nacken und zog sie zu sich heran. Seine andere Hand legte sich wie eine Schraubzwinge unter ihr Kinn. Die Bartstoppel waren unregelmäßig und viel zu lang für die Armee. Er stank aus dem Mund nach altem Tabak. Das hier war nie und nimmer offiziell.
„Was wollen Sie von Bavarro?“
Amy bemühte sich trotz der schmerzenden Zwangslage um ein diplomatisches Lächeln. „Ich suche ihn“, nuschelte sie. „Interview. Lassen Sie mich los!“
„Ihn?“
„Was?“ Die Finger quetschten sich in ihre Wangen. Amy drückte ihm die flache Hand auf die Brust. „Loslassen!“, knurrte sie mit so viel Nachdruck, wie sie zustande brachte.
„Ich glaube nicht, dass sie etwas …“, versuchte der Manager zu beschwichtigen, aber der General schnitt ihm das Wort ab.
„Eine Journalistin mit amerikanischem Ausweis. Attraktiv. Unauffällig. Ohne Gepäck und ohne Team.“ Er funkelte sie triumphierend an. „Sie ist einer.“
„Einer was?“, zwang Amy durch ihren zusammengepressten Mund. Der Kerl konnte nicht mal richtig Englisch sprechen. Sie erhöhte den Druck auf seinen Brustkorb, schob ihn von sich. Bald, ganz bald würde sie ihm zwischen die Beine treten, dann würde er noch Weihnachten die Glocken läuten hören. Doch plötzlich ließ er sie los. Amy taumelte rückwärts und fiel fast über den am Boden liegenden Stuhl. Sie rappelte sich auf. „Was erlauben Sie sich eigentlich?“ Sie sah nun den Manager an. „Lassen Sie mich sofort gehen. Dann wird CNN nichts über den Vorfall berichten. Ansonsten …“
Der Offizier zog seine Waffe und entsicherte sie. Amy starrte über die Mündung hinweg auf seine breite Zahnlücke. Wenn sie nur wüsste, was hier abging.
„Schnauze halten! Umdrehen!“
Amys Herz machte einen schmerzlichen Satz. Sie schnappte nach Luft. „Sie können mich unmöglich umbringen. Wir sind in einem Flughafen.“
Der Kerl grinste dreckig und trat auf sie zu. „Im Krieg ist alles erlaubt.“
Amys Verzweiflung ließ sie reagieren. Sie sprang mit einem Hechtsprung nach vorn, stieß gegen seine Schenkel und stürzte mit ihm nieder. Ein Schuss krachte in die Decke. Amy drückte ihr Knie auf seinen Schussarm, schlug im Aufwärtssprung dem Kerl auf die Nase, spurtete eher strauchelnd als rennend zur Tür und riss sie auf. Etwas Hartes traf sie am Hinterkopf. Wie schwarze Farbe lief es ihr über die Augen. Ihre Lider zitterten. Sie sank zu Boden.
~ ~
Ciras Handy vibrierte in ihrer Tasche und sie hielt es ans Ohr, bevor sie hätte blinzeln können. Doch leider war es nicht Amys erwarteter Rückruf, sondern Greg. Vor Sorge wütend kickte sie einen Stein vom Schuttberg vor dem Schloss, der hoffentlich im entfernten Mammutbaumwald nichts Lebendiges treffen würde. Die Sonne stieg hinter dem dichten Wald auf und blendete sie. „Hi Greg, was gibt’s? Alles okay?“
„Hi Cira. Danke, ja, uns Dreien geht’s gut.“
Greg hütete immer noch Amys Husky Fire, der sich zum Glück prächtig mit Elvis verstand, weil Amy nicht wie angekündigt ihren Flug nach San Francisco genommen hatte. Cira hatte gestern mit Jonas am
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