Schicksal des Blutes
Flughafen gewartet und als keine Amy unter den Passagieren aus dem Sicherheitsbereich trat, erfuhren sie am Schalter, eine Person namens Amy Evans hätte die Reise gar nicht angetreten. Keine Nachricht, nichts. Was war bloß mit ihrer besten Freundin los? Allmählich glaubte sie, nicht nur Ny’lane sei schuld an der ganzen Geheimniskrämerei. Außerdem suchten sie seit anderthalb Tagen nach Diandros uraltem Gedankenteppich und einer rothaarigen Hexe und waren Greg dankbar für seine Hilfe. „Schön zu hören, Greg.“
„Weshalb ich anrufe …“
Cira runzelte die Stirn. Sie hätte es sofort aus seiner Stimme heraushören müssen. Etwas war eben doch nicht in Ordnung. „Greg? Erzähl. Kann ich dir helfen?“
„Nein, Cira, ähm, keine Sorge. Nicht wegen mir.“
„Wegen wem dann?“ Cira kroch eine kalte Gänsehaut den Rücken hinauf und keine Sekunde später stand Jonas mit fragendem Blick vor ihr. Von oben bis unten mit einer Staubschicht bedeckt, weil er den Teppich seines Dads unter dem Schutt vermutete, aber nicht fand.
„Es geht um Amy. Du solltest dir mal die neuste US-News-Today kaufen. Ich weiß ja nicht, was …“
Greg sprach weiter, doch Cira spurtete bereits die lange Alleeauffahrt des Schlosses hinunter, übersprang das Einfahrtstor und rannte Richtung City. „Okay Greg, bin schon unterwegs. Melde mich.“
„Was ist?“, fragte Jonas, der wie eine Windhose neben ihr herlief. Seine Sorgen wallten zu ihr über, mischten sich mit ihren.
„Ich weiß es nicht. Aber gleich.“ Unzählige wilde Szenarien spukten ihr durch den Kopf. Das war, seit sie ein Vampir war, nicht besser geworden, sondern eher noch schlimmer, weil sie schneller denken konnte. Amy, Opfer eines Flugzeugabsturzes, Amy, auf den Bahamas brutal überfallen, Amy, als blutrünstiger Blutsauger enttarnt und von schwarzem Bootsbesitzer enthauptet … Cira wäre ohne abzubremsen in den nächsten Kiosk gerast, wenn Jonas sie nicht gebremst hätte. Seine Arme umschlossen sie sanft, aber bestimmt. Erst jetzt wurde sie sich ihres Zitterns bewusst. Eine ältere Dame mit Hund ging ängstlich an ihnen vorüber. Der Pudel winselte, bis Jonas ihm ein beruhigendes Gefühl sandte.
„US-News-Today“, flüsterte Cira und wartete mit drehendem Magen vor dem Kiosk, bis Jonas wieder hinaustrat. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er bereits einen Blick auf das Titelblatt geworfen hatte. Cira entriss ihm die Zeitung. „Amy Evans, Tochter des zu 15 Jahren Haft verurteilten Rechtsextremisten Brandon Evans, vom FBI gesucht. Brutales Einschreiten eines schwarzen Vampirs vereitelte die Festnahme.“
Cira schnappte nach Luft. Auf dem riesigen Foto prangte ihr Ny’lanes fliegender Körper entgegen. Seine Stiefel krachten in die Gesichter zweier FBI-Agenten, dazwischen im Rückwärtsfallen begriffen, Amy. Jonas fluchte ungehalten, während sie den Bericht überflog. Es hieß weiter, es ginge um zweierlei. Zum einen hatte der anonyme Schreiberling herausgefunden, die Journalistin, deren Pseudonym sie noch nicht veröffentlichen durften, sei die Tochter und Alleinerbin eines stinkreichen Verurteilten, was beides bisher unter Verschluss gehalten wurde. Ans Licht gebracht hatte er es, weil Amy unter ihrem Geburtsnamen die ersten ernst zu nehmenden Artikel über die Existenz von Wesen veröffentlicht hatte. Und als er sie nach ihren Quellen hatte befragen wollen, hatte sie durch ihr Auftreten sein Interesse geweckt. Der findige Reporter brachte die Wesen mit den zurückliegenden Verbrechen der Familie Evans in Verbindung, was mehrere Aufnahmen sowie Amys Wissen beweisen würden. Das FBI nahm zu der Sache keine Stellung und Amy Evans und der geheimnisvolle Kämpfer seien nach der Aktion im Park spurlos verschwunden. Die Zeitung kündigte eine Fotoserie und weitere Enthüllungen für die nächsten Tage an.
Cira ließ das Blatt sinken. Amy hatte niemals über ihre Vergangenheit und ihre Familie gesprochen. Und Cira wäre nicht Cira, wenn sie es nicht vollumfänglich verstanden hätte, wenn man das, was hinter einem lag, einfach nur vergessen und nicht darüber reden wollte. Sie hatte Amy ihre Lebenslüge verschwiegen, obwohl sie gewusst hatte, Amy würde sie nicht verurteilen und ihr Geheimnis wäre bei ihr gut aufgehoben. Cira rieb sich über die Augen, während sie Greg kurz mitteilte, sie würden sich darum kümmern. Man konnte Amy vieles nachsagen, doch gewiss nicht, dass sie sich gegenüber irgendeiner ethnischen Gruppe von Menschen feindlich oder
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