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Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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stand schneller auf dem maroden Balkon des Zimmers, als auch nur ein Tropfen von seinem Körper auf den Fußboden hätte fallen können. Er schloss die Augen, witterte. Stand da wie erstarrt. Eben war sie noch am Himmel gewesen, nun an Land. Seine Fäuste quetschten das Metall des Geländers zusammen. Es fühlte sich an, als zermalmte er sein Herz.
    „Verflucht!“, knurrte er erstickt, obwohl es eigentlich nicht wahr sein konnte. Amy war mit dem Ticket nach San … „Verdammt!“ Er schnappte sich die volle Flasche und sprang über die Balkonbrüstung in den dunklen Garten. Cecilia hatte ihm berichtet, Amy sei aufgelöst in einem Taxi Richtung Flughafen davongebraust. Was aber noch lange nicht bedeutete, sie war ins Flugzeug gestiegen.
    „Amy! Du sture, lebensmüde, naseweise Schnüfflerin!“, schimpfte er ohne Punkt und Komma, während er barfuß über den nächtlichen Sandstrand jagte, immer seinem Instinkt folgend, der nach der Aufnahme weiblichen Blutes endlich wieder funktionierte.
    Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Seine Füße bohrten eine tiefe Bremsspur in den weichen Sand. Was war, wenn ihm seine Sinne einen Streich spielten? Wenn Amy gar nicht hier war? Was sie auch nicht sein sollte! Was, wenn er halluzinierte, er sich nur nach ihr sehnte, sich derart nach ihr verzehrte, wie sein praller Schwanz und seine hervorstechenden Fänge ihm prächtig vor Augen führten? Er sie sich herbeiwünschte, um von ihr zu trinken, um sich in ihr zu verlieren, und sein verfickter Grips sie ihm präsentierte. Auf dem Silberbett.
    Als wenn Amy ihm hinterherlaufen würde. Er nahm einen Schluck. Selbst gebrannter Schnaps.
    Ny’lane rieb sich über die feinen Haarstoppel. Jeder seiner Sinne zeigte nur eine Richtung – nach Freetown – zu Amy. Sein Verstand sagte ihm, dass er ihr zutraute, ihn verfolgt zu haben, gleichzeitig aber auch, dass das völliger Unsinn war. Warum sollte sie ihm hinterherreisen? Das erschloss sich ihm wahrlich nicht. Oder doch? Jagte sie weiterhin der Spur des ‚Silver Angels‘ hinterher? Der Gedanke schmerzte auf unsägliche Weise. Er glitt mit den Knien in den Sand, um seinen Drang, wieder loszujagen, zu unterbinden. Wenn sie ihn vergeblich in ganz Sierra Leone suchte, würde sie ihn aufgeben und vergessen. Er begann, wie unter Entzug zu zittern und ausnahmsweise verlangte es ihn nicht nach Alkohol oder irgendeiner Frau.
    „Scheiße!“, brüllte er dem Horizont entgegen, an dem sich der erste matte Schimmer goldenen Lichts abzeichnete. Er ballte die Fäuste und hieb auf den Strand ein, sodass eine Sandwolke aufwirbelte. Dies war ein gefährliches Land. Amy durfte nicht hier sein. Es war mehr als ein dringendes Bedürfnis, sie zu finden und sie in Sicherheit, raus aus Afrika, zu bringen.
    Er sprang mit einem Satz in den Stand und witterte. Sie war es! Eindeutig! Er irrte sich nicht! Nyl leckte über die vor Unsicherheit bebenden Lippen, müsste Salz, Sand und Dreck schmecken, doch es war Amys Kuss, der ihm allseits präsent durch Geist und Körper flutete. Ihre verborgene Lust, ihr wacher Verstand, ihre unterschwellige Skepsis. Ihre weichen Lippen, die sich auf seine pressten, voller Verlangen; voller Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, die seinen unzerstörbaren Panzer zu Staub zerbröselte, weil Amy seinen tief vergrabenen Hunger nach Zweisamkeit teilte. Ihr graziler Leib, der sich an seinen schmiegte, ließ ihn vergessen, alles. Ihre erotische Zunge in seinem Mund, der fruchtige Geschmack nach süßem Feigenkaktus – ähnlich dem von Elisabeth, die er geliebt hatte.
    Er krallte sich die Nägel in die Kopfhaut, bis Blut floss, und wandte sich um. Zurück zum Hotel. Unter körperlichen Schmerzen setzte er einen Fuß vor den anderen. Das Land war gefährlich, aber er war wesentlich gefährlicher für Amy.
     
    ~  ~
     
    Amy kämpfte gegen eine erneute Ohnmacht an. Zeitweise hatte sie verloren, denn plötzlich erwachte sie auf einer Ladefläche, auf der sie wie ein Fisch auf dem Trockenen und gefesselt hin- und hergeschleudert wurde. Der röhrende Transporter bretterte über eine Straße, die eher aus Löchern zu bestehen schien als aus ebenem Sand. Eine typisch afrikanische Hauptstraße, versuchte sie sich einzureden, doch vermutlich befand sie sich bereits in einem Außenbezirk, denn die Innenstädte waren meist verstopft und würden das Tempo nicht annähernd zulassen. Die Stoßdämpfer quietschten ohne Unterlass und der Wagen schlug oft hart auf. Sie dachte, er würde

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