Schicksal in zarter Hand
dahin war sie von ihrer Mutter, der wunderschönen Grace Hamilton, gut behütet worden. Grace hatte sogar ihre eigene Karriere als Schauspielerin aufgegeben, um sich Lexis Aufstieg in der Filmwelt zu widmen.
Dann aber hatte Grace in Philippe Reynard ihre ganz große Liebe entdeckt und ihn geheiratet. Er war ein französischer Unternehmer, reich und weltgewandt, und bot ihr alles, wonach sie sich sehnte. Philippe besaß ein Apartment in Paris und ein weitläufiges Weingut in Bordeaux, dazu eine Jacht, auf der er gewöhnlich den Sommer verbrachte. Bei ihm fühlte Grace sich wie eine Prinzessin. Als er sie bat, eine ausgedehnte Hochzeitsreise in der Ägäis mit ihm zu machen, ließ sie bei ihrer Tochter die Zügel lockerer.
Also war Lexi zu den Filmfestspielen nach Cannes gereist, ohne dass ihre Mutter als Anstandsdame und Aufsichtsperson mitfuhr. Die ungewohnte Freiheit war ihr völlig zu Kopf gestiegen. Wie berauscht hatte sie sich ins glamouröse Leben gestürzt und die Gefahren übersehen, die es barg.
Sie schloss sich einer Clique reicher junger Leute an und reiste mit ihnen weiter nach Nizza, Cap Ferrat, Monte Carlo und schließlich nach San Remo.
Lexi atmete tief durch und sah vor dem inneren Auge den blauen Sommerhimmel und das glitzernde Mittelmeer, wie sie es bis dahin nur aus dem Fernsehen gekannt hatte. Die weißen Jachten in den Marinas, die mondänen Boutiquen mit Kleidern der berühmtesten Designer, die Straßencafés, in denen die Müßiggänger ihre Zeit verbrachten …
Die jungen Leute, die sich hier vergnügten, waren mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren worden. Alles an ihnen schien edel und prächtig. Ihre Haut schimmerte golden, ihr Lächeln strahlte, und vor ihnen erstreckte sich eine goldene Zukunft voll Muße und Vergnügen. Ihr Selbstbewusstsein war gigantisch, und das übte einen ganz eigenen Reiz aus.
Als Lexi Zutritt zu diesem illustren Kreis erhielt, glaubte sie, damit eine von ihnen geworden zu sein. Immerhin hatte ihr Film sie bekannt gemacht und ihr Ruhm und Reichtum beschert.
Franco war der hinreißendste von allen, beinah ein Halbgott wie aus den antiken Sagen. Älter als sie, erfahrener als sie, der Anführer dieser superexklusiven Clique.
Ausgerechnet sie hatte ihn erobert! Sie, die behütete, völlig naive, unerfahrene junge Frau hatte den strahlendsten Edelstein der Krone errungen, ohne sich jemals zu fragen, wie sie das geschafft hatte. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass ihre sogenannten neuen Freunde ihre Naivität höchst amüsant finden und zum eigenen Vergnügen ausnutzen könnten.
Lexi fröstelte, als sie daran dachte, wie tief sie schließlich von diesen Höhen gestürzt war, wie sehr sie gedemütigt und erniedrigt worden war.
Das herrliche Leben währte nur kurz, dann war es mit einem Schlag vorbei. Ihre Mutter und ihr Stiefvater kamen bei einem Autounfall ums Leben. Danach stellte sich heraus, dass Philippe Reynard immer nur auf Pump gelebt und zudem Grace das ganze Geld entlockt hatte, das Lexi mit ihrem Film verdient hatte. Und damit nicht genug: Er hatte es bis auf den letzten Cent verschleudert unter dem Vorwand, es für Lexi anzulegen.
Selbst das war nicht das Schlimmste an dieser schrecklichen Zeit. Eine andere Information vernichtete ihr Glück. Eine, die Franco betraf.
Sie erfuhr, dass ihre angeblichen Freunde gewettet hatten, wer von den Männern der Clique sie vor Ende des Sommers von ihrer so offensichtlichen Unschuld „befreien“ würde.
Selbst wenn ich hundert Jahre alt werde, vergesse ich das nicht, dachte Lexi schaudernd. Von einem anonymen Absender hatte sie ein Video auf ihr Handy geschickt bekommen, auf dem man sah, wie Franco – umringt von seinen johlenden und applaudierenden Freunden – seinen Preis für die gewonnene Wette einheimste. Das Datum und die Uhrzeit waren angegeben, er lächelte selbstgefällig und träge. Immerhin hatte er keine Fotos vorgelegt, die bewiesen, dass er mit ihr im Bett gewesen war! Was nicht hieß, dass vorher keine derartigen Bilder in der Gruppe weitergereicht worden waren.
Nun wusste sie, dass sie für ihn nur ein Zeitvertreib gewesen war! Bevor sie aber überlegen konnte, wie es weitergehen solle, erhielt sie die Nachricht vom Tod ihrer Mutter und merkte bald danach, dass sie schwanger war.
Franco hatte sich als Ehrenmann erwiesen. Er hatte sie geheiratet – und es bitterlich bedauert …
Das Geräusch der sich schließenden Tür holte Lexi in die Gegenwart und an Francos
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