Schicksal in zarter Hand
fest.
„Um Himmels willen, Franco, es tut mir leid, wenn ich deine Beziehung zu Lexi verdorben habe“, begann er drängend, „aber ihr lebt doch seit mehr als drei Jahren nicht mehr zusammen. Können wir den dummen Zwischenfall nicht vergessen und wieder dahin zurück, wo wir beide …“
„Soll ich dir mal sagen, warum du das Thema ausgerechnet jetzt aufbringst und so zerknirscht tust?“, unterbrach Franco ihn verächtlich. „Erstens: Du schuldest der White Streak Company Millionen. Zweitens: Du hast Gerüchte gehört, dass ich den Rennsport aufgeben möchte. Drittens: Das macht dir Angst, weil du weißt, dass dann die ganze finanzielle Misere, für die du allein verantwortlich bist, ans Licht kommt. Und übrigens: Dein lausiger Versuch einer Entschuldigung kommt dreieinhalb Jahre zu spät.“
Franco machte sich los und wandte sich ab. Es hätte keinen schlechteren Moment für das Gespräch geben können. Es stand nicht nur das entscheidende Rennen bevor, vor Kurzem hatte er noch dazu von Lexis Anwalt einen – telefonisch angekündigten – Brief mit den Scheidungspapieren erhalten. Bisher hatte er nicht den Mut gefunden, den Umschlag zu öffnen.
Er trat aus dem Zelt in den strahlenden Sonnenschein, von eisigem Zorn erfüllt. Die Jubelrufe der Menge hörte er nicht, dabei war hier seine Heimat, und diese Leute waren seine treuesten Fans. Ein roter Nebel schien sich vor seine Augen gelegt zu haben, und in der Mitte dieser Wolke sah er seinen ehemals besten Freund in leidenschaftlicher Umarmung mit Lexi, der einzigen Frau, die er, Franco, jemals geliebt hatte.
Mit diesem Bild lebte er seit beinah vier Jahren. Es hatte wie ein Verhängnis über seiner kurzen Ehe mit Lexi geschwebt und alles verdüstert. Vor allem, weil er den Verdacht nicht loswerden konnte, das Kind, das sie erwartet hatte, sei nicht von ihm.
Das hatte ihn verbittert und so wütend gemacht, dass er es nicht schaffte, sie zu trösten und ihr beizustehen, als sie das Baby verlor.
Danach war seine Beziehung zu Lexi endgültig zerrüttet gewesen. Sie war aus dem Krankenhaus direkt nach London geflüchtet, und er hatte sie seitdem nicht mehr gesehen. Nun hatte sie also die Scheidung beantragt, um endgültig den Schlussstrich zu ziehen.
In einem hat Marco völlig recht, dachte Franco düster. Lexi hatte nie erfahren, warum er sie so kalt behandelte. Bis heute wusste sie nicht, wie sehr sie ihn verletzt hatte. Sie hatte ihm, dumm und gutgläubig, wie er war, das Herz gebrochen. Dass er es sich nicht hatte anmerken lassen, war der einzige Balsam für seinen gekränkten Stolz.
Marco tauchte nun neben ihm auf, wie eine Klette, die sich nicht abschütteln ließ.
„Franco, du musst mir zuhören“, begann er.
„Nicht jetzt. Jedenfalls nicht, wenn du weiter über die Vergangenheit reden willst“, unterbrach Franco ihn schroff. „Konzentrier dich auf das Rennen und was du dabei zu tun hast! Oder ich beschließe hier und jetzt, das Team und die White Streak Company aufzulösen. Dann fällt das finanzielle Chaos, das du angerichtet hast, unweigerlich auf dich zurück.“
„Damit würdest du mich ruinieren“, erwiderte Marco heiser. „Und der gute Ruf meiner Familie wäre …“
„Genau!“, fiel Franco ihm mitleidlos ins Wort und beobachtete, wie er blass wurde.
Dass der Name Clemente durch die üblen Machenschaften in den Schmutz gezogen würde, war für Marco vermutlich das Schlimmste. Der Name stand für feinste Weine, absolute Ehrlichkeit und Wohltätigkeit. Gemeinsam mit den Tolles standen die Clementes einigen der größten karitativen Organisationen Italiens vor, und die Verbindung der beiden Familien bestand seit Generationen.
Aus Rücksicht auf diese Familienfreundschaft hatte Franco das Zerwürfnis nie an die Öffentlichkeit gelangen lassen. Wenn er Marco bei offiziellen Anlässen traf, ließen sie beide sich nicht anmerken, wie es wirklich um ihre Freundschaft stand. Es war angenehmer so.
„He, ihr zwei, winkt mal euren Fans zu“, forderte der Teammanager sie auf.
Gehorsam hob Franco den Arm, und Marco tat es ihm nach, wobei er sein übliches strahlendes Lächeln aufsetzte, mit dem er alle für sich einnahm. Dann setzte Franco den Helm auf und kletterte in das offene Cockpit des Rennboots. Marco folgte ihm, und beide legten die Sicherheitsgurte an.
Schweigend absolvierten sie die üblichen vorgeschriebenen Checks, zwei Männer, die genau wussten, was der andere dachte.
Kein Wunder, denn sie kannten sich seit ihrer
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