Schicksal in zarter Hand
fluchte laut über Suzys Dummheit und mangelnde Sensibilität. Wie hatte sie Lexi nur mit diesem Bericht konfrontieren können!
Lexi ließ es sich gefallen, dass man ihr den Kopf nach unten drückte. Gegen die Ohnmacht half es vielleicht, aber nicht gegen den Kummer, der sie übermannte.
Sie saß nach vorn gebeugt da und hörte dem Nachrichtensprecher zu, der jetzt Francos Lebenslauf verlas. Ganz so, als handele es sich bereits um seinen Nachruf.
„Francesco Tolle ist einziger Sohn des Werfteigners Salvatore Tolle, der zu den reichsten Männern Italiens zählt. Früher hatte Francesco ein Leben als Playboy mit ausschweifenden Partys geführt. Doch nachdem seine kurze Ehe mit der blutjungen Filmschauspielerin Lexi Hamilton in die Brüche ging, konzentrierte er sich ernsthaft auf das Familiengeschäft. Gleichzeitig bestreitet er immer noch Rennen für die White Streak Company, die er vor fünf Jahren gemeinsam mit seinem Kopiloten Marco Clemente gegründet hat. Clemente stammt aus einer angesehenen Winzerdynastie. Die beiden Männer sind seit ihrer Kinderzeit eng befreundet und …“
„Hier, Lexi, trink das!“
Bruce strich ihr sanft die Haare zurück und hielt ihr ein Glas Wasser an die Lippen. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, er solle sie in Ruhe lassen, weil sie zuhören wollte, aber ihre Lippen fühlten sich so taub an, dass sie kein Wort herausbrachte.
Vor ihrem inneren Auge erschien ein Bild von Franco. In abgeschnittenen Jeans und mit einem engen weißen T-Shirt, das seinen muskulösen Oberkörper betonte, stand er an den Schalthebeln eines – nicht ganz so tödlich gefährlichen – Schnellbootes. Er hatte ihr sein sonnengebräuntes, attraktives Gesicht zugewandt und lachte, weil er ihr mit der waghalsigen Fahrt über die Wellen schreckliche Angst einjagte.
„Sei nicht so feige, Lexi“, rief er ihr zu. „Komm her zu mir. Hier kannst du die ganze Kraft spüren.“
Wie damals wurde sie von Übelkeit geschüttelt.
„Mir wird schlecht“, flüsterte sie kläglich.
Sie sprang hoch und stolperte, die Hand an die Lippen gepresst, zum Waschraum, den sie gerade noch rechtzeitig erreichte.
Franco ist tot. Der Gedanke kreiste unaufhörlich in ihrem Kopf. Sein herrlicher Körper lag zerschmettert auf einer Bahre im Krankenhaus, seine unbändige Lebenslust war mit einem Schlag brutal ausgelöscht.
„Nein, o nein!“, stöhnte sie und lehnte sich schwach gegen die kalte, gekachelte Wand.
„Ich bin unbesiegbar“, klang es in ihren Ohren.
Beinah war es, als hätte Franco es ihr hier und jetzt zugerufen. Aber natürlich war sie allein, allein mit ihrer Seelenqual.
Unbesiegbar! Sie lachte hysterisch. Niemand war unbesiegbar. Hatte er sich das nicht schon vorher selbst bewiesen?
Plötzlich wurde an die Kabinentür geklopft. „Lexi? Alles okay mit dir?“, fragte Suzy besorgt.
Lexi strich sich mit eiskalten Fingern den türkisblauen Rock glatt. Türkis wie das Meer vor Livorno … Franco hatte es gern gesehen, wenn sie türkisfarbene Kleidung trug. Es sei genau die Farbe ihrer Augen und mache sie noch verführerischer, hatte er behauptet.
„Lexi?“, rief Suzy alarmiert.
„Ja, ja. Es ist alles in Ordnung“, antwortete Lexi mühsam.
Das stimmte natürlich nicht. Nichts war in Ordnung mit ihr und würde es auch nie wieder sein. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hatte sie die Gedanken an Franco immer verbannt. Und jetzt war er tot. Es war zu spät, etwas wiedergutzumachen.
Wer sagt denn, dass er tot ist? fragte eine innere Stimme. Es könnte ja auch Marco sein …
Marco? Wäre das denn weniger schlimm?
Ja, antwortete die Stimme hinterhältig – und Lexi protestierte nicht.
Mühsam riss sie sich zusammen und trat aus der Kabine.
Draußen stand Suzy und sah beschämt aus. „Es tut mir leid“, begann sie kleinlaut. „Ich habe nicht überlegt, wie es auf dich …“
„Schon gut“, fiel Lexi ihr ins Wort.
Als ich Franco kennengelernt habe, war ich genauso jung, dachte sie. Jetzt fühlte sie sich mit dreiundzwanzig plötzlich uralt.
„Bruce hat gedroht, mich zu entlassen“, berichtete Suzy und stöhnte. „Er sagt, er braucht keine dummen Mitarbeiter in der Agentur, weil er schon genug hirnlose Klienten zu betreuen hat, vor allem die Möchtegernstars, die …“
Lexi hörte nicht länger zu, sondern blickte starr auf ihr Spiegelbild, während sie sich die Hände wusch, ohne es richtig zu merken.
„Deine Haare scheinen im Sonnenlicht Feuer zu fangen, so rotgolden sehen sie dann
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