Schicksal!
ist es, was sie eigentlich will. Einen starken, kraftvollen Mann, der seine Position verteidigt und die Kontrolle übernimmt. Jemanden, der all die Entscheidungen für sie trifft. Jemanden, der das exakte Gegenstück zu ihrem Vater bildet, der nach dem Tod ihrer Mutter jede Willenskraft verlor. Als ältestes Kind hatte sie sich daraufhin um die Familie kümmern müssen, bis ihre jüngeren Geschwister die Highschool abgeschlossen hatten.
Aber er ist nicht dieser Typ Mann. Er will, dass sie zufrieden ist; er will ihr die Dinge geben, die sie sich wünscht. Weil er nicht versteht, dass er damit das genaue Gegenteil bewirkt. Und deswegen sitzt er da und gibt klein bei und fügt sich ihren Forderungen und unterwirft sich jedem ihrer Wünsche. Weil er sie liebt und weil er sie glücklich sehen will, statt seinen Willen durchzusetzen. Statt die Sache in die Hand zu nehmen und seiner herrschsüchtigen Frau, die ihre problematische Vergangenheit mit in die Ehe geschleppt hat, einfach mal zu sagen, dass sie die Schnauze halten soll.
Das wäre es, wozu ich ihm raten würde. Genau jetzt. Er sollte ihr sagen, wo es langgeht. Ihr zeigen, wer die Hosen anhat.
Sei der Mann, den sie sich wünscht.
Verstört und frustriert – sowohl durch das nervige Paar als auch durch meine Begegnung mit
Bestimmung –
trete ich nun hinter die Couch und beuge mich vor. Ich lehne mich nahe genug an George Baer, dass ich seinen Schweiß und sein Rasierwasser riechen kann. Und dann schreie ich: »Sag ihr, dass sie endlich mal die Schnauze halten soll!«
»Hältst du vielleicht endlich mal die Schnauze?«, sagt er.
Seine Frau und ich starren ihn mit jeweils offenem Mund an.
»Was?«, fragt sie.
Was?,
denke ich.
»Wir kaufen dieses Apartment nicht«, erklärt er. »Das können wir uns nicht leisten. Und deshalb werden wir nach einer anderen Wohnung suchen, die vom Preis her angemessener ist.«
Ich weiß nicht, wer mehr überrascht ist: sie, der Ehemann oder ich. Doch kaum ist es ausgesprochen worden, sehe ich bereits, wie sich die Geschichte entwickelt. Eine Verschiebung der Realität. Eine neue Zukunft.
O nein. Ich fürchte, ich habe es wieder getan.
Nun werden sie sich nicht im nächsten Jahr scheiden lassen. Oder überhaupt jemals, wenn wir schon mal dabei sind. Stattdessen wird die Frau endlich ihrem heimlichen Wunsch nachgeben können: Jemand wird sich um sie kümmern, alle Entscheidungen werden für sie getroffen werden, und sie wird von der Last der alleinigen Verantwortung erlöst sein. Diese neue, dominant-devote Dynamik in ihrer Beziehung wird sie schließlich auf ihrer gemeinsamen Reise mitten in die bunte Welt des Sadomasochismus führen. Nächstes Jahr zur gleichen Zeit wird sie einen Ballknebel und einen ledernen Armbinder tragen, während sie mit Haltegurt und Arretierung an einen selbstgebauten Käfig gebunden ist.
Vielleicht ist das nicht ganz so nobel, wie einem Kloster beizutreten. Trotzdem ist es eine Verbesserung ihrer zugewiesenen Schicksale.
Obwohl Carla Baer unglücklich darüber ist, die Wohnung nicht bekommen zu haben, ist sie so schockiert von der plötzlichen Entschlusskraft und Autorität ihres Mannes, dass sie kaum in der Lage dazu ist, eine Erwiderung hervorzubringen. Als die beiden gehen, hat der Mann durch sein neues Führungsverhalten genug Selbstvertrauen gewonnen, um für den Abend einen Tisch in seinem Lieblingsrestaurant zu reservieren. Außerdem will er seiner Frau mitteilen, dass sie dieses Jahr ihren Urlaub in Mexiko verbringen werden.
Und dabei kommt in mir die Frage auf, ob ich die Lage durch mein Versehen verbessert oder doch eher verschlimmert habe.
Vielleicht lag es gar nicht an meinem Vorschlag, den ich seinem Unterbewusstsein zugebrüllt habe.
Vielleicht war es einfach nur Zufall.
Vielleicht hat er selbst es in die Hand genommen und ihr Schicksal ganz alleine geändert.
Na klar. Und vielleicht tritt
Bestimmung
einem Kloster bei.
18
I ch war nie ein großer Fan von Veränderungen. Routine gefällt mir; ich mag es, wie meine Möbel stehen und wie meine Kissen aufgeschlagen sind. Schließlich bin ich Stier. Aber hier geht es um etwas Bedeutenderes als die Frage, auf welcher Seite des Bettes ich gerne schlafe.
Schicksale von Menschen zu verändern ist nicht so einfach, wie seine Frisur oder Haarfarbe zu wechseln. Es kann zu ernstzunehmenden Rückkopplungen kommen: nicht nur bei demjenigen, in dessen Schicksal man eingegriffen hat, sondern auch bei denen, die mit diesem Menschen in
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