Schicksal!
Einzelheiten von mir preisgeben muss – darüber, was ich mache, wer ich bin.
Regel Nummer 3 : Gib niemals zu, dass du unsterblich bist.
Was in logischer Konsequenz bedeutet, dass ich lügen muss. Was mich, wie ich zunehmend feststellen muss, mehr stört, als ich je für möglich gehalten hätte.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, sage ich.
»Jeder macht mal Fehler«, entgegnet Sara. »Das gehört einfach zum Menschsein dazu.«
Beinahe muss ich loslachen, bis ich erkenne, dass sie es ernst meint.
Wenn du bei Pizza Hut einen Fehler machst, betrifft es das Essen einer Person. Wenn du bei Gap einen Fehler machst, betrifft es die Kleidung einer Person. Wenn du bei Charles Schwab einen Fehler machst, betrifft es die finanzielle Sicherheit einer Person. Aber wenn du in meinem Job einen Fehler machst, musst du dir Gedanken darüber machen, welche Auswirkungen das auf das Schicksal der gesamten Menschheit haben könnte.
Um es auf die Spitze zu treiben: In gewisser Hinsicht sind Menschen wie Pizzen, lässig sitzende Jeans und Pensionsrücklagen: Einige von ihnen sind bedeutsamer als andere. Aber um fair zu bleiben: Es gibt viel mehr Pizzen als Versorgungskonten in der Welt. Das bedeutet trotzdem nicht, dass eine Pizza keinen Einfluss auf die finanzielle Zukunft einer Person haben kann.
Im Fernsehen isst Anthony Bourdain Pizza.
»Also, was hast du gemacht?«, beharrt Sara.
»Ich habe jemandem eine falsche Information gegeben.«
Sara hält mich für einen Börsenmakler, der im internationalen Geschäft tätig ist. Was nicht komplett falsch ist. Schließlich makele ich mit dem Bestand der menschlichen Wesen und handle mit den Angelegenheiten des Schicksals.
»Was für eine Art von Falschinformation?«, fragt sie.
»Die Art, die mich in Schwierigkeiten bringen kann«, sage ich.
Um es auf den Punkt zu bringen: Sara ist unendlich geduldig.
»Okay«, gibt sie zurück und legt das Popcorn zur Seite. »Dieser Fehler, den du da gemacht hast. Wird er jemanden umbringen?«
»Nein.«
»Wird er das Ende der Welt einläuten?«
Darüber muss ich kurz nachdenken. Dann schüttele ich den Kopf. »Ich glaube nicht.«
»Wird man dich deswegen feuern?«
Bei all den Sachen, mit denen Jerry sich beschäftigen muss, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ihm die künstlich korrigierten Schicksale dreier konsequenzloser Pizzen nicht auffallen. Immerhin ist es ja nicht so, als ob diese Menschen etwas Denkwürdiges, Erinnerungswürdiges oder Bahnbrechendes getan hätten. Weder haben sie die Geschichte der westlichen Philosophie begründet, noch haben sie sich geweigert, ihren Sitzplatz im Bus abzutreten, noch haben sie ’ 59 die Baseballmeisterschaften gewonnen. Sie haben bloß Entscheidungen getroffen, die Tausende von Menschen täglich treffen.
»Höchstwahrscheinlich nicht«, antworte ich.
»Dann vergiss es«, meint Sara und rollt sich neben mir zusammen. »Was für ein Fehler es auch gewesen sein mag – vermutlich ist es gar keine so große Sache, wie du jetzt vielleicht denkst. Und selbst wenn es doch zu einem Problem wird: Du hast alles, was du brauchst, um es wieder in Ordnung zu bringen – in dir.«
Sara legt ihr Bein über meinen Oberschenkel, ihre Hand ruht auf meiner Brust, und sie lehnt den Kopf an meine Schulter. Ich rieche ihr Haar, nehme den Duft ihres Shampoos wahr. Ich höre das sanfte Ausströmen ihres Atems. Ich spüre ihren Puls durch meinen Menschenanzug. Und plötzlich fühle ich mich insgesamt so viel besser.
Das ist eine merkwürdige Erfahrung, dieses Gefühl von Zuneigung, das so vertraut erscheint, diese tiefe Verbundenheit ohne Sex. Dass es jemanden gibt, der sich Gedanken um mich und meine Angelegenheiten macht. Der mich aufmuntert, ermutigt, tröstet. Das warme Kribbeln, das mich stets durchläuft, wenn ich an Sara denke, greift plötzlich wie ein Fieber um sich. In mir breitet sich eine Freude aus, wie ich sie nie zuvor verspürt habe.
Und so mache ich einmal mehr etwas, das ich noch nie getan habe. Ich drücke Sara an mich, küsse sie auf den Scheitel, genieße das Gefühl, sie einfach zu halten, ohne mehr zu wollen. Als sie mich anschaut, küsse ich sie auf beide Augenlider und auf die Stirn und lächele sie an. Sie lächelt zurück und kuschelt sich dann enger an mich, während ihr Blick zurück zu dem Geschehen auf dem Bildschirm wandert.
Und mit einem Mal fühlt sich alles richtig an. Perfekt. Einfach so.
Zu Beginn, als ich erkannt habe, dass ich in das Schicksal mehrerer Menschen
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