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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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zu schätzen wissen, was ich ihnen geben kann.«
    »Okay«, erwidere ich. »Und wenn man dann bereit für die Liebe ist: Wie erkennt man, dass
du
es bist und nicht
Vernarrtheit
oder
Verlangen?
«
    Liebe
lächelt und schaut hinab in ihren Drink. »Man weiß es einfach.«
    Das hat Jerry in seinem Allwissenheits-Unterricht auch die ganze Zeit gesagt. Hat mich jedes Mal fast wahnsinnig gemacht. Den Kurs habe ich so richtig gehasst. Habe am Ende eine Drei minus bekommen – und das auch nur, weil er die Noten auf einer Glockenkurve vergeben hat.
    »Also, warum das plötzliche Interesse an der Liebe, Sergio?«, erkundigt sie sich.
    »Reine Neugierde«, sage ich und gebe mich möglichst gelangweilt.
    »Reine Neugier, was? Nun, wenn du mich fragst: Es gibt einen Grund dafür, dass ihr euch gefunden habt.«
    »Wen gefunden?«, frage ich.
    »In wen auch immer du dich verliebt haben magst.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, gebe ich zurück.
    »Komm schon, Sergio. Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung bin ich nicht blind.«
    »Shakespeare hat das gesagt, oder?«, versuche ich, das Thema zu wechseln. »Ich glaube, es war in
Der Kaufmann von Venedig.
«
    »Sieh mal«, beharrt sie. »Es geht mich ja nichts an, aber wenn du meinen Rat hören willst: Lauf nicht rum und erzähl es den anderen. Wenn Jerry davon Wind bekommt, ist die Sache Geschichte, und ich möchte nicht, dass das passiert. Weil ich das Gefühl habe, dass sie, wer sie auch sein mag, etwas Besonderes ist.«
    »Danke«, sage ich.
    »Und mach dir keine Sorgen«, fügt
Liebe
mit einem Zwinkern hinzu. »Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
    Wir verbringen den Rest ihres zweiten Scotch auf Eis damit, über
Romanze, Zuneigung
und die guten alten Zeiten zu reden. Als ein fünfundfünfzigjähriger Mann mit voll ausgebrochener Alzheimerkrankheit auf
Liebe
zukommt und um ihre Hand anhält, verlasse ich die Bar.

17
    I ch stalke Sara ein paar Tage später, während sie einem Ehepaar, das sich in den nächsten sechzehn Jahren dreimal trennen und sich dreimal wieder das Jawort geben wird, eine Eigentumswohnung mit drei Schlafzimmern in Harlem zeigt. Dabei erfahre ich, dass Nicolas Jansen – der feine junge Herr, den ich dazu angestachelt habe, mich in einer Gasse in Amsterdam niederzustechen – in ein Kloster eingetreten ist.
    Ups.
    Das war ganz sicher nicht als Option für seine Zukunft vorgesehen gewesen, als ich ihn in dieser Gasse traf. Er hatte von der Drogenklinik ins Gefängnis und wieder zurück wechseln sollen. Vielleicht sogar eine Zeitlang Essensreste aus Mülltonnen klauben. Ekzeme bekommen. Kopfläuse ausbrüten.
    Nachdem er mich niedergestochen und seiner Ansicht nach getötet hatte, fühlte er sich deswegen so schuldig und fürchtete sich so sehr davor, erwischt zu werden und im Gefängnis zu landen, dass er ausnüchterte und auf die Polizei wartete. Er rechnete fest damit, dass sie kommen würden, um ihn abzuholen. Doch als immer mehr Zeit verging und niemand kam, um ihn einzubuchten, und auch keine Meldung über den Mord in den Medien kam, interpretierte Nicolas das als ein Zeichen von Jerry. Er meinte, dass ihm eine zweite Chance für ein neues Leben geschenkt worden war. Und deshalb beschloss er, dem orthodoxen Kloster von Saint-Nicolas in den Bergen von Südfrankreich beizutreten.
    Sein Schicksal änderte sich höchstwahrscheinlich in dem Moment, in dem er mich niederstach. Ich war jedoch zu sehr damit beschäftigt, meinen Menschenanzug reparieren zu lassen und mich in Sara zu verlieben, und habe deshalb nicht bemerkt, was mit Nicolas Jansen passiert ist.
    Vermutlich hätte ich den Jungen nicht aus den Augen lassen dürfen, um mitzubekommen, wie sich die Dinge für ihn entwickeln. Aber ich hatte mich damit abgefunden, dass er mehr Zeit im Gefängnis als in der Reha verbringen würde. Und außerdem bin ich mir eben nicht ständig all der Dinge bewusst, die jeder einzelne meiner Menschen vollbringt. Ich glaube, das ist einer der Punkte, die Jerry meinte, als er mir sagte, ich solle meinen Job besser machen. Dummerweise kann ich es einfach nicht mehr ertragen, dieselbe alte Leier immer und immer und immer wieder zu hören, weshalb ich dazu neige, irgendwann einfach auszublenden. Ungefähr so, wie ich es bei
Überflüssigkeit
zu tun pflege.
    Heute dann habe ich mich einmal kurz umgeschaut und entdeckt, dass mein Möchtegern-Mörder sein Schicksal verbessert hat. Oder besser gesagt:
ich
sein Schicksal verbessert habe.
    Regel Nummer  2 :

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